1. Über den Schriftvers „Wie dies werden sie geben…“ sagt der Talmud Jeruschalmi „Rabbi Meir sagte, wie eine Münze von Feuer nahm der Heilige, gelobt sei er, unter dem Thron seiner Ehre hervor und zeigte sie ihm, und sagte zu ihm – das werden sie geben, wie dies werden sie geben“. Da Mosche sich mit der Bedeutung des halben Schekels schwer tat, zeigte ihn der Heilige, gelobt sei er, die Münze usw.

Die Tossafot (Anm. d. Übers.: Kommentatoren) in Traktat Chulin erklären, dass Mosche nicht etwa mit der Absicht vom halben Schekel Schwierigkeiten hatte, dass er sich aber fragte, wie man damit seine Seele auslösen kann, da doch nur Gleiches mit Gleichem ausgelöst wird. Wie viel man auch für seine Seele geben mag, so kann dies doch niemals den Wert der eigenen Seele auch nur nahe kommen.

Demzufolge bedarf es einer Klärung, wie G“tt unserem Meister Mosche eine Münze auf Feuer zeigte, die er unter dem Thron seiner Ehre hervorholte und so diese Frage beantwortete.

2. Um dies zu verstehen, muss man zuerst erklären, was die Münze aus Feuer unter dem Thron der Herrlichkeit bedeutete, in der es drei Teile gibt: 1) die Münze, 2) das Feuer und 3) der Thron der Herrlichkeit:

Zur Münze: die Gemara sagt, dass eine Münze „nach außen scharf“ ist. Dies ist der Unterschied zwischen einer Münze und dem Geldwert eines materiellen Gutes. Den Geldwert schätzen nicht alle gleich, einer will den Gegenstand mehr und misst ihm deshalb mehr Wert bei. Ein Zweiter will den Gegenstand weniger, deshalb ist er ihm weniger wert. Ein Dritter will ihn überhaupt nicht, eine Münze aber hat einen bestimmten Wert, und der ist bei jedem gleich.

Zum Feuer: der Unterschied zwischen Feuer und den anderen Elementen ist, dass die anderen Elemente nach unten sinken, und auch der Wind, welcher nicht nach untern sinkt, bleibt aber auf jedem Fall an dem Ort, an dem er sich befindet, und dieser Ort ist doch hier unten – „und der Wind G“ttes schwebt auf der Fläche des Wassers“, und an diesem Ort bleibt er. Das Feuer aber, steigt seiner Natur entsprechend nach oben, so dass man alle möglichen Listen suchen muss, um das Feuer herunterzubringen und hier unten zu halten, damit es hier leuchtet.

Zum Thron der Ehre: Im Thron der Ehre selbst gibt es zwei Aspekte, erstens der Thron und zweitens die Ehre. Der Thron ist mit der Abdeckung verwandt (Annm. D. Übers: Thron – hebr. Kißeh, Abdeckung – hebr. Kißui), wie es in Büchern steht. Ehre bedeutet hier, dass der Thron die Ehre mehrt, gleich eines Königs aus Fleisch und Blut, der dadurch, dass er auf dem Thron seiner Ehre sitzt, selber mehr Ehre erfährt.

Es scheint zunächst, dass diese beiden Deutungen einander widersprechen, da doch Ehre gerade durch Offenbarung entsteht. Wenn die Größe des Königs offenbart wird, werden alle von Furcht befallen und alle zollen ihn Ehrerbietung. Anders, wenn er verborgen und verhüllt ist, denn dann bewirkt er keine Ehrerbietung. Was also bedeutet die Zusammenfügung von Thron und Ehre, welche doch gegensätzlich erscheinen?

So sagt auch der Maggid: wenn die Macht und Helligkeit von oben scheinen würden, könnten dies die Geschöpfe nicht aushalten. Deshalb bedarf es einer Abdeckung, welche die Helligkeit verdeckt und versteckt. Dieses Verbergen und Verstecken ist aber nicht vollständig, sondern nimmt dem Licht nur jene Kraft, welcher über das hinaus geht, was die Geschöpfe empfangen können. Und dadurch offenbart sich jenes Licht, welches in einem Verhältnis zu den Geschöpfen steht. Diese Offenbarung wiederum bewirkt, dass sie G“tt ehren sollen.

Und dies ist auch die einfache Wirkung eines Thrones oder Stuhles. Auf einem Stuhl sitzt man, und man muss sich erniedrigen, um sich zu setzen – wenn man steht, ist man bekanntlich höher. Dies ist die Bedeutung des Throns der Ehre – dass sich G“tt zurücknimmt und sich zu Seinen Geschöpfen herablässt.

