Alle freuten sich über die bevorstehende Hochzeit, und niemand merkte, dass ein Mitglied der Familie, nämlich Rabbi Akiwa, der Brautvater, sich Sorgen machte.
Sein Herz war schwer, weil vor vielen Jahren einige heidnische Sterndeuter vorhergesagt hatten, seine Tochter werde an ihrem Hochzeitstag sterben - eine Schlange werde sie beißen, und niemand könne das verhindern.
Der Tag der Hochzeit kam.
Mitten in den Feierlichkeiten kam ein armer Mann und blieb in der Tür stehen. Sehnsüchtig schaute er auf die vielen Teller mit dampfenden Speisen. Wann hatte er sich zuletzt satt gegessen? Er schaute sich nach jemandem um, der ihm etwas abgeben würde. Aber er war zu verlegen, um hineinzugehen, und niemand achtete auf ihn, denn alle waren zu sehr beschäftigt.
Aber er ging auch nicht weg, denn er hoffte, jemand werde ihn bemerken und mit ihm Mitleid haben. Und tatsächlich – die Braut sah die einsame Gestalt in der Tür und seine sehnsüchtigen Blicke. Rasch und still schlich sie sich fort und brachte ihm einen großen Teller mit köstlichen Speisen, die eigentlich für sie reserviert waren. Sie bat ihn, nach Herzenslust zu essen und schlicht sich unauffällig zurück auf ihren Platz.
Als das Fest vorbei war, ging die Kalla in ihr Zimmer, entfernte die schöne goldene Nadel, die ihren Schleier geschmückt hatte, und steckte sie zwischen zwei Steine in die Wand.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte schaute sie nach ihrer hübschen Brosche. Da war sie, genau über ihrem Kopf in der Wand. Sie zog sie heraus – und schrie. Die Nadel hatte nämlich den Kopf einer Giftschlange durchbohrt und das Tier getötet!
Sie rannte zu ihrem Vater und erzählte ihm alles. Rabbi Akiwa seufzte tief vor Erleichterung. “Sag mir, liebe Tochter, hast du gestern etwas Gutes getan, was dich vielleicht vor dem Tod errettet hat?”
Sie dachte nach und antwortete: “Ja, Vater. Beim Festmahl sah ich einen Bettler in der Tür stehen. Er schaute hungrig auf die gefüllten Teller. Niemand beachtete ihn, darum stand ich auf und brachte ihm einen Teller mit Essen – mit meinem Essen.”
“Du hast etwas sehr Schönes getan, mein Kind. Und diese Mizwa hat dir das Leben gerettet. Dir war bestimmt, durch einen Schlangenbiss zu sterben; aber Haschem war dir gnädig, so wie du gnädig zu einem hungrigen Bettler warst.”
ב"ה
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