Nach einer alten Überlieferung gibt es in jeder Generation einen Zaddik, der über allen anderen steht und der das Herz all jener ist, die auf der Erde leben. Wenn einer geht, übernimmt ein anderer diese Aufgabe. Der Zaddik ist der Kanal, durch den alles Leben von G-tt zur Schöpfung und zu all ihren Geschöpfen fließt. Er oder sie ist der Sitz des Überbewußtseins des Geistes und der Seele aller Geschöpfe. Der Zaddik ist wir, und wir sind der Zaddik, und im Zaddik sind wir eins. Das spüre ich aus dem Bauch heraus, intuitiv: Der Rebbe war das Herz der «Baby-Boomer-Generation» und all jener, die in dieser Zeit geboren wurden.

Manchmal betrachte ich das Gesicht des Rebbe und denke: «Das ist mein Herz? Aber wir sind doch so weit voneinander entfernt! Seine Welt, meine Welt ... ich bin er, und er ist ich? Wenn er mein eigenes Herz ist, warum fühle ich mich ihm gegenüber dann so fremd?»

Andererseits - spüren wir, wie unser Herz in uns schlägt? Die meisten Menschen werden mit «nein» antworten, sie fühlen ihr Herz nicht und können es auch nicht, es sei denn, daß sie irgendwo den Puls spüren. Ist das nicht absurd: Unser gesamter Körper pulsiert unablässig in jedem Glied und jedem Organ mit der unnachgiebigen Kraft des Herzens - und wir sagen, daß wir das Herz nicht fühlen? Es ist uns einfach so nah, wir sind so sehr eins damit, wir es nicht spüren, ähnlich, wie wir unsere eigene Nase vor uns nicht sehen. Alles Geschehen in Körper und Geist spiegelt die Nuancen des Herzschlags und des lebensspendenden Blutes wider, das durch uns strömt.

Unsere ganze Suche nach einer höheren Erfüllung, unsere ganze Ablehnung der etablierten Ordnung, unser Warten auf das «Wassermann-Zeitalter» oder das «New Age» - all das ist ein Ausdruck des Lebensflusses, der vom Zaddik zu uns strömt. Der Zaddik bereitet allerdings kein «Wassermannzeitalter» oder gar ein «New Age» vor, sondern das messianische Zeitalter. Und dieser Lebensfluß des Zaddiks strömt immer noch, weil er immer noch hier bei uns ist.

«Denn das Land wird voll Erkenntnis des Herrn sein, wie Wasser das Meer bedeckt.» Jesaja

Das sind die Wasser des Lebens für alle Dinge.

Jetzt leben wir auf einem trockenen Land, wo wir uns von unserer Lebensquelle getrennt fühlen. Dann aber werden wir die Geschöpfe des Meeres sein, so verbunden mit der Quelle des Lebens, daß es nichts mehr geben wird, was zwischen den Geschöpfen und dem Schöpfer unterscheidet.


Manche Menschen fürchten sich vor dem Neuen Zeitalter. Sie überlegen sich: «Was wird aus meiner Karriere? Mein ganzer Lebensstil muß sich dann ändern! Was wird mit meinen Bekanntschaften und Beziehungen, die ich mir ein ganzes Leben lang mühevoll aufgebaut habe? Und was wird aus meinem irdischen Besitz, aus meiner Altersversorgung, meinen Geldanlagen? Ob sie mir wohl mein Auto wegnehmen?»

Selbst diese Menschen haben nichts zu befürchten. Das Zeitalter des Moschiach wird nicht alles auf den Kopf stellen. Es wird aus all dem gebildet, was wir jetzt tun, und all das, was wir jetzt wissen, wird bleiben. Nur die Negativität in allem wird verschwinden, und die G-ttlichkeit in allem wird für jeden offenbar werden.


Die materielle Welt ist ein Ort, an dem alle Dinge zu sagen scheinen: «Hier bin ich, und ich war immer hier.» Als ob sie keine Quelle hätten, aus der sie stammen.

