Der berühmte Torah-Gelehrte Rabbi Jonason Eibschiz war Berater des Königs. Einmal fuhr der König durch die Straßen von Wien, als er seinem weisen Berater und Freund begegnete. Nachdem sie einander herzlich begrüßt hatten, fragte der König den Rabbi, wohin er gehe. „Das weiß ich nicht“, antwortete Rabbi Jonason.

Die Augen des Königs funkelten vor Zorn. Freund oder nicht – wie konnte dieser Jude es wagen, seine Majestät zu verulken? Er ließ den Berater festnehmen und ins Gefängnis werfen. Doch bevor der Tag vorbei war, bereute der König seine Härte. „Immerhin ist er mein kluger Ratgeber. Er wollte mich bestimmt nicht beleidigen. Es muss eine Erklärung für sein Verhalten geben.“

Der König besuchte den großen Gelehrten in seiner Zelle. „Hör mal“, schimpfte er. „Warum hast du deinen König verspottet?“

„Das war nicht meine Absicht, Majestät“, erklärte der Gelehrte. „Ihr habt mich nicht gefragt, wohin ich gehen wollte, sondern wohin ich gehe. Das wusste ich wirklich nicht. Und wie Ihr jetzt wisst, hatte ich Recht. Ich wollte in der Synagoge studieren und beten, und stattdessen endete ich im Gefängnis!“