Warum heißt es, Mosche habe die Tora vom Sinai erhalten, und nicht: „Mosche erhielt die Tora von G‑tt“?

Dies ist nach dem Midrasch zu erklären: Als G‑tt die Tora Israel geben wollte, versammelten sich die Berge und jeder rühmte sich der eigenen Vorzüge, auf dass auf ihm die Tora gegeben werde. Sagte G‑tt zu ihnen: „,Was erhebt ihr euch, höckerige Berge, diesen Berg (d.h. Sinai) hat sich G‑tt ersehen zu Seinem Niederlassen.‘ (Ps. 68:17) Euer Stolz macht euch zu ,höckerigen Bergen‘ und entzieht euch das Anrecht, dass die Tora auf euch gegeben werde. Der Berg Sinai aber, er ist der niedrigste aller Berge und auf ihm werde Ich die Tora geben.“

Daraus lernen wir, dass Selbstaufgabe und Demut unverzichtbare Bedingung für das Empfangen der Tora und ihr Studium sind. Das zeigt die Mischna mit ihrer Wortwahl: Der Empfang der Tora findet ausgerechnet am Berg Sinai statt – unter Selbstaufgabe und Demut.

Laut dem aber kann andersherum gefragt werden: Wenn Demut eine Vorbedingung ist, wozu überhaupt ein Berg, so niedrig er auch sein möge, und nicht ein Tal, wenigstens eine Ebene?

Die Antwort ist, dass der niedrige Berg einen Idealzustand darstellt: Grundsätzlich ist dem Menschen Demut geboten. Gleichzeitig sind Entschlossenheit, Standfestigkeit und Mut geboten, sobald es Hindernisse beim Erfüllen der Gebote gibt, wie zu Beginn des Schulchan Aruch festgehalten wird: „Und man schäme sich nicht der Spötter“ (Orach Chajim 1:1).

R. Menachem M. Schneerson