Die Rebellion, die Korach gegen Moses und Aaron entfachte, dient als klassisches Beispiel einer Zwietracht, die nicht auf selbstlosen Motiven beruht. Oder wie es unsere Weisen ausdrücken:1 "Was ist eine Machloket (Streitfall / Meinungsverschiedenheit) die nicht um der Wahrheit willen geführt wird? Die Machloket von Korach und seinen Anhängern." Und in der Tat ist der Vers: "Und wir sollen nicht wie Korach und seine Truppe sein,"2 gemäß unseren Weisen3 als biblische Anordnung zu interpretieren, sich von Auseinandersetzungen fernzuhalten.
Wir werden hier ein paar Lehren unserer Weisen seligen Andenkens auflisten, über die Wichtigkeit des Friedens und das zerstörerische Potential von Streitsucht und Unfrieden.
"Groß ist der Frieden"
Der letzte Abschnitt der sechs Mischna-Volumen sagt: "Groß ist der Friede, denn G-tt hat für [Seinen] Segen kein anderes Gefäß gefunden als den Frieden." Das heißt, dass G-tt seinen Segen einzig und allein in eine Familie, eine Gemeinde, ein Land sendet, wenn dort Frieden herrscht.
Sicherzustellen, dass wir persönlich mit unseren Mitmenschen in Frieden leben, ist nicht genugIm Fall einer Sota (verdächtige Ehebrecherin), ist im Prozess, sie – hoffentlich – von jedem Verdacht zu befreien, das Auslöschen von G-ttes Namen mit eingeschlossen,4 der sonst unter keinen Umständen gelöscht werden darf. Darauf basierend sagen unsere Weisen:5 "Die Macht des Friedens ist so bedeutungsvoll ... dass G-ttes heiliger Name, der in Heiligkeit geschrieben wurde, [vorsätzlich] im Wasser gelöscht wird, um zwischen der Sota in ihrem Ehemann Frieden zu stiften."
Es ist in bestimmten Fällen sogar erlaubt, die Wahrheit zu verdrehen, um den Frieden zu bewahren. So tat das G'tt selbst und auch die Brüder Josefs.6
Zu versichern, dass wir persönlich mit unseren Mitmenschen in Frieden leben, reicht nicht aus. Sondern wir müssen uns aktiv darum bemühen, auch zwischen unseren Mitmenschen Frieden zu stiften. Wie Hillel sagte: "Sei ein Anhänger Aarons – der den Frieden liebt und ihn verfolgt, der [G-ttes] Geschöpfe liebt und sie der Tora näher bringt."7 Unsere Weisen lehren uns, dass Aaron, der Kohen Gadol (Hohepriester) verschiedene Methoden anwendete, um zerstrittene Ehepaare und Freunde, die nicht mehr miteinander redeten, wieder zusammenzubringen. Unsere Weisen lehren uns,8 dass die G-ttliche Belohnung der Mizwa, Frieden auszuhandeln ebenso in dieser Welt wie in der nächsten Welt genossen werden kann. Das ist der Gegensatz zu den meisten anderen Mizwot, deren Belohnung einzig und allein in der kommenden Welt zu erwarten sind.
Eine Geschichte, die ich aus erster Hand gehört habe:
Ein Bräutigam legte dem Rebben einst sein Dilemma vor: "Ich möchte gern, dass mein Vater und mein Schwiegervater mich zur Chuppa (Hochzeitsbaldachin) führen und meine Mutter und meine Schwiegermutter meine Braut – wie das in Chabad Brauch ist. Meine zukünftigen Schwiegereltern jedoch bestehen darauf, dass sie ihre Tochter, und meine Eltern mich, zur Chuppa führen sollen, wie das in orthodoxen Kreisen der Brauch ist. Wie soll ich dieses Problem lösen?"
Der Rebbe antwortete: "Da ein jüdischer Minhag (Brauch) Tora ist,9 sollten Sie sich gemäß ihrem bzw. unserem Minhag verhalten. Das stimmt jedoch nur, wenn Sie das auf friedliche Wege tun können. Falls Sie jedoch riskieren, in der Familie Zwietracht zu sähen, sollten Sie in diesem Fall nachgeben. Da die ganze Tora nur dazu gegeben wurde, um Frieden in der Welt zu stiften,10 wie der Vers sagt:11: "Die Wege [der Tora] sind angenehme Wege und all ihre Pfade sind Frieden," ist es nicht logisch, es einem Minhag zu erlauben, mit dem Grund und dem Zweck der ganzen Tora im Widerspruch zu stehen!"