In Wahrheit hat nur das Wesen-aller-Dinge, der Kern und die Essenz des Seins, keinerlei Quelle, aus der es stammt. Er war und ist und wird immer sein. Das ist die innere Wahrheit dessen, was unsere Welt uns vermitteln will: Sie versucht nur zu sagen - auf ihre eigene, verzerrte Weise -, daß das Wesen-aller-Dinge keine Quelle hat. In der Zeit von Moschiach wird sich die Verzerrung auflösen, und wir werden nichts anderes als die Essenz, das Wesentliche sehen.


Alles hat Grenzen, sogar die Dunkelheit. Wie der Sohar sagt: «Als die Welt geschaffen wurde, wurde bestimmt, wie lange sie in Verwirrung leben wird und wann diese enden wird.»


Wir warten nicht auf irgendeine großartige Offenbarung von oben, um uns vor unserer Unfähigkeit als Hüter dieser Erde zu retten und alles in Ordnung zu bringen. Wir warten statt dessen darauf, die Sonne über allem, was wir getan haben, aufgehen zu sehen und die Früchte unserer Arbeit zu betrachten, wenn die Dunkelheit vergeht.


Ein Neues Zeitalter kommt über die Welt wie der Frühlingsregen auf ein gepflügtes und eingesätes Feld. Pflügt und sät, solange noch Zeit ist.


Es wird mit dir oder ohne dich geschehen, ob du daran glaubst oder nicht. Es stimmt, daß du dazu beitragen kannst, daß es rascher kommt. Aber es ist eine Tatsache, daß es in unserer Zeit geschehen wird, ob du mithilfst oder nicht. Und es wird gut für dich sein, gleichgültig, wie du darüber denkst.

Hast du dich aber schon einmal gefragt: «Wo werde ich stehen, wenn jene Zeit kommt? Was werde ich machen? Werde ich ein Teil davon sein, oder wird es trotz meiner Person geschehen?»


Die Menschen fragen: «Aber wie kannst du so viel Gutes für die Zukunft voraussehen, wenn jetzt so viel Böses herrscht - das sogar jeden Tag zunimmt?»

Das jedoch liegt in der Ordnung der Dinge: Die Dunkelheit ist in der Welt nur deshalb, um das Licht herauszufordern. Je heller das Licht strahlt, desto dichter wird die Dunkelheit, um ihm zu trotzen.


Man sagt, daß die tiefste Dunkelheit gerade vor der Dämmerung herrscht. Die schlimmste Unterdrückung unserer Vorväter geschah gerade vor ihrer Befreiung.

Das war irdische Dunkelheit. Heute haben wir es mit einem tiefen Schlaf des menschlichen Geistes und Bewußtseins zu tun. Mit der Dunkelheit der Seele. Es gibt Funken von Licht, den Schimmer einer Sonne, die nie zuvor geschienen hat, aber die Dunkelheit der Nacht überwältigt alles.

Bereite dich auf die Dämmerung vor.


Ein Gleichnis: Ein Vater antwortet auf die Fragen seines Kindes, und sie sind glücklich zusammen, in einen fröhlichen Dialog vertieft. Dann stellt das Kind eine Frage, und der Vater muß sehr nachdenken - nicht nur, um die Antwort zu finden, sondern um ihre Essenz so auszudrücken, daß sie in der Welt seines Kindes verständlich wird. Deshalb bleibt der Vater lange schweigsam und denkt nach. Das Kind wird nach einer Weile ungeduldig und ruft: «Vater, wo bist du? Warum sprichst du nicht mehr mit mir? Warum hängst du deinen eigenen Gedanken nach, anstatt dich mit mir zu beschäftigen?» Und dann beginnt der Vater zu sprechen, und aus den inneren Tiefen seines Geistes fließt es über in Geist und Herz des Kindes. Und so kann aus dem Kind auch ein Vater werden.
Wenn der Geist des Menschen dunkel ist, wenn die Schleusen von oben fest verschlossen scheinen, dann bereite dich auf die Befreiung vor.


Wenn du glaubst, daß das Universum einen Schöpfer hat, dann wirst du sicherlich erkennen, daß die Schöpfung einen Sinn haben muß.

Nun, blicke dich um. Dies hier ist bestimmt nicht der Sinn.