Dies zeigen auch die Buchstaben des Wortes „Kiße“ – dem Thron der Ehre: Keß-Alef. Das Alef steht für das unendliche Licht, es sei gelobt, dem Anführer der Welt (Anm. d. Übers: Anführer hebr. Aluf), welches sich durch den Thron bedeckt um sich so den Geschöpfen zu offenbaren.

Dies ist die Bedeutung des Thrones der Ehre – die Verbindung zwischen G“tt und den Geschöpfen, der Ursprung der Offenbarung des unendlichen Lichtes, es sei gelobt, in den Geschöpfen (wie bekannt, befindet sich der Thron der Ehre in der Welt der Schöpfung).

3. Die Offenbarung des Thrones der Ehre ruft bei den Geschöpfen zwei verschiedene Impulse hervor: das Streben nach oben – Razo – und dem Drang zur Umkehr nach unten – Schow.

Zum Razo: sobald die Geschöpfe den Reichtum der G“ttlichkeit vernehmen, welche ihnen innerhalb ihrer Strukturen unfassbar ist – weder im Intellekt, noch im Fühlen des Herzens – so ruft dies bei ihnen ein Streben und Vergehen hervor, da sie aus ihren Strukturen und Begrenzungen herausgehen wollen, um sich mit der G“ttlichkeit zu vereinigen. Nun gibt es Stufen, die höher sind als der Thron der Ehre, aber sie führen nicht dazu, dass die Seele vor Sehnsucht vergehen will, da sie zur Seele in keinerlei Beziehung stehen. Daher rufen sie nicht einmal Verwunderung hervor. Die Stufe des Throns der Ehre hingegen wird zumindest ein Hinhören und Wundern hervorrufen.

Wie bereits erwähnt, so gilt: Wille und Absicht G“ttes sind „dass der Heilige, gelobt sei er, eine Wohnung in den Tiefen begehrte“. Dafür hat er sich durch den Thron der Ehre verdeckt, um so zu den Geschöpfen herabzukommen. Dies ruft einen Drang nach Umkehr hervor, da man in Selbstaufgabe verharren, und hier unten Tora und Mizwot erfüllen will.

4. Die beiden Impulse von Razo – dem Streben nach oben – und Schow – dem Drang zur Umkehr – finden sich eben so in den beiden Aspekten der Münze aus Feuer.

Razo, das ist der Aspekt des Feuers, welches nach oben strebt und dort vergeht. Schow, das ist der Aspekt der Münze, welche nach außen scharf ist. Sie wird von allen akzeptiert und ist allen das Gleiche wert.

Die Unterscheidung zwischen Razo und Schow ist der folgende: Razo stammt aus dem Gefühl des Geschöpfes. Es spürt das Wunder der G“ttlichkeit und begreift, dass sie ganz anders and vollkommen jenseits seiner Kräfte ist. Dies führt dazu, dass die Seele vor Sehnsucht vergehen will. Von selbst bestehen in diesem Verlangen verschiedene Abstufungen, da das Streben nach Aufgabe des Selbst davon abhängt, inwieweit man befähigt ist die Erhabenheit G“ttes gegenüber des eigenen Willens, Denkens und Fühlens zu verstehen und zu empfinden.

Dies ist beim G“ttesdienst des Schow ganz anders. Es geht hier nicht um das Abschätzen der Entfernung und Erhabenheit G“ttes von den eigenen Begrenzungen, sondern um das Aufsichnehmen der Herrschaft G“tts, also darum, den Willen G“ttes auszuführen, welcher für jedermann gleich ist.

Ein weiterer Hinweis darauf, dass die Münze – hebräisch „Matbea“ – auf das Schow hinweist, ergibt sich daraus, dass „Matbea“ vom Wort „Tewa“ (d. über. Natur) stammt.

Beide Deutungen von „Matbea“ sind miteinander verknüpft. Weil eine Münze nach außen scharf ist und einen bestimmten Wert hat, ist sie nicht vom Gefühl jedes einzelnen Menschen abhängig, der sie nutzt, sondern von ihrer Natur, d.h. ihrer Zusammensetzung usw. Deshalb hat sie für eine Vielzahl von Menschen, die sich in allem Anderen unterscheiden, denselben Wert. Und dies ist die Bedeutung und des Tragens des himmlischen Joches – das Angleichen jedes Einzelnen, welche aus der Erkenntnis stammt, dass G“tt im übertragenen Sinne eine Wohnung in den Tiefen dieser Welt begehrt, also in der Materie und in den Hüllen der Natur.

