Zum Chanukkafest gehört seit Jahrhunderten das Dreidelspiel. Doch Mathematiker haben herausgefunden, dass es bei diesem traditionellen Zeitvertreib nicht fair zugeht.

Der Dreidel ist ein Kreisel mit vier Seiten, die mit den hebräischen Buchstaben Nun, Gimel, Hej und Schin beschriftet sind. Am Dreidel können beliebig viele Personen teilnehmen. Jeder Spieler setzt eine Münze, und die Spieler drehen bis zum vereinbarten Ende abwechselnd den Kreisel.

Bei jeder Drehung sind die vier möglichen Ergebnisse wahrscheinlich: Liegt der Buchstabe Nun (N) oben, gewinnt man nichts, und der nächste Spieler ist an der Reihe. Liegt Gimmel (G) oben, gewinnt man alles und jeder stellt einen neuen Einsatz. Liegt Hej (H) oben, gewinnt man die Hälfte des Pots. Liegt Schin (S) oben, muss man etwas in den Pot einbezahlen.

1976 bewies Robert Feinerman vom Herbert H. Lehmann College in New York, dass der zu erwartende Gewinn für den ersten Spieler höher ist als für den zweiten Spieler und für diesen wiederum höher als für den dritten Spieler. Jeder Spieler hat also einen unfairen Vorteil gegenüber dem nächsten. „Diese Unfairness wird noch gesteigert, wenn eine Stoppregel angewendet wird, die nicht garantiert, dass jeder Spieler gleich oft an die Reihe kommt“, merkt Feinerman an. Er leitet folgende Formel her, um den zu erwartenden Gewinn bei der n-ten Drehung mit N Spielern zu berechnen: N/4+[(5/8)^(N-1)][(N-2)/8].

Vor einigen Jahren nun fand Felicia Moss Trachtenberg, damals Mathematikstudentin am Massachusetts Institute of Technology (MIT), in Erweiterung der Ergebnisse von Feinerman eine Methode, wie sich das Spiel fair gestalten lässt. Der Schlüssel liegt darin, den Einsatzbetrag a, den jeder Spieler zu Beginn des Spieles oder nach einem G zahlt, zu ändern, ebenso den Strafbetrag p für ein S. „Das modifizierte Dreidelspiel ist genau dann fair, wenn p/a=N/2, wobei N die Anzahl der Spieler ist“, so Trachtenberg. Bei vier Spielern und einem Einsatz von einer Münze müsste die Strafe also zwei Münzen betragen.

Dieses Verhältnis wird verständlich, wenn man folgendes bedenkt: Wenn der erste Spieler dreht, befindet sich ein Betrag Na im Pot. Die möglichen Gewinne sind je nach Ergebnis 0, Na, Na/2 und –p. Damit das Spiel für den zweiten Spieler fair ist, muss der zu erwartende Gewinn zwischen der ersten und der zweiten Drehung konstant bleiben, und das ist nur der Fall, wenn das Verhältnis p/a=N/2 bestehen bleibt. In den Standardversionen dagegen ist das Verhältnis p/a kleiner als N/2, was dem ersten Spieler einen Vorteil verschafft. Man kann auch dem letzten Spieler einen Vorteil verschaffen, indem man ein Verhältnis größer als N/2 wählt.

Trachtenberg studiert zur Zeit Statistik an der Universität Illinois. In der Kurzbiografie, die zu ihrem Artikel im College Mathematics Journal erschien, heißt es: „In Zukunft möchte Felicia beim Dreidelspiel gewinnen, vor allem gegen ihren Mann Ari, der als passionierter Dreidelspieler bekannt ist.“ Die mathematische Formel dafür hat sie nicht verraten.

Quellen:
Robert Feinerman: An ancient unfair game.
American Mathematical Monthly 83
(Oktober 1976), S. 623 – 625.
Felicia Moss Trachtenberg: The game of dreidel made fair. College Mathematics Journal 27 (September 1996), S. 278 – 281.