Einmal lebte in einem Dorf eine fromme jüdische Familie mit fünf lebhaften Kindern. Sie wären glücklich gewesen; aber sie waren arm, und eines Tages waren nicht einmal mehr Brotkrümel im Haus. Verzweifelt ging die Frau zu ihrem Mann und sagte: „Geh in die Stadt und versuche, dir etwas Geld zu borgen, damit du Brot für die Kinder kaufen kannst.“
„Du weißt, ich habe weder Freunde noch Verwandte in der Stadt“, erwiderte der Mann. „Soll ich etwa auf der Straße betteln? Nur G-tt kann uns helfen.“ Die Frau antwortete nicht; doch als die hungrigen Kinder zu weinen begannen, ging sie wieder zu ihrem Mann und sagte: „Bitte geh in die Stadt. Vielleicht kannst du dort ein wenig Geld verdienen. G-tt findet immer einen Weg, Wunder zu wirken.“
Also ging der Mann in die Stadt, und als er dort ankam, betete er: „Herr des Universums, du sorgst für alle Geschöpfe auf Erden. Hast du nichts für meine armen, hungrigen Kinder übrig? Bitte hilf mir in meiner Not!“ Seine Tränen wurden im Himmel gesehen, und einen Augenblick später sprach ihn ein Fremder mit ruhiger Stimme an: „Was fehlt dir? Warum weinst du?“
Der Mann schüttete dem Fremden sein Herz aus. Dieser beruhigte ihn: „Verzweifle nicht. Verkaufe mich auf dem Markt als Sklave. Mit dem Geld, das du für mich bekommst, kannst du kaufen, was du brauchst.“ Der Mann war verdutzt. „Wie könnte ich dieses Opfer annehmen? Und wer würde einem armen Bauern glauben, dass ihm ein so stattlicher Sklave gehört?“
„Keine Sorge“, erwiderte der Fremde. „Wir tauschen die Kleider. Und mein Opfer braucht dich nicht zu bekümmern. Ich bin Baumeister und werde nicht lange Sklave bleiben. Ich bitte nur darum, dass du mich an den Mann verkaufst, den ich dir zeige, und dass du mir eine Goldmünze vom Kaufpreis gibst.“ Also gingen sie auf den Marktplatz. Der Fremde trug jetzt die Kleidung des Armen. Als sich eine prächtige Kutsche näherte, zwinkerte der „Sklave“ seinem „Herrn“ zu, denn er wollte an den Besitzer des Gefährts verkauft werden. Der Verkauf glückte, und der Arme gab seinem ehemaligen „Sklaven“ eine Münze. Der nahm sie und gab sie mit den Worten zurück: „Behalte sie als Glücksmünze. G-tt segne dich und deine Familie mit Wohlstand und schenke deinen Kindern viel Freude!“ Der Mann kehrte nach Hause zurück, und die Familie freute sich über die vielen Speisen und Kleider, die er mitbrachte. Sie hatten fast vergessen, dass es so etwas gab!
Der Sklave wurde inzwischen als Geschenk für den König in den Palast gebracht. Als der König ihn nach seinem Beruf fragte, sagte er: „Ich bin Baumeister.“ Der König freute sich sehr darüber, denn er wollte einen herrlichen neuen Palast bauen, hatte aber keinen Architekten gefunden. Nun sollte der Sklave das Schloss errichten. Er durfte das Gold und Silber des Königs verwenden und so viele Arbeiter einstellen, wie er brauchte. „Wenn du den Palast innerhalb von sechs Monaten baust und ich zufrieden bin, wirst du reich belohnt und erhältst deine Freiheit“, versprach der König. Am selben Abend betete der Sklave – er war Elijahu, der Prophet – zu G-tt und bat ihn, seine Engel zu senden, damit sie den Palast bauten. Sein Gebet wurde erhört, und in der gleichen Nacht war das Schloss in all seiner Pracht und Herrlichkeit fertig. Als der König erwachte und das Wunder sah, traute er seinen Augen nicht. Er eilte herbei, untersuchte jeden Winkel des neuen Palastes, spazierte durch die wunderschönen Gärten und bestaunte die elegant möblierten Räume. Dann kehrte er in seine alte Residenz zurück und ließ den Sklaven rufen. Aber der war verschwunden.
Der Jude war durch den Verkauf seines „Sklaven“ reich geworden. Aber der Gedanke an das Schicksal seines Wohltäters plagte ihn jeden Tag. Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er dem gütigen Mann erlaubt hatte, sich für ihn zu opfern. Eines Tages, als er über den Markt ging, sah er den Mann auf sich zukommen. Er eilte zu ihm und umarmte ihn herzlich. „Wie ist es dir ergangen, mein Freund? Ich habe mir solche Sorgen gemacht!“
Der Mann lächelte. „Wie ich dir sagte, war ich nicht lange Sklave.“ Dann erzählte er, dass man ihn dem König geschenkt hatte, dass er für diesen einen neuen Palast gebaut hatte und zum Lohn dafür freigelassen worden war. Elijahu segnete den Juden und ermahnte ihn, immer gut zu den Armen zu sein, seine Nächsten zu lieben und demütig vor G-tt zu bleiben. „Wenn du das tust und deine Kinder in diesem Sinne erziehst, wird dein Reichtum dich und deine Nachkommen nicht verlassen.“ Als der Jude dem Mann danken wollte, schien dieser mit der Umgebung zu verschmelzen und verschwand.

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