Die einleitenden Worte der diewöchigen Sidra (Numeri 16, 1): „Und Korach nahm“ werden im aramäischen Targum Onkelos übersetzt mit: „Und Korach trennte.“ In seinem Werke „Noam Elimelech“ vergleicht R. Elimelech von Liszensk Korachs Streit mit dem Firmament, welches G-tt am zweiten Schöpfungstage schuf, um zwischen den oberen uns unteren Wassern eine Trennung herzustellen.
Die Priester unterschieden sich von allen anderen Israeliten dadurch, dass sie den weltlichen Dingen entrückt waren und völlig in ihren geheiligten Aufgaben aufgingen. In noch ganz besonderem Masse galt dies für den Hohepriester (gegen den Korach sich mit seinen Anschuldigungen in erster Linie wandte); was diesen betrifft, so heißt es ausdrücklich (Levitikus 21, 12): „Er soll sich nicht aus dem Heiligtum entfernen.“
Dennoch war er um das Geschick des Volkes stets besorgt; und so erstreckte sein Einfluss sich über sie alle, war er doch immer darauf bedacht, sie alle zu sich heranzuziehen und auf sein hohes Niveau von Heiligkeit zu bringen. Dieses Bestreben war versinnbildlicht im Zünden des siebenarmigen Leuchters durch den Hohepriester. Aarons Persönlichkeit war durch seine große, grenzenlose Liebe geprägt – und so zog er das Volk an sich zu eben diesem Dienste heran.
Korach freilich erkannte dies überhaupt nicht. Im Gegenteil, er sah lediglich die sich zeigende Trennung zwischen Volk und Priesterstand. Dementsprechend hielt er auch an der Ansicht fest, dass dem Volke – als „Kehrseite“ zu den Priestern mit deren spezifischen Aufgaben – eine eigene, getrennte Rolle zukam, und dass diese darin bestand, G-ttes Willen in der praktischen Welt auszuführen. (Selbstredend ist dies der ganze Zweck der Tora). Nachdem diese beiden Teile also in dieser Hinsicht als zwei gesonderte Einheiten anzusehen waren, stand dem Volke zumindest so viel Ehre und Achtung zu wie den Priestern.
Für sich selbst beanspruchte Korach das Priesteramt, als ein Amt jedoch, das von den praktischen Belangen des Volkes absolut isoliert war. So ist sein Vorwurf zu verstehen (Numeri 16, 3): „Warum erhöht ihr euch über die Gemeinde G-ttes?“ Wie er die Dinge beurteilte, hatten beide Gruppen, vollständig voneinander getrennt, jede ihren eigenen Rang. Und so war Korach in der Tat wie das Firmament: Er hatte sich zum Ziel gesetzt, das Volk zu spalten – wie die Wasser gespalten worden waren – und damit jede Verbindung zwischen dem Heiligtum und der alltäglichen Welt zu lösen.
Am zweiten Schöpfungstage sagte G-tt nicht: „Und es war gut.“ Unsere Weisen erklären (Bereschit Rabba 4,6; vgl. auch Sohar I 46a), dass dies ausgelassen wurde, weil am zweiten Tage die „Trennung“ (eben das Firmament) geschaffen worden war. Erst am dritten Tage wurde es wieder gesagt und sogar wiederholt, einmal für das am dritten Tage Geschaffene und zum zweiten für das Firmament (Midrasch, a.a.O.; Raschi zu Genesis 1, 7), das nun geläutert und dessen Trennung geheilt wurde (Or Hatora, Genesis 34a; Sohar, a.a.O.). Dies lehrt uns, dass im G-ttlichen Plan eine Unterscheidung zwischen den Dingen des Himmels und denen der Erde zwar besteht, dass aber Endzweck und Vollendung in ihrer Wiedervereinigung liegen.
Dasselbe gilt für die Kinder Israel. Zwar geht ein Teil von ihnen (die Priester) völlig im geheiligten Dienste auf und „entfernt sich nicht aus dem Heiligtum“, während ein anderer Teil im praktischen Alltag verwurzelt ist, wie es heißt (Sprüche Salomons 3, 6): „Kenne Ihn in all deinen Wegen.“ Dennoch soll der eine Teil vom anderen nicht isoliert sein, sondern der geheiligte Teil muss den anderen G-tt näherbringen, wie Aaron es tat. Der „Mann der Welt“ seinerseits, der Geschäftsmann, strebt immer dann dem Heiligtum näher, wenn er für sich regelmäßige Zeiten für das Tora-Lernen bestimmt Dann ist auch dieser, zu all jenen Zeiten, wie einer, der sich nicht vom Heiligtum entfernt!
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