Vor Rosch Haschana 5740 hat Rabbi Menachem Mendel Schneerson s. A., der Lubawitscher Rebbe, eine Botschaft veröffentlicht, aus welcher wir nachstehend einige Auszüge wiedergeben:

Angesichts des sich zu Ende neigenden Jahres und in diesen letzten Tagen der Vorbereitung für das Neue Jahr ist es am Platz, sich über einen bestimmten Umstand Gedanken zu machen. Dieser Umstand wurde bei früheren Gelegenheiten bereits mehrfach erwähnt, doch ist er heute besonders relevant – ganz speziell in Bezug auf die sich aufdrängenden Handlungen, sind doch die Handlungen das Wesentliche.

Wir denken an die Tatsache, dass das auslaufende Jahr ein Schmitta-Jahr war, während das kommende Jahr ein «Hakhel»-Jahr sein wird.

Die Mizwa des «Hakhel», wie sie uns die Tora vorschreibt, besteht darin, dass am Ende von jeweilen sieben Jahren, unmittelbar nach dem Schmitta-Jahr, wenn die Juden zum Sukkot-Fest ins Beth Hamikdasch pilgern, sich alle Mitglieder des jüdischen Volkes, Männer, Frauen, Kinder und sogar Babies, versammelten. Der König las ihnen dann bestimmte Abschnitte aus der Tora vor, um sie so in der Beachtung der Mizwot und in Jüdischkeit zu stärken. Dieser Anlass hinterließ einen tiefen Eindruck bei den Anwesenden, und es war, als ob sie es von G-tt selber gehört hätten.

Einer der Gründe, weshalb die Mizwa von «Hakhel» für diese bestimmte Zeit reserviert war, ist folgender: Das Schmitta-Jahr, als «Schabbat für G-tt», an welchem die Arbeit auf den Feldern und in den Reben (die Hauptbeschäftigung der damaligen Epoche) ruhte, wurde ganz besonders für Torastudium, für Gebete und das Erfüllen von Mizwot genutzt und war somit die beste Vorbereitung für den anschließenden Pilgerzug als eine Nation. Das Volk wurde durch das Schmitta-Jahr besonders empfänglich für die Lesung aus der Tora - «als ob sie es von G-tt selber hörten» –, wodurch eine tiefe seelische Empfindung wachgerufen wurde, vergleichbar mit dem Moment, als Israel die Tora am Sinai erhielt. Der Eindruck grub sich so tief in ihre Herzen und Gedanken ein, dass er sich im alltäglichen Leben in den folgenden Jahren reflektierte.

Auch wenn die Mizaw von «Hakhel» in ihrer konkreten Form an die Zeiten des Bet Hamikdasch gebunden ist, kennen wir das Prinzip, wonach alle Dinge im Zusammenhang mit dem Beth Hamikdasch, wie etwa die Opfer, ihrem geistigen Gehalt nach für alle Zeiten gelten.

So ersetzen heute die täglichen Gebete die Opfer. Ein Jude betet von ganzem Herzen, offeriert sich seinem Schöpfer in völliger Unterwerfung, und ist bereit, das Beste seiner Besitztümer und seiner leidenschaftlichen Interessen (das «Fett und das Blut») dem Willen G-tes zu opfern – und es wird von G-tt wie ein «Brandopfer» im Bet Hamikdasch angesehen. Auch zu den Zeiten, als die Juden ein zentrales Heiligtum besaßen und tatsächlich Opfer darbrachten, war es das Jüdische Herz, wonach G-tt sich am meisten sehnte, ganz in Übereinstimmung mit Seinem Befehl, Wunsch und Versprechen: «Lass sie mir ein Heiligtum errichten, und ich werde in ihnen wohnen» – im Innersten ihrer jüdischen Herzen.

Gleiches gilt auch für die Schmitta. Auch wenn das Gebot, sein Land während sechs Jahren zu bearbeiten und es im siebenten ruhen zu lassen, sich auf das Land Israel beschränkt (hier ist auch der Boden heilig), zählt der geistige Inhalt der Schmitta als «Schabbat für G-tt», im Sinne der Heiligkeit das Schabbat, für alle Zeiten und hat überall Gültigkeit. Er ist mit der Heiligkeit der «Heiligen Nation» verbunden, die die Begrenzungen von Zeit und Raum überdauern.

Unter Berücksichtigung des Gesagten und im Hinblick darauf, dass wir am Anfang eines «Hakhel»-Jahres stehen, geziemt es sich für jeden von uns, ernsthaft über Inhalt und Absicht dieser Mizwa nachzudenken. Sie besteht, wie uns die Tora beschreibt, daraus, dass «... sie hören und lernen sollen, und G-tt, Deinen G-tt fürchten, und darauf achten, alle Worte dieser Tora zu erfüllen; und dass ihre Kinder, die (noch) nicht wissen, hören und lernen sollen, G-tt, Deinen G-tt zu fürchten.»

Es ist ganz offensichtlich, welches Gewicht durch die Mizwa von «Hakhel» auf die Tora-Erziehung unserer Kinder gelegt wird. Dies gilt auch für solche, die zwar alt an Jahren, doch noch «Kinder» in Jüdischkeit sind, für alle, die «nicht wissen», die aus irgendeinem Grund nicht die richtige jüdische Erziehung genossen haben. Sogar diejenigen, die zur Kategorie derer gehören, die es verstehen, nicht zu fragen, diejenigen, die nicht wissen und nicht fühlen, dass ihnen etwas fehlt und sie um Hilfe nachsuchen sollten – auch diese müssen versammelt werden, damit sie hören und lernen, was die Tora ist, was Mizwot bedeuten. Es muss ihnen auf eine Art und Weise gelehrt werden, dass ihnen G-ttesfurcht eingeimpft wird, und dass sie vor allem «alle Worte dieser Tora beachten und erfüllen», der Tora vom Sinai, die nie geändert werden wird. Und all dies muss mit einer solchen Überzeugungskraft geschehen, «als ob sie es von G-tt selbst hörten».

Gebe G-tt, dass jeder einzelne in unserem Volk in den oben erwähnten Punkten so handelt, dass Jüdischkeit im alltäglichen Leben gestärkt, vertieft und verbreitet wird, sowohl in den eigenen Familien als auch in deren Umgebung. Dies führt dann zusammen mit einer «Ketiwa wa’Chatima towa» zu weiterem Segen, in materieller wie in geistiger Hinsicht.