Acharej bedeutet 'nach', wie in dem die Parascha eröffnenden Passuk geschrieben steht: "G-tt sprach zu Moses nach dem Tod der zwei Söhne Aaron's, als sie G-tt nahe kamen und sie starben."
Aus der Sicht Chassidischer Lehre starben Aaron's Söhne jedoch nicht deswegen, weil sie etwa schlecht gewesen wären oder G-ttes Wille zuwider gehandelt hätten. Sie waren vielmehr Gerechte, die nur einfach G-tt so nah wie möglich kommen wollten. Dieses Verlangen, G-tt so nah wie möglich zu kommen, wurde in ihnen jedoch so stark, daß sie nicht mehr in ihre normale, körperliche Existenz zurückkehren wollten - und sie letztlich dahinschieden. Deshalb beschreibt der Passuk ihren Tod auch wie folgt: "Sie kamen nahe vor G-tt und (daher) starben (sie)."
Auf den ersten Blick erscheint es so, als sei das Verlangen von Nadaw und Awihu, G-tt nahezukommen, fehl am Platz. Schließlich möchte G-tt nicht, daß wir sozusagen aus Liebe zu ihm sterben.
Nadaw's und Awihu's Verlangen danach, G-tt nahezukommen, und dabei sogar über die Grenzen gewöhnlicher Existenz hinauszugehen, war an und für sich völlig angemessen - jedoch nur in einem zeitlich begrenzten Rahmen! Ihr Fehler lag vielmehr darin, daß sie ihre intensive spirituelle Erfahrung nicht wieder in das alltägliche, normale Leben zurück reflektieren wollten.
Mit anderen Worten: Wenn ein Mensch niemals das Verlangen danach hat, die Sphären des alltäglichen Lebens zu verlassen, um in spiritueller Weise seinem Schöpfer nahezukommen, mangelt es ihm auch an spiritueller Sensibilität. Wenn auf der anderen Seite ein Mensch das Verlangen danach hat, G-tt spirituell nahezukommen, muß er sich dessen bewusst sein, daß G-tt uns alle in die mondäne Welt physischer Existenz bringt, weil wir eine Aufgabe in dieser Welt zu erfüllen haben und wir folgerichtig unsere spirituellen Erfahrungen auch in unseren Alltag einbringen müssen.
So wie der Rhythmus eines gesunden Herzens abwechselnd aus Kontraktion und Entspannung besteht, so drückt sich auch ein gesundes spirituelles Leben ebenfalls in Aufstieg und anschließender Rückkehr aus.
Die ausgeprägte Spiritualität von Nadaw und Awihu war also für sich genommen eine sehr gute Eigenschaft. Der Umstand jedoch, daß sie es unterließen, die Liebe, die sie während ihrer intensiven G-tteserfahrung erlebt haben, in diese Welt zu bringen, war indes ein Fehler. Das bedeutet hingegen nicht, daß wir letztlich nicht doch etwas von den positiven Eigenschaften Nadaw's und Awihu's lernen können.
Dies ist auch ein Grund dafür, warum die Parascha 'Acharej' genannt wird. Nadaw und Awihu sind die ersten Individuen, von der die Tora berichtet, daß sie ein derart intensives Verlangen nach der Nähe G-ttes hatten, daß das Jüdische Volk dadurch eine neue Stufe von G-tteserfahrung erlebte. Mit anderen Worten: Nach dem Tod der Söhne Aaron's betrat das Jüdische Volk eine neue Ära - eine Ära von höherer Spiritualität.
(Basierend auf Sichat Schabbat Acharej-Kedoschim 5750.)
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