Der Schabbat nahte, und Abba Tachana war glücklich. Er hatte alles beschaffen können, was seine Familie brauchte, um den heiligen Tag zu einem Festtag zu machen. Seine Frau und seine Kinder warteten auf ihn. Er lief schneller. Der schwere Rucksack enthielt nicht nur Leckerbissen für den Schabbat, sondern auch vieles andere; denn Abba Tachana arbeitete außerhalb der Stadt und kam nur am Schabbat nach Hause.
Er hoffte, früh genug anzukommen, damit er sich gebührend auf den heiligen Tag vorbereiten konnte. Das tat er jede Woche.
Während ihm das alles durch den Kopf ging, sah er einen Mann vor Schmerzen stöhnend mitten auf der Straße liegen. Abba Tachana eilte zu ihm, und der Mann bat mit schwacher Stimme:
„Bitte, Rabbi, bringt mich nach Hause. Wenn Ihr mir nicht helft, sterbe ich gewiss vor Schmerzen und Hunger, denn ich kann mich nicht bewegen.“
Der arme Mann war von Kopf bis Fuß mit Wunden und Blutergüssen bedeckt. Abba Tachana überlegte. Er konnte keinesfalls seinen Rucksack und den Verletzten tragen.
„Wenn ich ihn nach Hause trage und meinen Rucksack zurücklasse“, dachte er, „werden meine Sachen vielleicht gestohlen und meine Familie hat nichts. Und wenn ich den Mann nach Hause bringe und dann meinen Rucksack hole, könnte es zu spät sein, das Essen für den Schabbat zu tragen, und meine Familie muss hungern. Aber wenn ich erst den Rucksack nach Hause bringe und dann zu diesem Mann zurückkehre, stirbt er womöglich, G-tt verhüte es.“
Er brauchte nur Sekunden für seine Entscheidung. Natürlich musste er zuerst den Verletzten nach Hause bringen. Er legte sein Bündel ab, lud den Mann behutsam über die Schultern und ging zu dessen Haus. Dort legte er den Mann ins Bett, und die Angehörigen kümmerten sich um ihn.
Dann lief Abba Tachana zur Straße zurück und fand zu seiner Freude den Rucksack dort, wo er ihn hingelegt hatte. Er dankte G-tt und eilte schnell nach Hause.
Als er sich der Stadt näherte, sah er viele Leute, die bereits ihr Schabbatgewand trugen. Er fragte sich: „Ist es etwa schon Schabbat?“
Die Leute starrten ihn an, und er las ihre Gedanken: „Warum trägt Abba Tachana noch seine Arbeitskleider und einen Rucksack?“
Er geriet in Panik. War es G-ttes Wille, dass er den Schabbat entweihte – zur Strafe dafür, dass er kostbare Zeit verloren hatte, um einem Menschen das Leben zu retten? War das nicht die höchste Mizwa von allen? Er schaute zum Horizont und bemerkte erleichtert, dass die Sonne noch nicht untergegangen war. Der Schabbat hatte noch nicht begonnen.
Er eilte nach Hause, badete, zog seine besten Kleider an und lief in die Synagoge – gerade noch rechtzeitig. Abba Tachana betete an diesem Schabbat mit besonderem Eifer, denn G-tt hatte ihm die Gnade gewährt, einen Juden retten und dennoch den heiligen Schabbat mit seiner Familie feiern zu dürfen.
ב"ה
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