Zu Beginn des Neuen Jahres – möge es uns und allen Gliedern unseres Volkes Gut es bringen! – sollte jeder Jude sich die Frage stellen: Was kann ich persönlich tun, um insgesamt zur Besserung der Lage im nächsten Jahre beizutragen? Was kann ich für meinen Nebenmenschen, für mich selbst, für mein Volk und für die ganze Welt tun?
Rosch Haschana gibt hierauf die Antwort und bietet gleichzeitig die beste Gelegenheit, dieses Hochziel zu erreichen.
Thematisch im Mittelpunkt von Rosch Haschana steht unsere erneuerte Anerkennung der G-ttlichen Souveränität, indem wir G-tt zum König "krönen" und "freudig Seine Herrschaft auf uns nehmen", indem wir jubelnd und dabei unterwürfig und ehrfürchtig Seine Herrschaft verkünden und uns Seinem Willen unterwerfen.
Weil doch jeder Jude ein organischer Bestandteil des ganzen jüdischen Volkes ist, setzt diese Verkündung der G-ttlichen Souveränität vom individuellen Standpunkt her die Krönung G-ttes als "Israels König und sein Erlöser" in die Praxis um. Und unsere persönliche Bejahung der G-ttlichen Oberherrschaft, inmitten unseres ganzen Volkes, wirkt sich auf die Welt aus, in der wir leben, auf das Universum in seiner Gesamtheit, so dass dadurch unser Festtagsgebet in Erfüllung geht, wie es heißt: "Unser G-tt und G-tt unserer Väter, regiere Du über die ganze Welt".
Diese Bejahung der G-ttlichen Souveränität kommt dadurch praktisch zum Ausdruck, dass wir unser tägliches Leben in völliger Übereinstimmung mit dem Willen und den Geboten der G-ttlichen Majestät führen, wie sie uns von G-tt gegeben worden sind, "Der das Leben will" (d.h. ein wahres, wertvolles Leben), und so wie sie in der Tora – Torat Chajim – verankert sind und in ihren Mizwot, von denen es heißt: "Dass der Mensch sie tue und durch sie lebe" (Lev. 18, 5). Wenn das Leben auf solche Weise gelebt wird, dann wird damit eine harmonische, glückliche Existenz für den Einzeln, für die Gemeinschaft und für die ganze Welt gesichert, sowohl auf geistigem wie auf materiellem Gebiete. Denn in Wirklichkeit stellen das Geistige und das Materielle nicht zwei getrennte Einheiten dar; vielmehr gehören sie zusammen, wie es ja auch im "Schma Jisrael" zum Ausdruck kommt, das bezeichnenderweise im Mussafgebet von Rosch Haschana zitiert wird:
Höre, Israel! (Wenn der Jude hört und versteht, dass) G-tt unser Herr ist (Herr des Einzelnen wie der Volksgesamtheit), und dass G-tt Einer ist (d.h. überall und ewig): dann trägt der Jude in der Tat zur Einheit der Schöpfung bei und tut diese Einheit kund. Er bezeugt damit, dass es das Geistige ist, welches das Körperliche bestimmt; und so erwächst aus der Verbesserung des Spirituellen im Leben eine Verbesserung auch der materiellen Umstände.
Diese Verbesserung in geistiger Hinsicht, diese Erfüllung der Gebote der G-ttlichen Majestät, muss in zwiefacher Weise erfolgen: in den Geboten, die sich auf unsere Pflichten G-tt gegenüber beziehen, und in denjenigen, die von unseren Pflichten dem Nebenmenschen gegenüber handeln. Dies wird spezifisch durch den Aufruf zu Rosck Haschana unterstrichen: "Tschuwa (Rückkehr), Tefilla (Gebet) und Zedaka (Wohltätigkeit) wenden das ungünstige Dekret ab."
Tschuwa beinhaltet den festen Entschluss zu unserem König zurückzukehren, in wahrer Reue für vergangenen Ungehorsam und willens, fortan ein besseres Leben zu führen; dieser Entschluss muss sich in die Praxis umsetzen sowohl durch Tefilla – thematische Überschrift: Pflichten zu G-tt – und Zedaka, das sind doch die zwischenmenschlichen Beziehungen.
Zusammen erwirken diese dann für jeden Juden individuell, für unser Volk als Gesamtheit und für die ganze Welt ein "Einschreiben und Besiegeln zum Guten" – für ein gutes Neues Jahr, geistig wie materiell gesehen.
ב"ה
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