Es gibt Rabbiner, die glauben, dass ihr Job viel einfacher wäre, wenn sie G-ttes Existenz beweisen könnten. In Wahrheit sollten sie dankbar sein, denn könnten sie Seine Existenz beweisen, hätten sie das Judentum widerlegt, was ihre Arbeit ernsthaft in Frage stellen würde.

Was ist ein Beweis? Es gibt zwei Arten von Beweis, die in der Wissenschaft und Philosophie anerkannt sind. Einen nennt man „deduktiv“, den anderen nennt man „induktiv“. Deduktiver Beweis wird in der Mathematik und in formaler Logik verwendet, während induktiver Beweis verwendet wird, um unser Wissen über die Welt zu beeinflussen.

Deduktiver Beweis ist eine Schlussfolgerung die aus zwei Prämissen abgeleitet wird, welche beide als wahr gelten. Es hat gar nichts damit zu tun, ob die Prämissen selbst wirklich wahr sind. Das Wichtige ist, dass die Prämissen für wahr gehalten werden. Dann folgt ein logischer Schluss. Deduktiver Beweis benötigt keinerlei schickes Labor-Equipment oder Untersuchungen in der Welt.

Alles was du zu tun hast, ist: zu denken. Zum Beispiel, wenn es stimmt, dass, wann immer es Wolken gibt, es jedenfalls regnen wird, und heute ist ein bewölkter Tag, so folgt daraus notwendigerweise dass es heute regnen wird.

Induktiver Beweis benötigt Untersuchungen, um die Richtigkeit gewisser Annahmen über die Welt zu beweisen. Zum Beispiel, wenn du meinst, dass es morgen regnen wird, so ist der induktive Beweis dieser Wettervorhersage der Regen, der morgen fällt, den du mit deinen eigenen Augen sehen kannst. In ähnlicher Weise wurde Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie, die 1916 erstellt wurde, nicht vor 1919 bewiesen, als eine der Vorhersagen jener Theorie zum ersten Mal beobachtet wurden.

Im Lichte dieser Grundsätze muss ein wissenschaftlicher Beweis entweder ein Lehrsatz beziehungsweise eine Formel sein, die deduktive Logik verwendet, oder eine Feststellung über die Welt, die mittels induktiver Logik durch etwas bewiesen wird, das du sehen, hören oder betasten kannst.

Im Judentum ist G-tt weder ein Lehrsatz der Mathematik oder Logik, noch eine Sache, die du mit deinen Augen sehen oder deinen Händen fühlen kannst. G-tt ist nicht eine Sache in der Welt, er ist über der Welt.

Daher hättest du das Judentum widerlegt, könntest du G-tt beweisen. Würdest du etwas anbeten, das du sehen oder berühren kannst, so betetest du nicht zu G-tt, sondern zu einem Götzenbild (siehe die zehn Gebote).

Da es also keinen wissenschaftlichen Weg gibt, G-tt zu beweisen, könnte man meinen, dass Glaube an G-tt irrational wäre. Tatsächlich sind die meisten unserer grundlegenden Annahmen über die Welt nicht beweisbar, nicht deduktiv und nicht induktiv, und gelten doch als rational. Zum Beispiel, das „Prinzip der Induktion“ – dass die Zukunft entlang derselben Linie verlaufen wird wie die Vergangenheit, oder das „Prinzip der Ursache“ - dass jedes Ereignis eine Ursache hat, sind weder durch Logik noch empirischen Nachweis beweisbar. Jedoch würde ich eines dieser Prinzipien in Abrede stellen, würden mich alle, die das lesen, für irrational halten.

Diejenigen, die darauf bestehen, G-tt zu beweisen, bestehen auf etwas, das niemand bieten kann. Also können unsere Rabbiner ihre Jobs behalten, denn gemäß der jüdischen Lehre ist der unendliche G-tt nicht in eine mathematische Formel pressbar, noch ableitbar durch unsere physischen Sinne.

Es war einmal ein hochbegabtes Mädchen, das bereits sehr jung rechnen konnte. Ihre Eltern sahen ein grosses Potential und stellten eine Lehrerin an. Sie lernte kompliziertere Mathematik, doch sie wollte noch mehr. Sie sagte zu ihrer Lehrerin: „Ich möchte Geometrie lernen. Ich habe gehört, dass du Dinge beweisen kannst.“ Die Lehrerin begann, ihr die Grundlagen zu erklären. „Moment,“ sagte das Mädchen, „ich will nicht nur lernen, wie drei Linien ein Dreieck formen, ich will es beweisen.“ Die Lehrerin antwortete: „Ich kann dich die Prinzipien nur lehren. Aufbauend auf ihnen, wirst du Dinge beweisen können. Aber du kannst nicht die grundlegenden Prinzipien beweisen. Sie sind einfach da.“