Was tun Sie alles an einem Tag? Wie viele Interessen haben Sie? Was mussten Sie alles lernen, um sich in dieser Welt zurecht zu finden? Wie komplex ist Ihre Persönlichkeit und Ihr Leben?
Dennoch ... jemand kann Sie mit einem einzigen Satz beschreiben, sogar mit einem einzigen Adjektiv. Ist das nicht verrückt? Kann man einen Menschen wirklich auf einen Nenner bringen oder in eine Form pressen, trotz seiner vielen Eigenschaften, Fähigkeiten und Interessen?
Aber genau das hilft uns, hier zu leben. Wir müssen jeden Tag eine Situation oder einen Menschen zusammenfassen, ohne jedes einzelne Detail zu prüfen. Damit wollen wir niemandem schaden, sondern nur mit Hilfe einer verbalen Abkürzung Entscheidungen treffen.
Wir können in diesen Neigungen auch eine Tugend sehen. Das ist nämlich die Essenz von Schmini Azeret und Simchat Tora, die wir diese Woche feiern.
Vorige Woche ging es um den Unterschiede zwischen Wasser und Wein. Die Weisen sagen, Wein habe einen Geschmack und sei deshalb beliebt, während es uns schwerer fällt, Wasser zu mögen, obwohl es lebenswichtig ist. Wir können seinen Wert erfahren, wenn wir uns ganz G–ttes Willen unterwerfen und ihm unser Leben weihen. Wasser ist auch der Schlüssel zum Verständnis der letzten Tage von Sukkot. Im G-ttesdienst am Nachmittag, im Musaf, fügen wir der Amida das Gebet um Regen hinzu und bitten den Allm-chtigen: „Halte das Wasser nicht zurück.“
Da Sukkot ein Erntefest ist, hat diese Bitte natürlich auch andere Bedeutungen. Der große Weise Rabbi Schneur Salman, der die Lubawitsch-Bewegung gründete, sagte einmal: „Schmini Azeret ist die Essenz des Tees.“ Als man einen seiner Schüler bat, diesen merkwürdigen Satz zu erläutern, gab dieser folgende Erklärung: Wenn wir viele Blätter mit heißem Wasser übergießen und lange ziehen lassen, erhalten wir eine konzentrierte Lösung oder Essenz, aus der wir eine Menge Tee bereiten können.
Das ist eine Metapher: In den vergangenen Wochen haben wir an Rosch Haschana G–ttes Majestät anerkannt, am Jom Kippur Reue gezeigt und an Sukkot gejubelt. So haben wir die Blätter für das kommende Jahr bereitet. Jetzt, an Schmini Azeret, bereiten wir daraus eine Essenz, die wir das ganze Jahr lang benutzen können.
Was hat das mit der „Beschreibung“ eines Menschen mit wenigen Worten zu tun? Diese Worte müssen eine Essenz sein. Wir wissen, dass sie nur die konzentrierte Form einer größeren Substanz sind. Und wenn wir an diesen Menschen denken und mit ihm umgehen, müssen wir diese Essenz nutzen, um die ganze Person zu würdigen. Dann ist der Mensch kein kleines Klischee, sondern eine Welt der Ideale und Ziele. So wie wir alle.
Denken Sie daran, dass wir nach dem Ende der Tora-Lesungen wieder Chasak lesen, den Aufruf, einander stark zu machen. Ihre Essenz ist Ihre Seele, ein „wahrer Teil G–ttes“, und die Kraft, um die Sie bitten und die Sie Ihrem Wasser des Lebens hinzufügen. Teilen Sie diese Kraft mit anderen, und sie reicht bis ans Ende Ihrer Jahre.
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