In einem kleinen polnischen Dorf lebte einmal ein bescheidener, frommer Jude namens Meir. Obwohl er keineswegs wohlhabend war, fehlte seiner Familie nie das tägliche Brot. Jeden Tag, wenn er von der Synagoge nach Hause ging, besuchte Meir einen Bauernmarkt und kaufte Gemüse und Geflügel, das seine Frau dann in einem kleinen Geschäft neben ihrem Haus verkaufte. Die Preise waren immer fair, und sie galten als ehrliche Leute. Meir unterschied sich von den anderen Käufern auf dem Markt, denn er feilschte nie. Er hatte seinen fairen Preis, und dabei blieb es. Bald respektierten ihn die Bauern und gingen sogar zu ihm, wenn sie besonders gute Waren zu verkaufen hatten. Man nannte ihn den „ehrlichen Meir“.

Nur eines tat Meir Leid: Sein Geschäft hielt ihn von seinem geliebten Tora-Studium ab. Eines Tages beschloss er, nur noch halb so viel zu arbeiten und dafür länger in der Tora zu lesen. Seine Frau machte sich Sorgen, aber er beruhigte sie: „Meinst du nicht, dass G-tt uns in diesen drei Tagen genug schicken kann?“ Sie wollte erwidern, das könne G-tt selbstverständlich tun – aber würde er es tun? Doch sie hielt den Mund und beschloss abzuwarten, was geschehen würde. Wie sich herausstellte, blieb ihr Einkommen gleich, und ihr Mann machte gute Fortschritte in seinem Studium.