„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“ Was bedeutet dieser berühmte Vers, den eine Fastfood-Kette vor einigen Jahren sogar als Werbeslogan benutzte?
Der Vers stammt aus dem Tora-Abschnitt dieser Woche und ist eine Anspielung auf das wundersame Manna, das jeden Tag vom Himmel fiel, als das jüdische Volk durch die Wüste zog. Der Schluss des Verses lautet: „Sondern durch die Worte aus dem Munde G-ttes lebt der Mensch.“ Er will uns also an die wahre Quelle unseres Lebens erinnern.
Im Gegensatz zu einem verbreiteten Glauben gewährleisten Mühe und Arbeit, der Schweiß unseres Angesichts, Konferenzen, Besprechungen und Verkaufsseminare unser Auskommen nicht. Die Wahrheit ist, dass G-tt uns erhält und sich um uns kümmert, so wie unsere Vorfahren in der Wildnis völlig von ihm abhängig waren, was ihr tägliches Brot anbelangte. Wohlstand ist eine G-ttesgabe, und am Ende eines Tages sorgt nicht unser Geschäftssinn für das Essen, sondern der Segen von oben.
Jeder Geschäftsmann kann Ihnen bestätigen, dass selbst die besten Pläne bisweilen scheitern – und dann kommt ganz unerwartet ein großer Auftrag, für den wir uns wenig oder gar keine Mühe geben mussten. Gewiss, das ist nicht die Regel, und wir müssen bereit sein, uns anzustrengen, wenn wir Erfolg haben wollen. Aber wenn das Unerwartete geschieht, erinnert es uns daran, dass höhere Kräfte am Werk sind, die wir nicht steuern können.
Der Vers hat jedoch noch eine andere Bedeutung: Der menschliche Geist sehnt sich nicht nur nach Brot; er will mehr. Menschen sind mit Geld und materiellem Besitz nicht zufrieden.
Geld ist zwar wichtig, aber wir können nicht allein vom Geld leben. Wie sieht es mit der Zufriedenheit am Arbeitsplatz aus? Viele Gemeindemitglieder haben eine lukrative Stellung aufgegeben und eine schlechter bezahlte angenommen, weil die „bessere“ ihnen keine Freude machte. Sie verdienten viel, fühlten sich aber nicht wohl dabei.
Manche Menschen sind finanziell gut versorgt und dennoch unglücklich. Sie sind erfolgreich, werden aber nicht froh. Erfolge sind keine Garantie für Glück. Wenn wir das Haus und das Auto unserer Träume gekauft haben und die neusten Handys, Laptops und DVD-Player besitzen, werden wir ihrer müde. Zufriedenheit ist nur von Dauer, wenn sie mehr als materiell ist – sie muss spirituell sein. Wir brauchen mehr als Brot und Geld, wir brauchen Anregungen und Ansporn, wir brauchen das Gefühl, etwas Sinnvolles erreicht zu haben. Wir wollen, dass unser Leben ein Ziel hat und das wir etwas zum Ganzen beitragen. Wir wollen, dass unsere Arbeit nützlich und von bleibendem Wert ist.
Ein Gefangener in einem russischen Arbeitslager musste ein schweres Rad drehen, das an einer Wand befestigt war. 25 Jahre lang arbeitete er schwer. Er glaubte, das Rad sei mit einer Mühle verbunden oder bewässere viele Felder. Vor dem geistigen Auge sah er die reiche Ernte und die Kornsäcke, die Tausende von Menschen ernährten. Nach 25 Jahren harter Arbeit wurde er entlassen. Vorher aber wollte er noch den Apparat hinter der Gefängniswand sehen. Doch es gab keinen! Das Rad war nur ein Rad, und all seine Arbeit war sinnlos gewesen. Der Mann brach zusammen und starb völlig verzweifelt. Er hatte ein Leben lang vergeblich gearbeitet.
Wir haben das tiefe Bedürfnis zu wissen, dass unsere Lebensarbeit materiell und spirituell sinnvoll ist. Wenn wir die Gewissheit haben, dass jede gute Tat mit einem komplexen spirituellen Apparat verbunden ist und Bedeutung für den Kosmos hat, erhält unser Leben ein Ziel und einen tieferen Sinn.
Wir wollen sicher sein, dass unsere Arbeit anderen hilft und dass wir einen Beitrag für die Gesellschaft leisten, jenseits unserer eigenen Bedürfnisse. Dann leben wir, dann sind wir glücklich.
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein – er kann es einfach nicht.
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