Aufgeregt betraten sie den Raum. Ein Treffen mit dem Lubawitscher Rebben, die Jechidut, war für jeden Chassid ein besonderes Ereignis. Umso mehr für ein Brautpaar, kurz vor seiner Hochzeit. Das Treffen ereignete sich im Jahre 5717 (1957). Rabbi Meschulam Weiss, heutzutage der Schaliach (des Lubawitscher Rebben Gesandter) in Miami, und seine Braut Elaine, waren ehrfurchterfüllt. Meschulam übergab dem Rebben einen Zettel mit der Bitte um einen Segen. Der Rebbe sah den Zettel an und fragte: „Versteht ihr Jiddisch?“. Meschulam bejahte, während seine Braut meinte, dass sie zwar Jiddisch verstehe, aber lieber auf Englisch antworten würde. „Wenn das so ist“, sagte der Rebbe, „dann werde ich mit dem Bräutigam auf Jiddisch und mit der Braut auf Englisch sprechen“. Plötzlich brach die Braut in Tränen aus. Sie sagte: „Kann der Rebbe den Bräutigam bitten, den Raum zu verlassen? Ich möchte mit dem Rebben sprechen, wenn er nicht anwesend ist.“ Meschulam war verwundert. Der Rebbe blickte ihn an, und er ging aus dem Zimmer. Der Sekretär des Rebben, Rabbi Leib Groner, war erstaunt. „Was soll ich machen?“, entschuldigte sich der Bräutigam, „so wollte es die Braut“.
Der Bräutigam wartete etwa 20 Minuten. Obwohl die Türe nicht verschlossen war, konnte er das Gespräch nicht mit anhören. Schließlich kam die Braut hinaus und sagte, dass der Rebbe ihn wieder hineinbitten würde. Der Rebbe gab ihnen einen freundlichen Segen für die bevorstehende Hochzeit. Danach trennten sich Braut und Bräutigam und sahen sich bis zur Hochzeit nicht wieder.
Gleich nach der Chuppa, als die beiden alleine waren, waren die ersten Worte des Bräutigams: „Über was hast Du zwanzig Minuten lang mit dem Rebben gesprochen?“ Die Braut antwortete: „Ich hoffe, dass Du mir nicht böse bist… Ich sagte dem Rebben, dass ich die Hochzeit annullieren möchte“.
„Die Hochzeit annullieren?“, fragte der Bräutigam verdutzt. „Ja“, antwortete sie. „Ich sagte dem Rebben, dass ich ein schweres Temperament hätte. Ich bin ungeduldig und werde schnell zornig. Bis jetzt hast Du es noch nicht bemerkt. Doch mir war klar, dass Du kurze Zeit nach unserer Hochzeit bemerken würdest, dass Du einen Fehler gemacht hast. Die Ehe wäre zur Qual geworden und wir hätten uns wieder scheiden lassen. Es war mir lieber, überhaupt nicht zu heiraten, als so etwas durchmachen zu müssen.“
„Und was sagte der Rebbe?“, fragte der schockierte Bräutigam. „Der Rebbe lächelte“, sagte die Braut, „und sagte mir in Englisch: Haschem wird euch mit vielen Kindern segnen, und sie werden Dir beibringen, geduldig zu sein. Daher musst Du die Hochzeit nicht annullieren. Und bis Dein erstes Kind auf die Welt kommen wird, solltest Du freiwillig in einem Krankenhaus mithelfen, am besten in einem Kinderspital. Dies wird Dir die notwendige Geduld lehren und Dein Temperament beruhigen.“
Eine längere Zeit ging vorüber, doch keine Schwangerschaft trat ein. Die Frau begann, sich sorgen zu machen und ging mit ihrem Mann zu einem Experten in Miami, ihrer Heimatstadt. Nach Abschluss der Untersuchungen saß der Arzt mit einem sauren Gesichtsausdruck vor ihnen. „Seht her“, sagte er, „ich habe eine schlechte Nachricht für euch. Die Frau leidet an einem schweren physiologischen Problem, welches eine Schwangerschaft unmöglich macht. Sie kann nie Kinder haben. Ihr müsst euch damit abfinden.“ Die harten Worte trafen sie schwer. Zerbrochen verließen sie den Arzt. Der Mann wollte seine Frau bestärken: „Er ist nicht der einzige Arzt in der Stadt. Gehen wir zu einem anderen Experten, um eine zweite Meinung einzuholen.“
Sie machten einen Termin bei einem zweiten Arzt aus, doch auch dieser bestätigte die Diagnose. „In eurem Fall kann man nichts mehr tun.“ Als sie nach Hause kamen, rief Meschulam den Sekretär des Rebben, Rabbi Leib Groner, an. „Bitte richte dem Rebben aus, was die Ärzte gesagt haben und bitte ihn um einen Segen“, sagte er.
Es verging kaum ein Monat und die Frau wurde schwanger. Nach neun Monaten gebar sie einen Sohn, Mordechai. Der Geburtshelfer war der zweite Arzt, der die Diagnose des ersten Arztes bestätigt hatte. Derselbe Arzt half bei allen 15 (!) Geburten der Familie Weiss mit.
Als Frau Weiss etwa Mitte Vierzig war, ging sie zu einer Routineuntersuchung. Der Arzt führte die Untersuchungen durch und meinte dann: „Sie müssen sicherlich sehr enttäuscht sein.“
„Enttäuscht? Worüber?“, fragte Frau Weiss. „Ich weiß, dass orthodoxe Juden sehr danach streben, Kinder zu haben. Meine Untersuchungen haben ergeben, dass Sie ein medizinisches Problem haben, welches eine Schwangerschaft unmöglich macht. Es muss für Sie sehr enttäuschend sein, in ihrem Alter keine Kinder zu haben“. Frau Weiss lächelte, ohne zu reagieren. Als sie den Arzt verließ, fing sie an zu lachen. Sie erzählte ihrem Mann, was der Arzt gesagt hatte und beide lachten gemeinsam. „Wie erklärst Du Dir das?“, fragte die Frau. „Es ist ganz einfach“, meinte er. „Der Rebbe hat Dir doch vor der Hochzeit einen Segen gegeben, dass Haschem Dich mit vielen Kindern segnen wird. Deswegen konntest Du diese Kinder der Natur zum Trotz gebären. Dank seinem Segen!“
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