Der Prozess des Kennen Lernens zwischen Männern und Frauen dient der Entscheidungsfindung, ob sie ein Leben lang zu einander passen. Es ist dies nicht nur ein logischer Schritt, sondern auch im Jüdischen Gesetz so festgelegt. Der Talmud verbietet dem Mann, eine Frau unbesehen zu heiraten, also ohne festgestellt zu haben, ob sie ihm gefällt. Auch muss die Frau über genügend Reife verfügen, nach eigenem Gutdünken ihren zukünftigen Ehemann auswählen zu können. Braut und Bräutigam müssen sich also vorher treffen, sich in der Gegenwart des potentiellen Partners behaglich fühlen und ihr volles Einverständnis zu einer ehelichen Bindung geben.
Wir sehen, dass nach Jüdischer Tradition die Verabredungen eine wichtige Rolle spielen. Diese Verabredungen sind eine absolut zielgerichtete Angelegenheit und sollten nicht zu einer belanglosen "Unterhaltung" missbraucht werden, - das wäre dem angehenden Kandidaten gegenüber unfair. Solche Verabredungen sind für reife Menschen im heiratsfähigen Alter gedacht, die ernsthaft auf der Suche nach einem Ehepartner sind.
Diese Einschränkungen haben nichts Altmodisches, sondern sind ein Schlüsselbestandteil für den Aufbaus eines stabilen ehelichen Bundes.
Sie werden finden, was Sie suchen (unter der Bedingung, dass...)
Das zentrale Thema eines solchen Treffens besteht im Herauszufinden, ob die gegenübersitzende Person die entsprechenden Qualitäten und Wertvorstellungen für ein glückliches und harmonisches Zusammenzuleben besitzt. Das Gelingen solcher Begegnungen ist eigentlich eine wahre Kunst: Es zwingt den Verstand, ein Gebiet zu kontrollieren, für welches bis anhin instinktiv das Herz zuständig war.
Daher sollte die Verabredung im Rahmen eines ausführlichen privaten Gesprächs stattfinden, der es beiden Seiten ermöglicht, Pläne und Ziele betreffend Beruf und Familie klar zu definieren. So ist z.B. ein Kino, abgesehen von den diese Institution mit sich bringenden halachischen Problemen, kein geeigneter Platz, um bezüglich des daneben sitzenden Partners eine vernünftige Entscheidung zu fällen. Ist der Verstand zu einem Entschluss gekommen, muss nun auch das Herz einverstanden sein. Wenn sich beide Kandidaten darüber einig sind, dass sie zusammenpassen, kann mit den Hochzeitsvorbereitungen begonnen werden.
Die seriöse und zielorientierte Kommunikation ist eine stabile Grundlage für die Ehe. Eine Ehe mit solch einer Basis hat gute Chancen, Stress und schwierige Bedingungen zu überstehen. Dies ist die jüdische Art und Weise einen Ehepartner zu suchen!
Derzeit sind die sozialen Einschränkungen bezüglich der Möglichkeiten für gegenseitige Anfreundung beider Geschlechter fast völlig aufgehoben. Viele Ehen beginnen als eine beiläufige Bekanntschaft: Zwei Leute beginnen ein oberflächliches Gespräch, die Hormone fangen an, die Führung zu übernehmen, und nach einem kurzen romantischen Anschmeicheln entscheiden sich dann bestenfalls die Verliebten, aufs Standesamt zu gehen. Der Brennpunkt dieser Begegnungen konzentriert sich auf körperliche Anziehung und romantische Fantasien, also weniger auf wirklichkeitsnahe Vereinbarkeit. "Die Liebe überwindet alles" ist ein gefährlicher Spruch und vielleicht eine der Hauptursachen für die hohe Scheidungsrate von offiziell über 50%.
Glücklicherweise scheinen in der letzten Zeit mehr Menschen auf die Weisheit der zielgerichteten Verabredungen zurückzugreifen und die gemeinsamen Werte und Interessen in den Vordergrund zu stellen. Gegenwärtig bieten verschiedene Organisationen ihren Kunden an, die geeigneten Partner anhand von speziellen Persönlichkeitstesten abzustimmen. Erwartungsgemäß haben diese Organisationen eine hohe Erfolgsrate.
