„Heute steht ihr zusammen, ihr alle ... um einen Bund zu schließen“ (Deut. 29:9,11).

Nizawim, der neue Wochenabschnitt, wird immer am Schabbat vor Rosch Haschana gelesen, also am Jahrestag der Erschaffung des Menschen, an dem jedes Jahr Gericht über die ganze Schöpfung gehalten wird. Haben wir ein mildes Urteil des Himmels verdient? Die Antwort klingt im ersten Vers des Tora-Abschnitts an: „Heute steht ihr zusammen, ihr alle ... um einen Bund zu schließen“.

Jeder Teil dieses Verses ist wichtig. „Stehen“ lässt an Sieg denken – dass wir ein günstiges Urteil verdienen. „Heute“ ist der Jahrestag des Gerichts, Rosch Haschana. „Ihr alle“ bedeutet „das ganze Volk als Einheit“. „Einen Bund schließen“ heißt, dass jeder Einzelne Verantwortung für die anderen übernimmt und jeder für die anderen bürgt.

Solange wir unseren Pakt der gegenseitigen Bürgschaft einhalten, dürfen wir sicher sein, dass G-tt ein günstiges Urteil fälltSolange wir unseren Pakt der gegenseitigen Bürgschaft einhalten, dürfen wir sicher sein, dass G-tt ein günstiges Urteil fällt. Mit anderen Worten: Auf welcher Grundlage erhalten wir ein günstiges Urteil? Auf der Grundlage der Einheit.

Dennoch stellt sich eine Frage: Wie kann jedes einzelne Mitglied eines Volkes ein Bürge für alle anderen sein? Ein Bürge muss besser sein als derjenige, für den er bürgt. Wenn ein Armer einen Kredit aufnehmen will, bittet er einen Wohlhabenderen, für ihn zu bürgen. Niemand fragt einen Menschen, der ärmer ist als er selbst, ob er Bürge sein will.

Wie also kann jedes Individuum für alle anderen Bürge sein? In jeder großen Gruppe gibt es Menschen, die wenig zu bieten haben. Wie also könnte jeder Einzelne für alle anderen bürgen? Die Antwort ist einfach. Was den Bund zwischen G-tt und seinem Volk anbelangt, besitzt jeder Mensch einen einzigartigen Vorteil gegenüber allen anderen. Jeder kann somit für die anderen bürgen. Jeder Angehörige der Nation hat irgendeine positive Eigenschaft, die nur er besitzt. Jedes Individuum wird gebraucht und ist unersetzlich.

Wenn wir „zusammenstehen“ und dabei unsere totale wechselseitige Abhängigkeit betonen, geben wir unsere persönliche Identität auf und verstehen uns als Teil eines größeren Ganzen. Dann werden wir nicht mehr einzeln beurteilt, sondern als Ganzes. Das schließt alle erlösenden Tugenden aller Individuen ein.

Gemeinsam sind wir ein Ganzes, das größer ist als die Summe seiner Teile.