Mit der dieswöchigen Sidra Bamidbar beginnt das vierte Buch der Tora, das die allgemeine Überschrift trägt: „Die Zahlen“. Die Vorlesung dieses Wochenabschnittes erfolgt jedes Mal gerade vor dem Feiertag, der an die Verkündigung der Tora erinnert, nämlich Schawuot. Die Bezeichnung „Die Zahlen“ erklärt sich aus dem Inhalt der ersten Sidra dieses vierten Buches; denn sie enthält den G-ttlichen Befehl, die Juden zu zählen.

Es gehört zum Begriff des Zählens, dass Charakter oder Wesen der gezählten Einzelperson für die erreichte Gesamtzahl ganz unwesentlich sind. Daher wurde auch bei der damaligen Volkszählung der Israeliten der größte unter ihnen als nicht mehr als eine „Einheit“ eingestuft, während der einfachste und unwichtigste unter ihnen wiederum als nicht weniger als eine „Einheit“ galt.

Bezüglich geistiger Fähigkeiten, Gemütsanlagen und persönlicher Eigenschaften jeglicher Art gibt es gewaltige individuelle Unterschiede; kein Jude gleicht einem anderen. In der Zusammensetzung unseres Volkes erstrecken sich die Typen von dem des Geistesriesen, des äußerst gebildeten Menschen, auf der einen Seite bis zu den einfachsten und gröbsten Individuen auf der anderen. Und doch existiert in jedem Juden etwas, das grundsätzlich für alle gleich ist, und das ist die G-ttliche Seele (Neschama), unser wahrstes Wesen. Ein treffendes Beispiel für diese grundsätzliche „Gleichwertigkeit des Judeseins“ bietet das tägliche religiöse Leben. Wir wissen alle, dass zur Ausübung des G-ttesdienstes eine Mindestzahl – „Minjan“ – von zehn erwachsenen männlichen Personen erforderlich ist. Wenn davon auch nur einer fehlt, und wäre dies bloß ein schlichter Junge von gerade 13 Jahren, dann kann der G-ttesdienst nicht stattfinden, selbst wenn die anderen neun alle große Rabbiner und bedeutende Gelehrte sind!

Ähnlich war es zu dem Zeitpunkt, als die Tora gegeben wurde, dessen wir am Schawuot gedenken: Hätte auch nur einer von den 600.000 Juden gefehlt, dann wäre die Tora nicht verkündet worden, auch nicht für den größten Juden.

Alljährlich, wenn wir uns anschicken, das Fest der Verkündung der Tora zu begehen, muss jeder Jude von neuem dabei sein und sich zählen lassen, denn jeder Jude ist eine vollkommene „Einheit“. Jedem ist ein G-ttlicher Anteil an der Tora gegeben, denn jede jüdische Seele ist mit der Tora wahrhaft verbunden.

Es gibt Leute, die ihre Schultern zucken und behaupten: „Jüdischkeit brauche ich nicht“. Sie meinen damit: „Ich gehöre dieser ‚Partei’ nicht an.“ Da bekundet das, was wir oben ausgeführt haben, dass sie aufgrund des ihnen innewohnenden G-ttlichen Geistes, der Neschama, einen unvermeidlichen Anteil an der Tora haben, ob sie es wollen oder nicht. Wie lässig man auch immer in der Ausübung der religiösen Vorschriften ist, man hat doch eine Neschama; folglich bleibt man weiterhin ein vollwertiger Jude und nicht weniger als eine „Einheit“.