Zusammenfassend kommen wir zu dem Schluss, dass gute Ergebnisse nur dann erzielt werden, wenn das Herz dem Verstand folgt, während umgekehrt, wenn der Verstand dem Herzen folgt, ziemlich katastrophale Resultate herauskommen.
Auf der Suche
"Die Guten sind schon vergeben" hören wir leider viel zu oft. Tausende Websites und Organisationen bieten Ledigen im allgemeinen und jüdischen Junggesellen im besonderen ihre Hilfe an, eine passende "bessere Hälfte" zu finden Das bestätigt die Schwierigkeiten bei der Partnersuche.
Sicher ist es ratsam, die Hilfe des Rabbiners in Anspruch zu nehmen, der natürlich auch als Schadchan (Verkuppler) "einspringen" kann. Die vielen Programme, Lesungen, Unterhaltungsabende für jüdische Junggesellen bieten Gelegenheit, einander zu treffen. Einerseits ist es zwar lobenswert, weil sie jüdische Kandidaten mit der bemerkenswerten Eigenschaft, jüdisch heiraten zu wollen, auf diese Art mit Gleichgesinnten zusammenbringt. Andererseits entsteht das Problem, dass bei Wahl jener Person, mit der sich der Heiratskandidat zu einem ausführlicheren Gespräch verabredet, seine Wahl ausschließlich durch die äußere Erscheinung erfolgt.
Bei einer "Verabredung auf jüdische Weise" muss die Rolle des Schadchans unbedingt erwähnt werden. Der ursprüngliche Schadchan verdiente seinen Lebensunterhalt durch die Provisionen für jede erfolgreiche "Zusammenfügung". Er bemühte sich auf seinem Rundgang von Stetel zu Stetel, potentielle Schwiegereltern von den Tugenden eines "Bocher" oder eines "Meidele" zu überzeugen und im Hinblick darauf, wie gut er oder sie zu ihrer Tochter oder ihrem Sohn passen würden.
Die Aufgabe des "Schadchans von heute" ist es, über ein Vorstellungsinterview die notwendigen Informationen über In-Frage-kommende Singles zu sammeln und dadurch zu entscheiden, wer zu wem passen könnte. Der Schadchan hat natürlich ein Interesse an der Heirat der Beiden, weshalb er sich bei Gemeindemitgliedern, Arbeitskollegen, Nachbarn, Freunden näher über ihn oder sie informiert. Auch sind Rabbiner zur Übernahme dieser Aufgabe bereit.
In orthodoxen Gemeinden mit ihren strengen Trennungsregeln lernen sich fast alle Paare über einen Schadchan kennen. Oft übernimmt auch ein Bruder, eine Schwester oder ein anderes Familienmitglied die Rolle des Schadchans.
Inzwischen gibt es Schadchanim, die sich mit nahezu allen Nuancen des Praktizierens innerhalb einer Jüdischen Gemeinde auskennen. Wenn Sie interessiert sind, kann Sie Ihr Rabbiner sicher mit einem professionellen Schadchan oder einer entsprechenden Organisation in Verbindung bringen. Es wird wie bei jeder Dienstleistung empfohlen, das Honorar des Schadchans von vorn herein abzuklären. Abgesehen davon, ist das korrekte Bezahlen des Schadchans ein erprobtes Mittel für eine harmonische Ehe.
Bitte keine unseriösen Angebote
Da in der westlichen Gesellschaft leider andere Normen Einzug gehalten haben, entstehen Fragen, wie z.B. Was ist, wenn Leute noch nicht heiraten wollen? Was sagt die Tora über sogenannte harmlose Treffen, oder über voreheliche intime Beziehungen? Wie steht die Tora überhaupt zu Unterhaltung oder Vergnügen außerhalb des ehelichen Kontextes?
Ein Einblick in die Kabbala der Sexualität wird etwas Licht hinter dieses heikle Thema bringen. Die Sexuelle Anziehung ist der Ausdruck eines G-ttlichen Verlangens der Seele, welches - wenn in die richtige Bahn geleitet - mit einem unermesslichen Potential verbunden ist. Es motiviert sogar eine egoistische Person plötzlich selbstlos zu werden. Die Partner werden zu Schöpfern dieses edlen Charakters, der alles zu tun bereit ist, was dem Gatten oder der Gattin Freude bereiten würde. Der Mensch wird dadurch Teil der Verwirklichung des G-ttlichen Planes, der auf dem Verlangen, jemandem eine wahre Freude zu bereiten, beruht. (Siehe Artikel "Heiraten – wozu?")
