Warum das Blut an den Türen?
Die Tora berichtet von den letzten Schritten, die zur Befreiung Israels aus der Knechtschaft im alten Ägypten führten. In einer schicksalhaften Nacht versetzte G-tt den Ägyptern den endgültigen Schlag, indem er die Erstgeborenen in ihren Häusern tötete, aber die Erstgeborenen in jüdischen Häuser verschonte. Die Folge war die totale Kapitulation der Ägypter.
„Sie (die Israeliten) sollen etwas vom Blut (des Pessach-Opfers) an die zwei Pfosten und den oberen Balken der Tür streichen ... Wenn ich das Blut sehe, werde ich vorbeigehen; ihr sollt nicht zu Schaden kommen, wenn ich das Land Ägypten heimsuche“ (Exodus 12:7-13).
Brauchte G-tt ein Zeichen an der Tür, um zu wissen, in welchem Haus Israeliten wohnten?Brauchte G-tt ein Zeichen an der Tür, um zu wissen, in welchem Haus Israeliten wohnten?
Manche sagen, der Malach Hamawet (Todesengel) habe vielleicht das Zeichen benötigt. Aber das hier ist keine Filmszene, in welcher der Tod zur falschen Zeit den Falschen erwischt.
Auch der reale Engel des Todes braucht keine Markierungen an Türen. Warum also Blut an der Tür? Warum nicht am Fenster, auf der Eingangsterrasse oder am Dach?
Der Grund ist die Symbolik der Tür. Sie sorgt für Privatsphäre und Schutz. Die Tür trennt den privaten Raum vom öffentlichen, das innere vom äußeren Ich. Zu Hause lassen wir Masken und Hemmungen fallen, so dass das Beste (bisweilen das Schlimmste) an uns zum Vorschein kommt.
Manche Menschen sind äußerlich sehr geduldig; in der Öffentlichkeit lächeln sie fröhlich, während sie zu Hause trübsinnig sind, keine Geduld mit den Kindern und dem Ehepartner haben und nie lächeln. Andere sind in der Öffentlichkeit still, zurückhaltend und angespannt, zu Hause aber vergnügt und ausgelassen. Oft erfolgt dieser Übergang vom oberflächlichen zum wahren Ich an der Tür.
Das Judentum fragt uns: Welche Türen habt ihr? Was geschieht im Haus? Finden wir Heiligkeit jenseits der Türschwelle? Stehen jüdische Bücher im Regal? Befinden sich koschere Speisen im Kühlschrank? Feiert ihr den Schabbat und die jüdischen Feiertage mit Freude, und gebt ihr Ihnen Sinn und Tiefe? Lest ihr aus der Tora vor, betet ihr gemeinsam? Nur Sie und der Allm-chtige kennen die Antworten.
Das Judentum fragt uns: Welche Türen habt ihr?Es wird viel darüber gesprochen, dass Juden ihren Glauben in der Öffentlichkeit nicht verleugnen sollen; aber manche Juden sollte man eher auffordern, ihr Judentum zu Hause ernster zu nehmen – dort, wo es wirklich wichtig ist.
Der Talmud berichtet von einem „schönen Brauch in Jerusalem“: Bevor eine Familie sich zu Tisch setzte, befestigte sie ein Tuch an der Haustür. Es war ein Zeichen für alle Fremden und Passanten, dass Essenszeit war und dass alle Hungrigen eintreten und mitessen durften.
Wie sehen unsere Türen aus? Liegt eine symbolische „Willkommensmatte“ vor der Tür oder ist neben ihr ein Schild „Nicht stören“ angebracht? Sind wir gastfreundlich zu Menschen, die Trost, Freundschaft oder Hilfe brauchen? Oder schlagen wir den Rabbinern und bedürftigen Menschen die Tür vor der Nase zu, wenn sie in unseren Herzen Zuflucht suchen?
Eine der schönsten und beständigsten Ideen der Bibel ist die Mesusa, die am rechten Türpfosten jüdischer Häuser befestigt wird. Die Mesusa bezeugt, dass dieses Haus wirklich ein jüdisches Heim ist, in dem wir Heiligkeit, Bescheidenheit, Anstand und Güte finden, sogar (und erst recht) hinter verschlossenen Türen. Die Mesusa symbolisiert G-ttes Gegenwart im Haus und seinen Schutz für alle, die darin wohnen. Sie ist mehr als ein hübscher jüdischer Schmuck. Wenn wir die Mesusa nur wegen ihres Aussehens schätzen, anstatt wegen ihrer inneren, spirituellen Bedeutung, und wenn es uns kaum interessiert, ob die darin verborgene Schriftrolle in Übereinstimmung mit der Anweisung der Tora geschrieben wurde, dann ist uns nicht klar, was eine jüdische Tür ist. An einer jüdischen Tür enden Äußerlichkeiten, und Wahrheit und Echtheit beginnen. Nicht das Aussehen der Mesusa ist am wichtigsten, sondern ihr Inhalt.
Warum also markierten die Israeliten ihre Türpfosten mit dem Blut des Pessach-Opfers? Es war ein Zeichen dafür, dass sie wirklich bereit waren, Ägypten zu verlassen. Sie waren G-tt und Mosche innerlich und äußerlich treu und sogar bereit, sich selbst zu opfern. Darum waren ihre Häuser für den Engel des Todes unantastbar. Das Blut am Türpfosten nützte weder G-tt noch seinem Boten, sondern den Israeliten, die endlich verstanden hatten, was Juden von Ägyptern trennte. Es steht alles an der Tür.
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