"In jener Nacht entfloh des Königs Schlaf ..." (6:1)

Der Midrasch legt diesen Vers folgendermaßen aus: "Der Schlaf des Königs der Welt entfloh."

Das gegenwärtige Exil,der Zustand geistiger Entwurzelung und Heimatlosigkeit als Folge der Zerstörung des Tempels, wird als "Nacht", eine Periode geistiger Umnachtung, bezeichnet. Es ist dies auch eine Ära in der die Welt sozusagen in einen tiefen Schlaf versunken ist.

Während des Schlafens lockert sich die Verbindung von Leib und Seele. Die höher entwickelten Fähigkeiten wie denken, sehen, hören und sprechen werden dabei eingeschränkt. Weniger geistige Fähigkeiten z.B. das Verdauungssystem hingegen funktionieren im Schlaf sogar noch besser. Dies ist selbstverständlich nur eine oberflächliche Zustandsbeschreibung des Schlafes, wie er sich dem Schlafenden und dem Beobachter darstellt. In Wirklichkeit erneuert und stärkt der Schlaf die Verbindung von Leib und Seele.

Demzufolge Iäßt sich das gegenwärtige Exil als eine Zeit beschreiben in der Haschem gleichermaßen "schläft". Unsere Weisen lehren, "daß so wie die Seele den Körper erfüllt, Haschem die Welt anfüllt." Das Exil ist eine Zeit in der der Fluss der g-ttlichen Energie in unsere Welt nur vermindert und verzerrt wahrgenommen werden kann. Haschem erscheint uns fern und unbeteiligt: gute Menschen leiden, während es den schlechten gut geht. Der tiefere Zweck des Exils lässt sich durch den Schleier des g-ttlichen "Schlafes" nicht ausmachen.

Dies entspricht den Verhältnissen während der ersten fünf Kapitel des Buches Esther.

"In jener Nacht" aber entfloh der Schlaf des Königs der Welt und die g-ttliche Vorsehung erwachte zum Schutz des jüdischen Volkes.

(Die chassidischen Meister)