"Im Alter von acht Tagen sollst du jeden Knaben beschneiden" (17:12).

Onkelos, der Neffe des römischen Kaisers Hadrian, wünschte von ganzem Herzen, Jude zu werden; aber er fürchtete sich vor seinem mächtigen Onkel. Eines Tages ging er zum Kaiser und sagte: „Ich möchte gerne Kaufmann werden.“ Überrascht sagte der Kaiser: „Fehlt es dir an Geld und Komfort? Meine Schatzkammer steht dir offen!“

Onkelos erwiderte: „Aber ich möchte die Welt sehen, andere Menschen kennen lernen und durch Erfahrung Weisheit erlangen. Sag mir, Onkel, mit welchen Waren kann ich gut verdienen?“

Hadrian riet seinem Neffen: „Wenn du eine Ware siehst, deren Wert gesunken ist, dann kaufe sie, denn sie wird wieder teurer werden.“

Onkelos segelte nach Erez Jisrael. Nach seiner Ankunft ging er zu den jüdischen Weisen und bat sie, ihn in der Torah zu unterrichten, noch bevor er sich beschnitt und Jude wurde. Aber sie lehnten ab und sagten: „Die Torah hat keine dauerhafte Wirkung auf einen Unbeschnittenen.“

Onkelos ließ sich nicht entmutigen. Sofort beschnitt er sich und vertiefte sich ins Studium der Torah. Er lernte unaufhörlich. Rabbi Elasar und Rabbi Jehoschua trafen ihn eines Tages und merkten, dass er anders aussah. Das tiefe Wissen, das er erworben hatte, hatte sein Gesicht verändert. Sie riefen ihn zu sich und sahen zu ihrer Freude, dass er das Gelernte wirklich verstand. Er konnte kluge Fragen stellen und gute Antworten geben.

Eines Tages kehrte Onkelos nach Rom zurück und suchte seinen Onkel, den Kaiser auf. Dieser merkte sofort, dass er sich verändert hatte, und fragte, was mit ihm geschehen sei.

Onkelos erklärte: „Ich bin anders, weil ich die Torah studiert habe. Außerdem habe ich mich beschnitten.“

„Wer hat dir denn das geraten?“ fragte der erstaunte Kaiser.

„Du!“, erwiderte der Neffe zufrieden. „Hast du mir nicht geraten, eine Ware zu suchen, die heute wenig Wert hat, aber eines Tages sehr gefragt sein wird? Ich habe die Religionen aller Völker studiert und kein Volk gefunden, dem es so schlecht geht wie den Juden. Daraus schloss ich, dass ihre Zeit noch kommen wird. Eines Tages werden sie hohes Ansehen genießen, denn es steht geschrieben: So spricht Haschem, der Heilige, der Erlöser Israels: Die verachtete Seele, das erniedrigte Volk, die Diener der Herrschenden werden es erleben, dass Könige und Minister sich vor ihnen verbeugen.“

Als Hadrian das hörte, wurde er wütend. Er schlug seinem Neffen ins Gesicht und fragte erneut: „Warum hast du es getan?“

Onkelos gestand: „Ich wollte die Torah studieren.“

„Warum hast du sich nicht studiert, ohne dich zu beschneiden?“ wollte der Kaiser wissen.

„Es ist unmöglich, die Torah zu studieren, ohne beschnitten zu sein, denn es steht geschrieben: ,Er erklärte Jaakow seine Worte’. Nur wer beschnitten ist, kann die Torah studieren. Jaakow, der Patriarch, wurde beschnitten geboren. Und im nächsten Vers steht: ,Und Gebote, die unverständlich bleiben’ (Tehillim 147:19-20). Die Buchstaben des Wortes bal (nicht) verweisen auf die geschriebene Torah, die mit dem Buchstaben beis beginnt und mit einem lamed endet (breischit und l’einei kol Jisrael).