Frage?

Ich liebe zwar das Erleben am Schabbat, besonders das Kerzenzünden und den Kiddusch, aber warum gibt es so viele Einschränkungen, z.B. nicht Auto fahren, keine Musik hören, keine Unterhaltungen am Telefon führen, nicht einmal seine E-Mail abrufen! Für mich klingt Schabbat mit allen diesen Einschränkungen eher wie ein Gefängnis, als ein Tag der Erholung. Warum konzentrieren wir uns nicht nur auf die schönen Bräuche und die erholsame Atmosphäre? Ich würde sehr gerne anfangen, auch Schabbat zu halten. Aber all diese Verbote, „mach dies nicht“ und „mach jenes nicht“, stoßen mich ab ...

Antwort!

Deine Frage erinnert mich an eine Unterhaltung, die ich kürzlich vor dem Schwimmunterricht meines Kindes hörte.

Der Schwimmlehrer hatte gerade zehn Minuten über Freuden und Gefahren des Schwimmens gesprochen und fragte: „Gibt es irgendwelche Fragen?“

Der zehnjährige Bobby erhob seine Hand und fragte: „Kann ich mit meinem Gameboy während des Schwimmens spielen?“

„Nein Bobby“ antwortete der Schwimmlehrer. „Wir dürfen keine elektronischen Geräte mit im Wasser nehmen.“

„Wie sieht es dann mit Scrabble aus? Das ist nicht elektronisch. Kann ich Scrabble spielen, während ich schwimme?“

„Nein Bobby. Ich denke, das ist unmöglich.“

„Kann ich meine neuen Cowboystiefel tragen?“

„Ich würde dir wirklich nicht empfehlen, Cowboystiefel während des Schwimmens zu tragen, Bobby.“

Und so ging es weiter. Bobby war enttäuscht, dass er während des Schwimmens weder sein Fahrrad fahren, Klavier spielen, die Garage streichen oder ein gegrilltes Käsesandwich essen kann. Schließlich gab er voller Verachtung auf: „Wer muss schon schwimmen lernen, wenn es so viele Einschränkungen gibt?!“

Bobby hatte sich mit seiner Feststellung lächerlich gemacht, denn Schwimmen ist keine Reihe von Verboten, sondern eine positive Aktivität. Es ist natürlich, dass all diejenigen Tätigkeiten aufgegeben werden müssen, die das Schwimmen behindern könnten.

„Ruhe“ klingt einfach, - ist es jedoch nicht. Er ist wahrscheinlich die unnatürlichste Tätigkeit im Universum Am Schabbat treten wir in einen Zustand von Ruhe und Erholung. Der Begriff „Ruhe“ klingt einfach, - ist es jedoch nicht. Er ist wahrscheinlich die unnatürlichste Tätigkeit, die es überhaupt gibt. Das Universum - die Existenz selbst - ist eine massive, immerwährend sich bewegende Maschine. Alles was in ihm enthalten ist, von Galaxien bis zum kleinsten Atom, ist in einem konstanten Zustand von Bewegung. Es dreht sich und vibriert, teilt sich und vermehrt sich, zersetzt sich und baut sich wieder auf. Es bewegt sich und strebt. Es gibt nicht den kleinsten Moment, in dem unser Herz nicht pumpt, unser Gehirn keine Signale sendet oder unsere Seele nach Höherem strebt. Sich sein Gehalt zu verdienen ist Arbeit, einen Haushalt zu führen ist Arbeit, Urlaub ist Arbeit. Ruhe? Die Tatsache allein, dass wir den Begriff von Ruhe auf uns beziehen können, ist ein Wunder für sich.

Es erzählten uns unsere Weisen, dass nach den sechs Tagen der Schöpfung die Welt sich in einem Zustand von Vollkommenheit fand. Alles war in ihr enthalten, bis auf ein Element. „Und was fehlte der Welt? Ruhe!“ Mit dem Kommen vom Schabbat kam Ruhe in die Welt. „Ruhe ist eine Schöpfung.“ Hätte G-tt nicht den siebten Tag geschaffen, gäbe es nicht so etwas wie „Ruhe“ in der Welt. Selbst jetzt ist Ruhe eine flüchtige Sache, die nur durch ein aktives Erleben am Schabbat erlangt werden kann.

Und um die Ruhe des Schabbat erfahren zu können, müssen wir jegliche Arbeit stoppen, - jegliche kreative Aktivität mit der Welt einstellen, z.B. auch kein Feld pflügen, denn das stellt eine aktive Einmischung in die Welt dar. Wer sich kreativ involviert, hat keine Ruhe.

Schwimmen kann ein sehr einschränkender Zustand sein, wenn wir nur darüber nachdenken, was wir alles nicht tun dürfen. Auch Schabbat kann auf den ersten Blick sehr einschränkend wirken. Doch wenn wir erst einmal die Cowboystiefel abgeschüttelt und all die Gedanken z.B. ans Klavier, das wir gerade nicht spielen können, aus unserem Bewusstsein ausgeblendet haben, dann beginnen wir die Ruhe zu spüren.