Das hebräisch-jiddische Adjektiv „mefunak“ beschreibt einen Menschen, der zu empfindlich oder pedantisch ist. Ich hatte einen Freund, der Handschuhe anzog, wenn er Abfall zur Mülltonne trug, und er hat bestimmt nie Windeln gewechselt, obwohl er inzwischen Vater von zwei Kindern ist. Ein typischer Mefunak!
In den letzten paar Wochen haben wir über den Tempeldienst gesprochen. Im Gegensatz zum heutigen G-ttesdienst in der Synagoge, der hauptsächlich aus stillen Gebeten und gelegentlichem gemeinsamem Sprechgesang besteht, wobei man der Fitness zuliebe ein paar mal aufsteht und sich wieder hinsetzt, waren die Tempelriten viel aufregender. Tieropfer, Räucherwerk, bunte Kleider, rituelle Musik und Chöre gehörten zum täglichen Spektakel.
Wenn die Opfer auf dem Altar verbrannt waren, sammelte man die Asche, und der Kohen brachte sie zur Abfalldeponie: „Und er soll die Kleider ausziehen (die er beim Tempeldienst getragen hat) und andere Kleider anziehen und die Asche außerhalb des Lagers entfernen.“ (Lev. 6:4)
Wie peinlich für meinen Freund! Warum sollten wir die Handschuhe wechseln, wenn der Priester seine gesamte Kleidung wechseln musste?
Restaurantregeln
Waren Sie schon einmal in einer Großküche? Die beherrschte Panik und das Chaos haben keinerlei Ähnlichkeit mit dem tadellosen Ambiente des Restaurants. Auch die schmuddelige Arbeitskleidung der Küchenhelfer und Geschirrspüler kann sich nicht mit der formellen Kleidung der Kellner messen. Das ergibt Sinn, denn die Kellner bedienen ja die Kunden, während die anderen zwar wichtig sind, aber nur das Geschirr für morgen vorbereiten.
Der Kohen zog sich nicht nur um, weil er fürchtete, seine Kleider zu beschmutzen. Seine tadellose Kleidung beim Tempeldienst war vielmehr Ausdruck seiner Ehrfurcht vor G-tt. Wenn er die Asche entfernte, was ebenfalls wichtig war, legte er seine formelle Kleidung ab und schlüpfte in einfache Arbeitskleidung.
Eine Sache des Respekts
Doch während ein Oberkellner und ein Küchenjunge ganz verschiedene Funktionen haben, übernahm der Kohen im Haus G–ttes beide Rollen.
Im Judentum gibt es keine Trennung zwischen der „Oberschicht“ und „einfachen, ehrbaren Leuten“. Wir kennen kein Kastensystem, in dem einige Akademiker sind, während andere die unterbewerteten, weniger angenehmen Arbeiten verrichten. Der Priester, der opferte, übernahm wenig später die profane Aufgabe eines Arbeiters.
Wir alle genießen den Seder, den glamourösen Aspekt des Judentums. Wir tragen feine Kleider und feiern gemeinsam. Weniger angenehm, aber ebenso wichtig ist die Vorbereitung des Hauses auf Pessach. Während wir schrubben und scheuern, dürfen wir nicht vergessen, dass wir dem G–tt, der uns gebot, den Seder abzuhalten, auch mit diesen einfachen Arbeiten dienen.
Wenn wir für G-tt arbeiten, müssen wir „die Kleider wechseln“. Gehen Sie mit fröhlichem Gesicht hinaus in die Öffentlichkeit, und zeigen Sie, dass das Judentum, das Sie lieben und leben, vernünftig und keineswegs unbequem ist. Wickeln Sie sich nicht in einen Kokon der Formalität, sondern seien Sie ein entspannter Zeuge dafür, dass jede Aufgabe, die G-tt uns stellt, zugleich ein Privileg und eine Freude ist.
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