Die vorige Sidra, Bamidbar, wie die dieswöchige, Nasso, haben ein Thema gemeinsam: sie befassen sich mit dem Heiligtum in der Wüste und der Verteilung der mit ihm verbundenen Aufgaben, wenn es von einem Ort zum anderen getragen wurde.
Selbst wenn Juden sich in einer Wüste befinden, ist ihnen die Fähigkeit gegeben, ein Heiligtum zu errichten, damit G-ttes Allgegenwart unter ihnen und in jedem einzelnen von ihnen verweilen kann. Es gibt eine physische Wüste, ein Gebiet von Einöde, von rauhem Klima, von giftigen Schlangen. Es gibt aber auch eine spirituelle Wüste, und diese kann sich selbst in den blühendsten Gartenanlagen ausbreiten. Die Tora lehrt uns: Wenn Juden sich in einer solchen geistigen Einöde befinden, auch dann ist es möglich, nein, es ist dringend erforderlich, ein Heiligtum zu errichten und es mit uns zu tragen, wenn wir weiterwandern und fortschreiten, bis schliesslich alles ringsherum zu einem gesegneten und geheiligten Lande wird, Grundlage für die Erfüllung des Versprechens einer wahren und vollständigen Erlösung durch das Kommen des Maschiach.
Hierin liegt in der Tat eine Anleitung für alle Juden verankert, vorzüglich auch für jüdische Frauen, waren es doch - wie die Tora darlegt - die Frauen, die noch vor den Männern mit freiwilligen Gaben für die Errichtung des Heiligtums in der Wüste bereit waren. In der spirituellen Einöde unserer Tage, wie sie manche Teile unseres Volkes trifft, in der weit verbreiteten Dürre und Verödung jüdischen Lebens und von "Jüdischkeit", kann es sehr wohl an den Frauen liegen, durch ihren Einfluss eine radikale Änderung herbeizuführen.
Damit ist in erster Linie die Einflussnahme auf junge Menschen angezeigt, angefangen mit den Kleinkindern. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass man die besten Erfolgsaussichten hat, wenn man schon beim sehr jungen Kinde mit der richtigen Erziehung beginnt; denn dann erntet man die reifsten und besten Früchte.
Das Heiligtum der Israeliten wurde, wie uns unsere Wochenabschnitte weiter zeigen, von den Leviten betreut; ihr "Beruf" war es, G-tt zu dienen.
Maimonides bemerkt hierzu, dass jeder, der sich bereitwillig dem Dienste G-ttes widmet, mit den Leviten zu vergleichen ist. Während beim Zensus des Volkes in der Wüste die anderen Israeliten erst dann gezählt wurden, wenn sie 20 Jahre und älter waren, wurden die Angehörigen des Stammes Levi von einem Monat alt und darüber gezählt; das bedeutet, dass der kleinste und bescheidenste unter ihnen mit dem grössten gleichwertig war. Dieses Prinzip gilt analog dann auch für all jene anderen Juden, die sich - nach Maimonides - dem Dienste G-ttes widmen: Bei ihnen gibt es keinen Unterschied, und das einen Monat alte Baby ist so viel wert wie der bedeutendste Mensch unter ihnen.
Über die Leviten sagt die Tora (Num. 3:12), dass sie aus der Mitte der Kinder Israel (für ihren Dienst) rekrutiert wurden. Sie waren Israels Abgesandte; und wenn auch die Tora weiter sagt, dass G-tt den Stamm Levi "abgesondert“ hatte, bedeutet das nicht, dass sie fortan vor der Gesamtheit der Gemeinde getrennt und isoliert waren, sondern dass diese "Absonderung" allein durch ihre Aufgabe zum Dienste G-ttes gegeben war. Tatsächlich war ihr Dienst von Einfluss und Nutzen für alle Juden.
So ist auch die oben betonte Kindererziehung von Einfluss und Nutzen für die Juden in ihrer Gesamtheit. Für die Offenbarung der Tora am Sinai, die wir am vorwöchentlichen Schawuotfeste feierten, waren - nach dem bekannten Midrasch - die Kinder die einzig akzeptierbaren Garantoren; das heisst, dass sie es waren, durch deren Verdienst die Tora für ganz Israel erst gegeben werden konnte.
Zusammenfassende Übersicht:
Wie es eine physische Einöde gibt, so gibt es eine spirituelle; auch in ihr muss ein Heiligtum errichtet und von Ort zu Ort getragen werden. Jeder Jude, der sich dem Dienste G-ttes widmet, kann ein "Levite" sein, von Nutzen für die ganze Gemeinde Israels.
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