Die Gefahr der Zwietracht
"Der Beginn eines Konfliktes ist wie das Herauslassen von Wasser, doch bevor du diesem ausgesetzt bist, verlass die Auseinandersetzung."12 Ein kleines Leck in einem Damm kann bereits zu einer riesigen Sintflut führen. Es ist ziemlich leicht, ein kleines Leck zu reparieren, doch es später zu schließen, nachdem das Wasser bereits heraus zu strömen beginnt, ist fast unmöglich. Das ist auch gültig, was Auseinandersetzungen betrifft.13 Deshalb sollten wir uns stets bemühen, Konflikte zu lösen, bevor sie außer Kontrolle geraten.
Es ist einfacher, ein kleines Leck zu schließen, als es später zu reparieren, wenn das Wasser bereits heraus zuströmen beginntDer Rosch sagt uns:14 "Bleibe nicht einmal für einen einzigen Tag in einer Streitsituation mit deinem Freund. Sondern demütige dich durch Eigeninitiative vor ihm und bitte Deinen Freund um Vergebung."
Ahitophel, König Davids weisester Ratgeber, den König David bis dahin auch für seinen besten Freund hielt, wechselte eines Tages die Partei und schloss sich König Davids Sohn Absalom während dessen Rebellion gegen seinen Vater an. Als Ahitophel bemerkte, dass König Davids Seite die Oberhand gewinnt, kehrte er nach Hause, gab seinen Kindern seinen letzten Willen in seinem Testament bekannt und beging Selbstmord. Einer seiner letzten Ratschläge war: „Mischt euch nicht in Streitigkeiten ein!“ Und zwar, nachdem er feststellen musste, dass seine Teilnahme an einem solchen Konflikt ihm das Leben kostete.15
Der zweite Tempel wurde aus grundlosem Hass zerstört. Das darauf folgende Exil war das längste Exil aller Zeiten, weil es für uns äußerst schwierig ist, zu erkennen, dass wir selbst von dieser Sünde betroffen sind und sie in uns selbst ausbügeln müssen.16
Ratschläge, wie wir uns von Streitereien fernhalten
- "Hören Sie nie auf, Freunde zu suchen, die Sie lieben werden. Schrecken Sie dabei nicht einmal vor einem Feind zurück."17
- "Erzürnen Sie sich nie wegen einer trivialen Angelegenheit über einen Menschen, damit Sie keine unnötigen Feinde um sich sammeln."18
- "Verweigern Sie den Einwohnern Ihrer Stadt nicht ihre Wünsche. Annullieren Sie Ihren Willen vor dem der anderen."19
- "Werden Sie niemals zornig. Ertragen Sie Beschämungen und geben Sie diese nicht zurück. Vergeben Sie denen, die gegen Sie sündigen. Wird ein Tora-Gelehrter zornig, verliert er sein Wissen; wird ein Prophet zornig, verliert seine Prophezeiung an Wert und eine eventuell vorgesehene hohe Stellung wird er somit nicht mehr erreichen. Wütend zu werden entspricht dem Götzendienst. Die Schechina (G-ttliche Gegenwart) erscheint in den Augen der zornigen Person wertlos. Wer auch immer auf seinen Zorn verzichtet, dem werden all seine Sünden vergeben."20
- "Streiten Sie mit niemandem ohne Grund, wenn er Ihnen keinen Schaden zugefügt hat."21
- "Angenehme Worte sind wie eine Honigwabe, süß für die Seele und heilend für die Knochen" "Ein Zorniger sät Zwietracht, doch ein Langmütiger vermeidet Konflikte."22
- "Angenehme Worte sind wie eine Honigwabe, süß für die Seele und heilend für die Knochen."23
- "Eine sanfte Antwort weist den Zorn ab, doch ein betrübendes Wort provoziert Groll."24 Oft kann dieselbe Antwort sowohl eine Lösung als auch ein Konflikt sein. Alles hängt vom Tonfall ab.
- "Ein Passant, der in einen Streit verwickelt wird, mit dem er eigentlich nichts zu tun hat, ist wie einer, der einen Hund an seinen Ohren packt."25 Es ist schon schlimm genug, dass wir unsere eigenen Auseinandersetzungen haben, wir brauchen uns sicher nicht in die eines anderen einzumischen.
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