Die ersten zwei Wochenabschnitte der Thora – Bereschit und Noach – stehen in enger Verbindung, denn beide handeln von der Erschaffung der Welt und ihrem Fortbestand. Bereschit schildert uns die Schöpfung, und in Noach schwört G-tt die Welt zu erhalten und nie wieder eine Sintflut über sie zu bringen.

Jene Thora-Abschnitte symbolisieren zwei außerordentliche Zustände auf der Welt. Bereschit steht für die Vollkommenheit der Welt, wie sie G-tt erschuf. Der Wochenabschnitt erzählt von der Erschaffung des Menschen, durch die die Schöpfung ihren Höhepunkt erreichte. Im Gegensatz dazu erfahren wir in Noach von der schrecklichen Sintflut, aber auch vom Neuanfang der Welt, völlig reingewaschen durch die Sintflut. Dieser reine, vollkommene Zustand der Welt wurde ausgerechnet durch den Menschen erreicht. Eben der Mensch, welcher die Welt durch seine Sünde ins Unheil führte, ist es, der mit seiner Rückkehr auf den richtigen Weg jene neue Vollkommenheit brachte, in der G-tt mit dem Menschen einen ewigen Bund schloss die Welt für immer zu erhalten.

Zwei Vollkommenheiten

In der Vollkommenheit der Welt, wie sie durch G-tt erschaffen wurde, gibt es keinen Platz für eine Abweichung vom Willen G-ttes. Und deshalb verliert der Mensch, wenn er den g-ttlichen Willen missachtet, sein Existenzrecht. Und so heißt es in Bereschit vor der Sintflut: Da sah G-tt, dass groß war die Bosheit des Menschen ... Ich will vertilgen den Menschen.

Unser Wochenabschnitt aber drückt die Möglichkeit der Welt aus, ihrerseits eine Vollkommenheit zu erreichen.

Deshalb, als die Welt der Sünde verfiel, gab es die Kraft der Reinigung und Wiedergutmachung durch die Tschuwa (Rückkehr zu G-tt). Und wir sehen sogar, dass die Tschuwa des Menschen zu einer viel höheren Vollkommenheit der Welt führte, da G-tt ein eigenes Zeichen erschuf (den Regenbogen), welches den immer währenden Bund zwischen G-tt und den Menschen in Erinnerung rufen sollte. Jener Bund drückt das besondere Wohlgefallen G-ttes an einer Welt aus, welche der Mensch durch die Tschuwa zur Vollkommenheit brachte.

Die Namen G-ttes

Tiefer betrachtet spiegelt sich jener besondere Zustand der Welt (durch den Menschen) auch in den Namen G-ttes wieder, wie Er bei der Schöpfung und in unserem Wochenabschnitt genannt wird. Die Welt wurde durch G-tt, wie Er in den Namen אלוקים gekleidet ist, erschaffen – Am Anfang erschuf G-tt (אלוקים). Dieser Name wird zweiunddreißig Mal bei der Schöpfungsgeschichte erwähnt. Bei Noach aber heißt es: Und Noach fand Wohlgefallen in den Augen G-ttes (הוי'ה).

Der Name אלוקים steht für den Zahlenwert (jeder hebräische Buchstabe hat auch einen Zahlenwert) 86. Jene Zahl, wiederum in hebräische Buchstaben übersetzt, bedeutet auch הטבע– die Natur, das heißt die Kräfte der Natur. Bei der Erschaffung der Welt also handelt es sich um die begrenzte g-ttliche Kraft, wie sie in die Welt gekleidet ist. Der Name הוי'ה aber symbolisiert das g-ttliche Licht, das über der Welt und allen Grenzen steht. Die Erschaffung der Welt, wie sie durch G-tt kreiert wurde, offenbart nur das begrenzte g-ttliche Licht des Namens אלוקים. Der Mensch aber durch seine Tschuwa offenbart das unendliche Licht G-ttes des Namen הוי'ה!

Aus diesem Grund lehren unsere Meister: „Diejenigen, die Tschuwa üben, befinden sich auf einem Niveau, welches selbst die größten Zadikim1 nicht einmal erreichen können!“2

Aus eigenen Kräften

Den Wochenabschnitt Bereschit verliest man im Monat der Feiertage – Tischrej. Noach aber wird im Monat Cheschwan rezitiert, wo alle Feiertage bereits vorüber sind. Denn die Aufgabe des Menschen liegt darin, aus seinen eigenen Kräften das Gute und G-ttliche auf die Welt zu bringen („der profane Monat Cheschwan“). Und gerade dadurch kommt die Welt zu ihrer Vollkommenheit — der endgültigen Erlösung, sofort in unseren Tagen!

(Aus Sefer haSichot, Jahrgang 5752, Band 1, Seite 58)