Auch mit der Sexualität ist der Umgang in einer sehr konstruktiven Weise jetzt möglich, und wenn nicht, chalila, kann sie in einer absolut zerstörerischen Weise missbraucht werden. Ein sehr demonstratives Beispiel dafür ist die Kernenergie, die einerseits die stärkste je auf der Erde hervorgebrachte Energiequelle ist, aber andererseits auch zur Basis ihrer zerstörerischsten Waffe wurde.
Außerhalb der Ehe ist Intimität auf die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse ausgerichtet und nicht so sehr auf die des Partners. Selbst wenn nur „damit 'er' seine Freude hat und mich nicht verlässt" oder "um 'sie' nicht zu enttäuschen" in die intime Beziehung eingewilligt wird, ist das Ziel, nicht allein zu sein. Verständlicherweise ist das kein idealer Grund für das Eingehen einer intimen Beziehung. Sexualität, die auf anderen Ziele als der Wiedervereinigung beider Seelen beruht, ist ein vulgärer Ausdruck des Körpers und hat nichts mit dem G-ttlichen Verlangen der Seele zu tun. Das kann sich sogar kontraproduktiv auf einen Menschen auswirken und ihn dazu veranlassen, die Sexualität nur mit negativen Assoziationen zu verbinden, anstatt ihm zu erlauben, die Intimität als eines der bedeutungsvollsten, spirituellen Erlebnisse des Menschen zu sehen.
Je weniger die Macht der Sexualität einer Seele missbraucht wurde, desto harmonischer kann die Ehe dieser Person werden. Daher beginnt das Bewahren der heiligen Dimension der Sexualität und der Ehe bereits lange vor der Heirat.
Diese "Annahme" wurde in Wirklichkeit statistisch bewiesen. Mariah Wojacz von LegalZoom.com, ein führender Rechtsberatungsdienst auf "online", schreibt: "Der höchste Risikofaktor für Scheidungen wird Sie vielleicht überraschen, weil er bis dahin als Weg gesehen wurde, durch den Stabilität und Sicherheit in die Beziehung kam: Paare, die vor der Hochzeit schon zusammenzogen, haben weit höhere Scheidungsraten, als Paare, die das nicht taten. Wie viel höher ist das Risiko? Einige Studien meinen, dass bei den Paaren, welche schon vor der Ehe zusammenlebten, die Scheidungsrate 85% beträgt."
Die Ehe ist also harmonischer, wenn keiner der beiden Eheleute den Gatten oder die Gattin mit früheren Intimpartnern vergleicht.
Es ist jedoch nie zu spät, zukünftig mit einer gesünderen Perspektive an die Sexualität heranzugehen.
"Sniusdike Vorsichtsmassnahmen"
Nach dem Jüdischen Gesetz (Halacha) sollten ein Mann und eine Frau, die nicht miteinander verheiratet sind, sich nie in einem privaten Raum, unter Ausschluss der Öffentlichkeit befinden. Unsere Weisen, die sich der Dynamik der starken Anziehung zwischen den beiden Geschlechtern sehr bewusst waren, sahen es für notwendig an, alle Situationen zu vermeiden, die zu Taten, die später bereut werden könnten, führen.
Daher ist der empfohlene Platz für so ein "Kennenlerntreffen" ein öffentlicher Platz, wie z.B. ein Restaurant, eine Hotelhalle, ein gut besuchter Park.
Wann heiraten?
Die Mizwa des Heiratens beginnt mit dem achtzehnten Lebensjahr. Das ist die Zeit, um sich auf die Suche nach einem Partner zu begeben. Seine Mizwa kann auf später aufgeschoben werden, wenn sich ein Mann noch etwas intensiver mit dem Tora-Lernen befassen will, bevor er sich im Stande fühlt, die finanziellen Verpflichtungen einer Ehe in Angriff zu nehmen.
Doch wie wichtig auch diese finanziellen Betrachtungen sein mögen, - nie dürfen wir vergessen, dass auch das Heiraten eine wichtige Mizwa und nicht – wie in der westlichen Gesellschaft - eine "Nebensache" ist.
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