Rabbi Naftali von Ropschitz lernte ein ganzes Jahr bei seinem Lehrer Rabbi Mordechai aus Neschchis. Nach einem Jahr sagte ihm Rabbi Mordechai, er solle nach Hause zurückkehren. Doch Rabbi Naftali wollte unbedingt noch mehr von diesem grossen Manne lernen und es gelang ihm, die Frau von Rabbi Mordechai dazu zu bringen, sich für ihn einzusetzen. Zögernd willigte Rabbi Mordechai schlussendlich ein jedoch nicht ohne zu bemerken: "Ich hoffe, dass wir diese Entscheidung nicht bereuen werden."

Eines Tages, als Rabbi Mordechai gerade nicht Zuhause war, trat ein einfacher Mann ins Hause des Zaddik. Rabbi Naftali (der auch ein sehr heiliger Mann war), erkannte sofort, dass dieser Mann die schlimmsten Sünden auf sich geladen hatte. Er konnte sich nicht zurückhalten und rief:" Verlassen Sie dieses Haus! Wie können Sie es nur wagen, das Haus eines grossen Zaddik wie Rabbi Mordechai einer ist, zu betreten?!"

Der Mann verliess wortlos das Haus. Rabbi Mordechai, der nicht Zuhause war, spürte, was geschehen war und beeilte sich, so schnell wie möglich nach Hause zu gelangen.

Eingetroffen, wandte er sich an Rabbi Naftali und befahl: "Laufe diesem Manne den du vertrieben hast, schnell hinterher und versuche ihn zu überreden, wieder hierher zurück zu kehren!"

Tatsächlich gelang es Rabbi Naftali, den Mann davon zu überzeugen, wieder mit ihm ins Haus des Zaddik zurückzukehren. Dort wurde er von Rabbi Mordechai mit grösster Wärme empfangen und unterstützt.

Als der Mann wieder gegangen war, erklärte Rabbi Mordechai:" Dieser Mann war einer meiner Schüler, denen ich stets geistigen und moralischen Halt gab und sie auf dem richtigen Weg hielt. Doch geschah es einige Male, dass er aus verschiedenen Gründen davon abgehalten wurde, mich zu besuchen. So verlor er seinen Kontakt, und begann, verschiedene kleine Sünden zu tun. Mit der Zeit wurden die Sünden immer grösser und er schämte sich sehr mich zu besuchen, da er wusste, dass ich alles an ihm erkennen würde. Eines Tages dachte er sich: "Ich lebe nicht mehr wie ein Jude aber ein Nichtjude bin ich auch nicht. Lass mich den ganzen Weg zu Ende gehen und mich taufen lassen." Vor diesem folgenschweren Schritt wollte er mich aber noch einmal besuchen. Falls ich ihn mit Wärme empfangen sollte, würde er sich mir anvertrauen und sich helfen lassen. Ich befürchtete die ganze Zeit, dass so etwas geschehen könnte, falls du in meinem Hause bleibst. Und es ist ein Glück, dass es Dir gelungen ist, ihn wieder zurück zu bringen!"