Als das neuartige Coronavirus ein paar Wochen vor Pessach 5780 die Welt befiel, kam eine große Panik auf, das Fest allein, ohne Familie, verbringen zu müssen.
Jetzt, sechs Monate später, hat sich viel verändert: Viele von uns haben begonnen, wieder etwas mehr zu wagen (natürlich mit Masken) und einige Synagogen haben wieder geöffnet (unter besonderen Bedingungen). Trotzdem ist die Situation für Millionen noch genau dieselbe: Geduldig wartet man ab, bis man sich wieder unter Leute mischen kann.
Wenn du also planst, Rosch Haschana allein zu verbringen, haben wir hier ein paar Tipps und Gedanken für dich:
1. Die höchste Priorität: Das Hören des Schofars!
Normalerweise wird das Schofar tagsüber als Teil des Rosch Haschana-G-ttesdienstes geblasen. Auch wenn du nicht an einem G-ttesdienst teilnehmen kannst, ist es trotzdem eine Pflicht, dreißig Töne des Schofars zu hören.
Und hier zeigen wir dir, wie das möglich ist:
Frage nach einem Hausbesuch
Wenn du in fußläufiger Entfernung des dir nächstgelegenen Chabad-Rabbiners wohnst, hast du gute Chancen, dass er an Rosch Haschana vorbeikommt, um das Schofar für dich zu blasen – selbstverständlich mit Sicherheitsabstand. Dieses Jahr allerdings nur am zweiten Tag des Festes, da der erste Tag auf einen Schabbat fällt.
Schofar auf der Straße
In Gegenden, wo viele Juden wohnen, werden Rabbiner und Freiwillige an bestimmten Orten, an denen es viel Platz gibt, das Schofar blasen.Frag am besten deinen Rabbiner und prüfe, ob bei dir in der Nähe eine solche Aktion unternommen wird.
Blase dein eigenes Schofar
Ein Schofar zu blasen ist nicht so schwer, wie es vielleicht scheint. Bestelle dir ein gutes Schofar online, mach dich mit den Gesetzen des Schofar-Blasens vertraut und blase das Schofar selbst!Zusätzlich: Sag deinen jüdischen Nachbarn Bescheid, dann können sie die Fenster öffnen und die Schofar-Töne ebenfalls hören!
2. Bereite dich darauf vor, dein eigener Kantor zu sein
Die meisten ausführlichen Zusätze für die Gebete finden sich in der Wiederholung der Amida (des stillen Gebets) des Chasans, das nicht gesprochen wird, wenn man allein betet. Der beste Weg sich darauf vorzubereiten, an Rosch Haschana allein zu beten, ist es, sich einen Machsor (ein Gebetbuch für Rosch Haschana) zuzulegen und einfach den Anleitungen zu folgen. Dabei werden jedoch die Teile ausgelassen, die nicht allein gebetet werden können (im Allgemeinen der Barchu-Ruf zum Gebet, Kaddisch, die Wiederholung der Amida und die Tora-Lesung).
Die größten Unterschiede sind, dass der Mittelteil der Amida durch einen Rosch Haschana-Text ersetzt wird und dass das Schofar am Sonntagmorgen geblasen wird.
Auch ohne einen Minjan solltest du an diesem Tag Tora lesen und das Hören des Schofars ist ein absolutes Muss!
Und vergiss niemals: G-tt ist überall und hört unsere aufrichtigen Gebete – egal, wo wir sind! Wir können uns also sicher sein, dass Er uns genau dort haben möchte, auch wenn wir zuhause bleiben müssen.
3. Kaufe, koche und backe, was das Zeug hält!
Rosch Haschana-Gerichte sind voller symbolischer und süßer Leckereien.
Wir essen mit Rosinen bestückte runde Challa zu allen Mahlzeiten und tunken sie in Honig für eine extra Portion Süße.
In der ersten Nacht, direkt nach dem Brechen des Brotes, genießen wir in Honig getauchte Äpfel, Granatapfel-Kerne, den Kopf eines Fisches (oder eines Bocks) und andere Süßigkeiten, wie zum Beispiel Karotten-Zimmes.
In der zweiten Nacht bereiten wir eine „neue“ Frucht vor – eine, die wir in dieser Saison noch nicht gegessen haben. Diese verspeisen wir direkt nach dem Kiddusch.
Du bist es nicht gewohnt, kleine Mengen vorzubereiten? Kein Problem! Die Extra- Mengen kannst du verpacken und an der Haustür anderer sich in Isolation befindenden Menschen ablegen – als süße Überraschung!
Und wenn du den in Honig getauchten Apfel isst, sage das Gebet mit extra Schwung, damit G-tt uns „für das neue und süße Jahr erneuert“. Er weiß, wir werden es nutzen!
4. Rufe viele Menschen vor den Feiertagen an
Es ist üblich, die Wünsche „Schana Towa“ („gutes Jahr“) Freunden, Verwandten und Bekannten zu schicken. Wenn du diese Personen während der Feiertage nicht sehen kannst, ruf sie in den kommenden Tagen an, drücke deine guten Wünsche aus und lass sie wissen, dass du an sie denkst. Fülle deinen sozialen Tank auf und nutze diesen, um dich bis zur Hawdala anzutreiben.
5. Drucke dir wichtige Informationen aus, bevor die Feiertage beginnen
Es ist sehr wichtig, die benötigten Informationen zur Hand zu haben, gerade an Tagen, an denen wir keine Technik benutzen (an Schabbat und jüdischen Feiertagen). Drucke dir also den Rosch Haschana-Kalender, die Zeiten fürs Kerzenzünden und die Hawdala-Zeiten aus.
6. Zünde Jom Tow-Kerzen an
Wir zünden Kerzen an, bevor der Feiertag am Freitagnachmittag beginnt und nochmal am nächsten Abend, nachdem die Sonne untergegangen ist (an einer bereits brennenden Flamme), um den Feiertag einzuleiten. Egal ob in einem großen Saal oder am Tisch allein zuhause, unsere Feiertagskerzen tauchen den Raum in heiliges Licht und erleuchten unser Feiertagsmahl.
7. Mache Taschlich
Gehe dieses Jahr am zweiten Tag von Rosch Haschana (Sonntag) zu einem fließenden Gewässer und mache Taschlich – ein kurzes Gebet, in dem wir G-tt darum bitten, „unsere Sünden im Gewässer wegzuspülen“.
Dadurch, dass es draußen vollzogen und kein Minjan benötigt wird, ist es das ultimative Ritual, um die Abstandsregeln und Social Distancing einzuhalten!
Wenn du dich sicher fühlst, mache einen gemütlichen Spaziergang und winke Freunden und Bekannten auf dem Weg zu.
Sollte es für dich jedoch nicht möglich sein, kannst du Taschlich zu einem späteren Zeitpunkt machen –bis Hoschana Rabba (dem letzten Tag von Sukkot).
8. Sprich viele Psalmen
Nach Tradition der Chassidim sollte jede zur Verfügung stehende Minute für das Lesen von Psalmen (Tehillim) genutzt werden. Mit extra viel Zeit zuhause kannst du dieses Jahr mehr Psalmen als jemals zuvor sprechen – vielleicht sogar das gesamte Buch mit seinen 150 Kapiteln beenden.
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