Der jüdische Kalender besteht aus Mondmonaten und Sonnenjahren. Da zwölf Mondmonate 354 Tage ergeben und Sonnenjahre 365 Tage, lösen wir diese Diskrepanz, indem wir alle zwei oder drei Jahre einen zusätzlichen Monat Adar hinzufügen. Das jüdische Schaltjahr hat daher 13 Monate.

Ein doppelter Monat Adar stellt uns vor das Dilemma, wann Purim gefeiert werden soll. Der Talmud kommt zu dem Schluss, dass Purim im zweiten Adar gefeiert wird. Der Grund: Die beiden Feiertage der Erlösung – Purim und das Pessach-Fest (das im Monat Nissan gefeiert wird, der unmittelbar auf Adar folgt) – sollten so nah wie möglich beieinander liegen.1

Nun gedenken wir zwar sowohl beim Purim- als auch beim Pessach-Fest bedeutsamer Ereignisse der g-ttlichen Befreiung, doch sind die jeweiligen Geschichten äußerst unterschiedlich. Während des ägyptischen Exils waren die Juden zu einem Dasein in der Sklaverei verurteilt und der Gnade eines bösen Tyrannen ausgeliefert. Ihr sozioökonomischer Status und ihre Moral hätten nicht niedriger sein können. Im Gegensatz dazu genossen die Juden im alten Persien Religionsfreiheit, Wohlstand und gesellschaftliche Akzeptanz, sodass sie sogar zur Teilnahme am königlichen Festmahl am Hof von König Achaschwerosch eingeladen wurden.

Obwohl unsere Vorfahren im Ägypten des Pharaos und im Persien des Haman von der Gefahr der Vernichtung bedroht waren, endet hier die Ähnlichkeit. Der Weg zur Befreiung war ein ganz anderer. Die Geschichte des Pessach-Festes ist voll von unglaublichen Wundern. Durch zehn Plagen und die Teilung des Meeres kam es zu einer schnellen und atemberaubenden Zerstörung Ägyptens. Die Hand G-ttes wurde von allen erkannt.

Die Megilla Esther hingegen kann als typische Palastintrige gelesen werden. Tatsächlich wird G-tt in der gesamten Schriftrolle kein einziges Mal erwähnt. Man könnte die Geschichte leicht als reinen Zufall interpretieren.

In Wahrheit ist das Purim-Wunder von großer Bedeutung, sogar im Vergleich zu den Wundern des Pessach-Festes. Am Pessach-Fest griff G-tt in die Naturgesetze ein, die er bei der Schöpfung aufgestellt hatte. Die Natur war ein Hindernis für die g-ttliche Offenbarung. Am Purimfest geschahen die g-ttlichen Wunder nahtlos innerhalb der Naturgesetze. Die natürliche Welt selbst spiegelte das G-ttliche wider. Es ist sozusagen eine größere „Leistung“, die Regeln der Natur zu nutzen, anstatt sie zu brechen.

Die Feier dieser beiden Feiertage in unmittelbarer Nähe zueinander unterstreicht, dass Wunder sowohl außerhalb als auch innerhalb der Natur Anerkennung und Dankbarkeit verdienen. Öffnen wir unsere Augen für die Wunder, die ständig um uns herum geschehen. Und seien wir dankbar.