5. Die Absicht ist, dass es eine Münze aus Feuer sein soll, also eine Verbindung beider Aspekte. Es liegt in der Natur der Menschen, dass man in jene Dinge, die man aufgrund des Gefühls tut, mehr Lebenskraft und Begeisterung investiert (was ein weiterer Hinweis darauf ist, warum Razo mit Feuer gleichgesetzt wird). Wenn man jedoch etwas nur auf sich nimmt, so wird man keinen Enthusiasmus und keine Lebenskraft dafür aufbringen. Die Münze soll aber aus Feuer sein und beide Aspekte zusammen enthalten, also das Aufsichnehmen des himmlischen Joches mit Begeisterung und Enthusiasmus. Es gilt, sich nicht für jene Dinge zu begeistern, die man will, sondern für jene, die man tut, weil man die Herrschaft des Himmels auf sich nimmt.

6. Wie aber kann man erreichen, dass beide Gegensätze zusammenfallen? Es liegt nun aber nicht in der Macht eines Geschöpfes, dies zu tun, es kann nur mit Hilfe der Offenbarung von G“ttlichkeit in den Geschöpfen bewerkstelligt werden, denn diese kann die Gegensätze in sich vereinen.

Und dies ist die Bedeutung einer Münze von Feuer unter dem Thron der Ehre: Wo findet sich die Münze aus Feuer? Unter dem Thron der Ehre, dem Ursprung der oben erwähnten g“ttlichen Offenbarung in den Geschöpfen.

Im Besonderen bei den Seelen Israels bezeichnet der Thron der Ehre den Kern der Seele, welcher unter dem Thron der Ehre heraus gebrochen wird und in der sich der kleinste der Funken des Schöpfers befindet. Es ist eben dieser Funke, der die Seele zum Dienst einer Münze aus Feuer befähigt.

7. Demzufolge kann man bereits verstehen, wie dadurch, dass der Heilige, gelobt sei er, eine Münze aus Feuer unter dem Thron seiner Ehre hervorholte, die Frage unseres Meisters Mosche beantwortet wurde, wie diese Münze die Seele auslösen könne.

Denn der Schaden, welcher durch alle Verfehlungen und Sünden verursacht wird, kann doch nur die Offenbarungen betreffen; der Wesenskern der Seele bleibt immer unversehrt und befand sich selbst zum Zeitpunkt der Sünde in der Obhut G“ttes. Der Dienst im Sinne der Münze aus Feuer jedoch, also der Verbindung vom Streben nach oben – dem Razo – und dem Drang nach Umkehr – dem Schow, welche doch unter dem Thron der Ehre – dem Kern der Seele – ihren Ursprung hat, wirkt auch in den offenbarten Dingen und bewirkt eine Reinigung – im hebräischen „Kapara“ im Sinne von „Kinuach“. Dies entfernt nicht nur alle Beschädigungen, sondern führt selbst dazu, dass man selbst wieder so gewollt ist, wie vor der Sünde.

8. Durch die oben ausgeführte Erklärung der Bedeutung des halben Schekels. Werden verschiedene Einzelheiten der Gesetze, die im Zusammenhang mit dem halben Schekel galten, verständlich:

a) Das Gesetz des halben Schekels ist dass „der Reiche nicht mehr, und der Arme nicht weniger gibt“. Oberflächlich betrachtet scheint dies schwer verständlich. Warum sollte denn der Reiche nicht mehr geben? Dies gilt umso stärker, da man vom halben Schekel öffentliche Opfer gekauft hat und obwohl bekannt ist, dass ein Reicher, der das Opfer eines Armen bringt, damit nicht seiner Pflicht genüge tut. Warum also sollte hier der Reiche nicht mehr geben, als der Arme?

