Bekannt ist das Wunder des Krüglein reinen Öls: Die Götzen anbetenden griechischen Eroberer des Heiligen Landes waren, im Verein mit etlichen jüdischen Sympathisanten (diese wurden "Hellenisten" genannt, weil ihnen die griechische – hellenistische – Kultur sehr zusagte), in das Innere Heiligtum des Tempels eingedrungen und hatten das dort vorhandene Öl entweiht. Nach dem schließlichen Sieg der Hasmonäer wurde ein einziger kleiner Krug von Öl gefunden, der offensichtlich nicht von den Griechen angetastet worden war. Mit der darin enthaltenen Quantität von Öl, die an sich für einen Tag ausreichte, wurde die Menora wieder angezündet, und ein Wunder geschah: Das Öl hielt acht Tage lang an; bis neues Öl hergestellt werden konnte.

Chanukka ist das Fest in Erinnerung an jenen wunderbaren Sieg über die Griechen, der darin gipfelte, dass der Tempel gesäubert und neu eingeweiht werden konnte. Was war die "Geheimwaffen" der Hasmonäer, die es ihnen ermöglichte, eine so gewaltige Überzahl zu besiegen? Ihre "Geheimwaffe" war "Messirat Nefesch", das ist: Selbstaufopferung.

Es gehört zum Wesen all unserer Feiertage, dass wir aus Ereignissen aus der Vergangenheit, auf denen jedes Fest basiert, Lehren entnehmen und diese auf die heutige Zeit anwenden – also auf das tägliche Leben jedes Juden individuell wie auf die jüdische Gemeinschaft insgesamt. Wenn wir auf diese Weise nun die Lehre von Chanukka in Anwendung bringen, dann lassen sich mehrere Gesichtspunkte herausstellen.

Zuerst einmal sehen wir, dass unter gewissen Umständen sogar eine so heilige Stätte wie der Tempel verunreinigt werden kann, obwohl nach außen hin alles weiterhin unversehrt erscheint. Zweitens lernen wir, dass in einem derartigen Falle eine Säuberung und Neuweihung nur durch "Messirat Nefesch" möglich ist, durch eine aufopferungsvolle Entschlusskraft, den "Mächten der Dunkelheit" zu widerstehen, ohne dabei lange die wahrscheinlichen Überlebenschancen einzukalkulieren. Denn nachdem es keinen Kompromiss geben kann mit einem Feind, der darauf versessen ist, all dasjenige zu entweihen, das dem Judentum heilig ist, lässt sich nur eine einzige jüdische Antwort geben: Bedingungsloser Widerstand, wobei das Endresultat in G-ttes Hand liegt. Das Prinzip ist immer und zu allen Zeiten gültig geblieben: Wenn wir die "Geheimwaffe" von "Messirat Nefesch" besitzen, kann niemals ein Zweifel über den Ausgang der Schlacht bestehen.

Außerdem wird durch jene Ereignisse aus der Chanukka-Geschichte noch eine weitere Tatsache unterstrichen: Im jüdischen Leben steht jedes materielle Wohlbefinden in wechselseitiger Beziehung zum spirituellen Wohlbefinden. Anfänglich bestand damals die griechische Verfolgung in dem Versuch, die Juden die Tora vergessen zu lassen und sie dazu zu bringen, G-ttes Gebote zu übertreten (vgl. das "Al-Hanissim"-Gebet für Chanukka); bald aber folgte schon der Raub der materiellen Besitztümer der Juden – sowie auch ihrer Kinder. Dieselbe Verbindung zwischen dem physischen und dem geistigen Wohl zeigte sich später bei der Befreiung der Juden. Als diese, von den wenigen Hasmonäern so beeinflusst, allen Assimilationsversuchen unerschütterlichen Widerstand leisteten, half G-tt ihnen, sich ihrer Feinde zu entledigen; und damit retteten sie nicht nur ihre Seelen, sondern gleichfalls ihr Hab und Gut und ihre Kinder.

Heutzutage, wie schon so oft vorher, sehen sich diejenigen Juden, die ihrem väterlichen Erbe die Treue bewahren wollen, in die Minderheit getrieben und durch "Mächte der Dunkelheit" bedrängt, wie diese die Welt allgemein und die jüdische Welt im besonderen zu stürzen versuchen.

Heute sind unsere "Heiligtümer" das jüdische Heim, die Tora-Schule, die Synagoge. Auch diese sind gegen Entweihung nicht gefeit, und es bedarf derselben hasmonäischen Entschlossenheit, sie in Reinheit und Heiligkeit zu erhalten. Auch hier scheint die Gegenseite Übergewicht zu haben, aber mit G-ttes Hilfe können wir des Wunders versichert sein, dass die Schlacht gewonnen werden wird, auf materieller wie auf geistiger Ebene, genauso wie damals in den Tagen des ersten Chanukka.