Warum scheitern so viele Ehen? Und warum scheitern so viele kurz nach der Hochzeit?

Diese Woche lesen wir vom ersten Schidduch der Geschichte. Awraham beauftragt seinen treuen Diener Elieser, eine Frau für seinen Sohn Jizchak zu suchen. Elieser kehrt mit Riwka zurück, und Jizchak lebt mit ihr glücklich bis ans Lebensende. Die Tora berichtet: „Und (Jizchak) nahm Riwka, sie wurde sein Weib, und er liebte sie.“ Daraus können wir schließen, dass wahre Liebe nach der Heirat entsteht, nicht vorher. Bevor eine Heirat sinnvoll ist, muss es Gemeinsamkeiten zwischen zwei Menschen geben: gemeinsame Werte und Ziele. Natürlich muss auch die „Chemie“ zwischen ihnen stimmen. Aber wahre Liebe muss reifen.

Zweifellos sind heutzutage unrealistische Erwartungen eine Hauptursache für viele gescheiterte Ehen. Unsere Generation wird mit romantischen Romanen, Popsongs, Zeitschriftenartikeln und Filmen überschüttet – und alle haben wenig mit der Wirklichkeit zu tun. (Ich wage zu behaupten, dass „Shrek“ der erste realistische Liebesfilm ist.)

„Wir haben uns verliebt!“ – „Es war Liebe auf den ersten Blick!“ Ich gebe zu, dass auch ich ein wenig romantisch bin; aber „Liebe auf den ersten Blick“ ist ein Widerspruch in sich. „Liebe“ braucht Jahre, ums sich zu entwickeln. Wenn Sie ehrlich zu sich selbst sind, spüren Sie am Anfang nur Lust. „Liebe auf den ersten Blick“ ist ein großes Bubbe majsse.

Wir „verlieben uns“ und glauben, die Liebe sei echt. Wir hoffen, sie werde wahr und dauerhaft sein. Aber nach der geringsten Enttäuschung ist alles vorbei! Das beweist, dass es nie eine echte Liebe war. Wahre Liebe braucht Jahre, denn sie ist die gereifte Überzeugung, dass wir untrennbar miteinander verbunden sind – selbst wenn der Partner alt und grau wird oder sein Geld verliert. Diese Art Liebe basiert nicht auf Romantik, sondern auf langfristiger Hingabe.

Wenn ich ein Paar traue, beobachte ich nicht nur die Braut und den Bräutigam, sondern auch ihre Eltern. Ein einziger Blick zwischen Vater und Mutter unter der Chuppa, ein Blick, der Naches und Zufriedenheit ausstrahlt, sagt mir, dass ihre Ehe gut ist. Und das ist für mich aufschlussreicher als das Liebesgeplänkel der Neuvermählten. So aufregend das sein mag, ihre Liebe befindet sich noch in der romantischen Phase und wurde nie auf die Probe gestellt.

Die erste Rege lautet also: Geduld. Liebe braucht Zeit. Sie muss gepflegt werden. Leider geben viele zu früh auf.

Zweitens: Wir sind von romantischen Filmen derart begeistert, dass wir uns anfangs einreden, der Partner sei ein Märchenprinz oder die Partnerin eine Prinzessin. Und wenn wir dann den ersten kleinen Fehler bemerken, denken wir: „Ich habe mich geirrt! Ich will weg!“ Denken Sie daran, dass niemand vollkommen ist, nicht einmal Sie! Mit der Zeit entdecken wir kleine Unvollkommenheiten am Partner. Einiges lässt sich mit sanfter Ermutigung und viel Geduld ausbügeln. Aber mit manchen Fehlern müssen wir leben. Akzeptieren ist eine Kunst. Wägen Sie einmal die kleinen Fehler gegen das Gute in Ihrem Leben ab. Vielleicht erkennen Sie dann, dass Sie mit diesen kleinen Schwächen gut leben können. Natürlich gibt es auch ernste Probleme; dann brauchen Sie einen guten Ratgeber.

Hören Sie auf, sich zu lieben, weil Sie unvollkommen sind? Lieben Sie Ihre Kinder nicht mehr, wenn die Lehrerin ihnen schlechte Noten gibt? Bestimmt nicht. Warum fällt es Ihnen dann schwer, Ihren Mann oder Ihre Frau trotz eines (angeblichen) Fehlers zu lieben?

Die Heirat ist ein Anfang, kein Ende. Wenn wir unsere Beziehungen realistisch einschätzen können, finden wir wahre Liebe. Aber das braucht Zeit, Geduld und die Weisheit, über kleine Ärgernisse hinwegzusehen. Dann, mit G-ttes Hilfe und echter Hingabe, gewinnen wir wahre Liebe, Zusammengehörigkeit, ein Leben des Teilens und der Fürsorge und tiefe, dauerhafte Zufriedenheit.