Gemäß dem oben Gesagten ist dies jedoch verständlich. Der Unterschied zwischen Reichen und Armen bezieht sich auf die offenbaren Kräfte, jenseits dieser Offenbarungen jedoch – und noch viel mehr, wenn es sich um den Wesenskern selbst handelt – gilt dass „sie alle zueinander passen…“. Wenn es sich also der Dienst auf den Wesenskern bezieht, sind alle gleich.

b) der halbe Schekel musste als Münze entrichtet werden, nicht als materielles Gut mit diesem Gegenwert, da es beim Dienst mit dem Wesenskern der Seele keinerlei Unterscheidung geben darf. Deshalb muss es eine Münze sein, die „nach außen scharf“ und bei jedermann gleich ist.

c) vom halben Schekel hat man öffentliche Opfer gekauft, nicht jedoch persönliche Opfer, da es bei den persönlichen Opfern eine Unterscheidung gibt, und der Reiche nicht mit dem Opfer eines Armen seiner Pflicht genügt. Die öffentlichen Opfer wiederum drücken die Vereinigung und Allgemeinheit Israels aus, dass also alle Juden zusammen eine vollkommene Einheit bilden.

d) Aus dem halben Schekel hat man die Schwellen des Heiligtums angefertigt, nicht aber die Stoffbahnen und die Balken erworben. Stoffbahnen und Balken von jedem „Menschen, je nach der Neigung seines Herzens“ gespendet, weil Stoffbahnen und Balken zu den offensichtlichen Kräften gehören, welche sich in Abstufungen unterteilen. Nicht so bei den Schwellen des Heiligtums, welche sein Fundament bilden und den Aspekt der Aufsichnahme des himmlischen Joches verkörpern.

9. Nach der Zerstörung des Tempels wurde der halbe Schekel auf die Zedaka (Anm. d. Übers: Abgabe an Bedürftige) übertragen. Wir wissen, dass man Zedaka morgens vor dem Beten gibt, so wie unsere Meister seligen Andenkens sagen „gib dem Armen eine kleine Münze und wende dich dem Gebet zu.

Die Verbindung zwischen Gebet und Zedaka ist:
a) das Gebet wurde als Entsprechung zu den ewigen Opfern eingerichtet, und die ewigen Opfer sind öffentliche Opfer.
b) das Gebet ist die Grundlage für den G“ttesdienst des ganzen Tages (deshalb bildet es auch seinen Anfang), und es nimmt den ganzen Menschen bis zur Erschöpfung seiner Seele in Anspruch, wie es im Sifri steht. Daher versteht sich von selbst die Verbindung mit der Zedaka, welche die ganze tierische Seele in den Dienst des Gebetes stellt.

10. So wie der halbe Schekel die Verbindung zwischen der Münze und dem Feuer bezeichnet, so auch die Zedaka. Zedaka bedeutet, dass man sein Geld den Armen gibt. Das Erwirtschaften des Geldes wird mit Feuer verglichen, da man dafür sehr große Mühe verwendet und auf jedem Fall mit dem Geld die Bedürfnisse seines Lebensunterhalts bestreiten könnte. Deshalb bringt man auch für sein Geld so große Begeisterung und Lebenskraft auf.

Und dies gibt man einem Armen, mit dem man nichts gemeinsam hat, d.h. man gibt es, ohne Sinn und Grund, nur aus Aufsichnahme des himmlischen Joches (denn wen es einen Grund gibt, warum man dem Armen spendet, dann ist es keine reine Zedaka mehr, und der Empfänger ist nicht mehr ein Armer, mit dem man nichts gemein hat, sondern es gibt ein Interesse, aus dem heraus man spendet).

Dies ist ein Dienst im Sinne der Münze aus Feuer: man nimmt sein „Feuer“, seine Lebenskraft, und macht daraus eine Münze – die Aufsichnahme des himmlischen Joches.

Doch damit nicht genug, denn das Tragen des Joches geschieht mit Lebenskraft und Gefühl, da man doch dem Empfänger Gutes erweisen will – und das nicht aus einem persönlichen Interesse heraus, sondern aus der Bereitschaft das Joch des Himmels zu tragen.

Und dies sind die beiden Gründe, warum Zedaka eine Münze aus Feuer genannt wird: erstens, weil man einen Teil seiner Lebenskraft weggibt, zweitens weil das Tragen des Joches voller Lebenskraft geschieht.

Und sobald die Verbindung der beiden Gegensätze aus dem Tragen des Joches und dem Wesenskern der Seele stammen, lösen sie die Seele aus „und deine Sünden wirst du mit Zedaka abwerfen“. Dies gilt für alle Sünden, auch für die Sünde des goldenen Kalbes, welche mit der Sünde des Baums des Wissens vergleichbar ist und dazu führte, dass die g“ttliche Gegenwart sich aus dieser Welt entfernte. Durch Zedaka macht man alle Sünden wieder gut, bis man Verzeihung erlangt und das Antlitz des Königs, die g“ttliche Gegenwart, erblickt, so wie geschrieben steht „und sie bereiteten Mir ein Heiligtum und Ich weilte in ihnen“ in jedem Einzelnen in Israel.