Der Sinn offenbart sich in einer Zeit, die noch kommen wird. Dies hier ist nur ein Durchgang, der dorthin führt.


Du baust ein Traumhaus.

Du beginnst mit einem Traum. Der Traum wird zum Plan. Der Plan wird zu einer Menge Drecksarbeit. Die Drecksarbeit wird zu einem Haus.

Wenn du erfolgreich bist, ist das das Haus deiner Träume.

Traum, Plan, Drecksarbeit, Erfolg. Warum ist das die grundlegende Strategie allen menschlichen Strebens? Weil es die Geschichte des Universums ist. Jene, die den Traum erspüren können, jene, die den Plan lesen können - sie sehen, daß wir uns jetzt mitten in den Abschlußarbeiten befinden.


Noch bevor ich zur Schule ging, formte sich ein Bild der Befreiung in meinem Geist. Von einer solchen Befreiung, die auf eine solche Weise stattfindet, daß sie all dem Leiden, der Unterdrückung und Verfolgung, die wir erlitten haben, wirklich einen Sinn geben würde.


Es ist nicht so, daß es keine Dunkelheit mehr geben wird, kein Leiden mehr, daß diese Dinge aufhören zu existieren. Es wird jedoch ein so essentielles Licht sein, daß sogar die Dunkelheit zu Licht wird - sogar die Dunkelheit und das Leiden der Vergangenheit.


Der Baal Schem Tow befand sich in tiefer Meditation und stieg in die heilige Kammer von Moschiach empor.

«Meister», fragte er, «wann wirst du kommen?»

Die Antwort: «Wenn eure Brunnen nach außen fließen.»

Die Brunnen sind die Brunnen der tiefsten inneren Weisheit.

Nicht nur das Wasser der Brunnen, sondern die Brunnen selbst müssen ausfließen und sich verbreiten. Wenn die entferntesten, dunkelsten Ecken der materiellen Welt zu Brunnen der innersten Weisheit werden, dann wird Moschiach kommen. Das ist jetzt der Auftrag.


Der gegenwärtige Zustand der Welt wird „gola“ genannt. Der Zustand der zukünftigen Welt heißt „geula“.

Diese beiden Worte sind fast identisch, nur daß bei «geula» der Buchstabe Alef in die Mitte eingefügt ist.

«Alef» bedeutet «Meister». Es heißt auch «Einer».

Um gola zu geula zu machen, müssen wir nur den Alef offenbaren - den Einen Meister des Universums, der in den Dingen unserer gegenwärtigen Welt versteckt ist.


Es gab in der Vergangenheit manche, die riefen: «Moschiach kommt! Verkauft eure Häuser und fahrt ins Heilige Land!» Der Rebbe rief: «Moschiach ist auf dem Weg! Baut Häuser! Baut Heime! Tut jetzt alles, was ihr nur könnt, damit wir das alles mit uns schleppen konnen!»


G-tt kann dich aus dem Exil führen, aber du mußt das Exil erst selbst aus dir herausnehmen.


Im späten Frühling 1991 forderte der Rebbe auf:

Lebt jetzt mit dem Neuen Zeitalter. Erforscht es. Sprecht darüber. Schaut euch jede Einzelheit unserer Welt jetzt an und stellt euch vor, wie sie in jener kommenden Zeit sein wird. Seid jetzt dort. Nicht nur, um ihre Ankunft zu beschleunigen, sondern um vorbereitet zu sein, ihre Gaben zu empfangen.


Im Herbst 1991, wenige Monate vor seinem tödlichen Schlaganfall, verkündete der Rebbe:

Nach 3370 Jahren ist alles getan, was getan werden mußte. Die Tafel ist gedeckt, das Festmahl von Moschiach ist aufgetragen worden mit dem Alten Wein, dem Leviathan, dem Wilden Ochsen - und wir sitzen an dieser Tafel.

Uns bleibt nur noch, unsere Augen zu öffnen und zu sehen.

Diese letzten Worte schreibe ich zwar nieder, aber ich verstehe sie nicht. Wenn ich sie nun aber verstünde, bräuchte man mir vermutlich nicht auftragen, meine Augen zu öffnen.