Der Gesichtsausdruck des Augenarztes erzählte nichts Gutes. „Die Verletzung am Auge sieht sehr ernst aus. Ich rate Ihnen, sich dringend beim Augenexperte, Doktor Steven Felden, untersuchen zu lassen“, sagte er.
Dies geschah im August 1982 in Long Beach in Kalifornien. Eines Morgens stieg der Chirurg, Doktor Leib Lowitsch aus seinem Bett, und ging im Dunkeln zur Schrankkammer, um sich ein Gewand zu holen. Er vermied es das Licht anzumachen, um seine Frau nicht zu wecken. Auf einmal wurde das gesamte Haus von einem Schrei aufgeweckt. Doktor Leibs Frau erwachte erschrocken. Ihr Mann war gegen eine lange Holzstange gegangen, und die Stangenspitze hatte sein Auge sehr ernst getroffen. Sie eilten zum Arzt, und dieser riet ihnen, sich an die Klinik von Doktor Felden, welche sich im Gesundheitszentrum Doheny Eye Institute in Los Angeles befand, zu wenden. Die Untersuchung des Experten stellte fest, dass der Augenmuskel von Doktor Lowitsch verletzt wurde. Dadurch verdrehte sich der Glaskörper, sodass die Pupille einen falschen Winkel einnahm. Doktor Felden schlug dem Patienten vor, sein Auge operieren zu lassen. Der Eingriff würde zwar das Auge nicht heilen, jedoch könnte er dabei helfen, genauere Behandlungsmethoden zu finden.
Die Beschädigung des Auges kam für Doktor Lowitsch wortwörtlich ungelegen. Er befand sich inmitten einer fachlichen Ausbildung auf einem der Chirugie-Gebiete. Um als Arzt operieren zu können, benötigte er zwei gesunde Augen. Seit der Verletzung hatte er seine Arbeit unterbrochen, und nun fürchtete er, seinen Job aufgeben zu müssen.
Nachdem sich Doktor Lowitsch mit weiteren Experten beraten hatte, beschloss er, die Operation durchführen zu lassen. Doch da gedachte er einer Bekanntschaft mit einem Chabad-Chassid, welche schon viele Jahre zurücklag. Damals sagte ihm jener Bekannte, dass er bei jedem wichtigen Schritt im Leben den Segen des Lubawitscher Rebben erbitten sollte. Doktor Lowitsch kontaktierte seinen alten Bekannten, um mit ihm einen Brief an den Rebben zu verfassen.
Im Rückschreiben segnete der Rebbe Doktor Lowitsch, und die Operation wurde durchgeführt. Die Diagnose, welche die Operation zeigte, brachte Neuigkeiten, eine Gute und eine weniger Gute. Dr. Felden erklärte, dass der Glaskörper und der Augenmuskel an sich nicht beschädigt wurden, aber es bestand keine Möglichkeit, den Glaskörper auf seinen richtigen Platz zurück zu drehen. Dr. Felden schlug als vorübergehende Lösung eine Prismenbrille vor, welche die Lichtwinkel an das beschädigte Auge anpasst. Die Augengläser wurden bestellt, doch Dr. Lowitsch setzte sie ungern auf. Sie waren unangenehm zu tragen und stellten keine Lösung für die Fortsetzung seiner Arbeit dar.
Doktor Lowitsch war nie zuvor derart frustriert, und er empfand großes Bedürfnis, sich wieder an den Rebben zu wenden. Er rief beim Sekretariat des Rebben an und schilderte seine Notlage, und dass er kurz davorstand, seine berufliche Karriere zu verlieren. Der Sekretär notierte sich die Einzelheiten und versprach, dass er seine Bitte an den Rebben weiterleiten werde.
Am nächsten Tag erhielt Doktor Lowitsch einen Anruf vom Sekretariat des Rebben. „Der Rebbe bat darum, Sie zu fragen, ob Sie darauf achten, den Kiddusch- und Hawdalasegen über Rotwein zu sprechen“, sagte der Sekretär. Doktor Lowitsch antwortete, dass er darauf keinen besonderen Wert legte. Manchmal verwendete er Weißwein, Rotwein, und ab und zu sogar Traubensaft. „Dann beginnen Sie von nun an darauf zu achten, für Kiddusch und Hawdala ausschließlich Rotwein zu verwenden“, sagte der Sekretär im Namen des Rebben.
Am kommenden Schabbat erfüllte Doktor Lowitsch die Anweisung des Rebben. Am Tag darauf empfand er ein seltsames und unerklärliches Gefühl in seinem Auge. Es erwachten neue Hoffnungen in ihm, und er wartete bereits ungeduldig auf den nächsten Schabbat. Er sprach den Kiddusch und die Hawdala wieder auf Rotwein, und die Besserung traf tatsächlich ein! Seine Sehkraft auf dem verletzten Auge verbesserte sich, und zu bestimmten Zeiten während des Tages gelang es ihm ohne die umständliche Prismenbrille klar zu sehen. Der Zustand seines Auges verbesserte sich von Tag zu Tag, und nach dem vierten Schabbat war es vollkommen verheilt! Doktor Lowitsch war überglücklich. Er fühlte, dass außer der Sehkraft, welche wieder vollständig zurückkehrte, auch seine „spirituellen Augen“ geöffnet wurden. Binnen weniger Tage kehrte er zu seiner alltäglichen Arbeit zurück, wie vor der Verletzung.
Doktor Lowitsch rief seinen Kollegen Doktor Felden an, und erzählte ihm aufgeregt, dass er mit seinen beiden Augen wieder ausgezeichnet sehen konnte. Doktor Felden war fassungslos. Dies sei unmöglich, sagte er und bat Doktor Lowitsch darum, sein Auge bei ihm untersuchen zu lassen. Dem Experten hatte es die Sprache verschlagen, als er sah, dass Doktor Lowitschs Auge kerngesund war. Wieder und wieder verglich er seine Augen mit den früheren Befunden; er war zutiefst erstaunt. Doktor Lowitsch erzählte dem Experten, dass er sich an den Lubawitscher Rebben wandte, und dieser ihm anordnete, den Kiddusch und die Hawdala ausschließlich über Rotwein zu sprechen. Weder Dr. Felden, noch Doktor Lowitsch begriffen im Geringsten den Zusammenhang der Dinge. Erst einige Zeit später stieß Dr. Lowitsch auf eine talmudische Quelle, in welcher geschrieben steht, dass grobe Schritte dem Menschen ein fünfhundertstel seines Augenlichts nehmen, und dieser Bruchteil der Sehkraft durch den Kiddusch am Schabbat zurückkehrt. Er fand auch heraus, dass man besonderen Wert darauf legen sollte, den Kiddusch auf Rotwein zu sprechen. Doch eines war Dr. Lowitsch vor allem klar: Nicht der Rotwein allein hatte ihm seine Sehkraft wieder verliehen, sondern der Segen des Rebben, welchen er in dem Kidduschwein verschleierte.
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