Tragen Sie gerne Schuhe?
Schuhe werden an den Füßen getragen; darum sollten sie den Kopf eigentlich am wenigsten beschäftigen.
Dennoch besitzen die meisten Leute mehr als ein Paar Schuhe.
Viele Frauen haben sogar eine Menge Schuhe. Unsere Füße brauchen in verschiedenen Situationen unterschiedlichen Schutz.
Außerdem benutzen wir Schuhe als Schmuck. Wir haben Kleider und Schuhe für verschiedene Anlässe.
Aber viele Menschen ziehen zu Hause die Schuhe aus, die sie in der Öffentlichkeit zeigen, weil sie unbequem sind.
Nach dem jüdischen Gesetz und gemäß unserer Tradition ist ein gewisser Abstand zwischen den Füßen und dem Boden sinnvoll. Sogar Leute, die nach dem Gesetz keine Lederschuhe tragen dürfen, zum Beispiel Trauernde, sollten Socken, Pantoffeln oder Ähnliches anziehen. Auch der Talmud (Schabbat 129a) weist darauf hin, wie wichtig es ist, Schuhe zu tragen: „Ein Mann soll sogar die Balken seines Hauses verkaufen, wenn das notwendig ist, um Schuhe für seine Füße zu kaufen.“ Es ist entwürdigend, erläutern die Kommentare, in der Öffentlichkeit barfuß zu gehen.
Das war im Heiligen Tempel im alten Jerusalem anders. Dort mussten alle ihre Schuhe ausziehen. Weil der Ort so heilig war, zeigten die Besucher ihre Ehrfurcht auch dadurch, dass sie keine Schuhe trugen.
Was ist nun richtig? Sind bloße Füße an einem heiligen Ort erwünscht und anderswo unerwünscht?
Die Lösung finden wir in Mosches Gespräch mit G-tt während seiner berühmten Begegnung mit dem brennenden Busch am Berg Sinai. Gleich zu Beginn wird Mosche aufgefordert: „Nimm die Schuhe von deinen Füßen, denn der Platz, auf dem du stehst, ist heilig“ (Exodus 3:5).
Einen ähnlichen Vorfall gibt es in Joschua 5:15. Ein Engel besucht Joschua und befiehlt ihm, die Schuhe auszuziehen, weil der Boden heilig sei.
In diesem Fall gilt also das Tragen von Schuhen als respektlos. In allen anderen Fällen ist es respektlos, keine Schuhe zu tragen.
Eine Trennung weist uns ständig auf die Gefahr hin, die unten lauert: WeltlichkeitDen Unterschied macht der Boden, auf dem wir gehen. Schuhe trennen uns von der Erde. Spirituell betrachtet ist diese Trennung notwendig, weil sie uns ermahnt, uns vom Irdischen zu lösen.
Der Kopf als Sitz des Verstandes bleibt hoch über dem Boden. Menschen wenden ihr Gesicht im Gegensatz zu den meisten Tieren nicht dem Boden zu.
Die Füße sind der Erde dagegen von Natur aus nahe. Auch unser niedriges Wesen kann der Erde und ihren Verlockungen gefährlich nahe kommen. Darum bilden Schuhe und die untersten Teile unseres Selbst eine Trennlinie und weisen uns ständig auf die Gefahr hin, die unten lauert: Weltlichkeit.
In einer heiligen Umgebung ist es hingegen nicht notwendig, Mensch und Erde zu trennen. Dort ist es gut, barfuß zu gehen, um keine Barriere zwischen uns und dem Heiligen zu errichten.
Schuhe spielen auch eine Rolle beim Auszug aus Ägypten. Die Juden mussten sich auf den Aufbruch vorbereiten und „Schuhe an euren Füßen“ tragen (Exodus 12:11). In der messianischen Prophezeiung wird ebenfalls gesagt, dass G-tt „die Menschen auffordern wird, den Fluss Euphrat in Schuhen zu durchqueren“ (Isaia 11:15).
In beiden Fällen – beim Auszug aus Ägypten und beim Verlassen des derzeitigen Exils – geht es um Trennung. Der Exodus aus Ägypten und die folgende Freiheit wurden uns gewährt, damit wir zum Sinai wandern und die Zehn Gebote und die Tora empfangen konnten (Exodus 3:12). G-tt befahl Mosche, seine Schuhe auszuziehen, weil der Berg Sinai heilig war. Er war der Brennpunkt, der Zweck des Auszugs aus Ägypten. G-tt wollte damit sagen: „Behaltet eure Schuhe an, bis ihr hierher zurückkehrt. Trennt euch von der Weltlichkeit und dem Irdischen, während ihr euch mit dem Ziel beschäftigt: der Tora.“
Da wir uns dem Zeitalter der Erlösung nähern, das die messianische Offenbarung ankündigt, sollten wir uns darauf vorbereiten, indem wir uns vom Irdischen lösen und uns stattdessen auf die Tora und ihre Gebote konzentrieren.
Mögen wir sehr bald imstande sein, unsere Schuhe wegzuwerfen, um die höchste Heiligkeit zu erfahren. Möge dies noch in unseren Tagen geschehen!
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