Nach dem Tod seines Vaters, am 2. Nissan 5680 (1920), war es der Wunsch der ganzen Chabad Chassidim, dass Rabbi Josef J. Schneerson die Führung der Bewegung übernehmen und der nächste Lubawitscher Rebbe werden würde.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich die umgebenden Bedingungen grundlegend geändert. Als ein Ergebnis des Krieges und der Oktoberrevolution war Russland in einen blutigen Bürgerkrieg versunken. Wie gewöhnlich waren die Juden die Hauptleidtragenden.
Damals stand Rabbiner Schneerson praktisch allein der Aufgabe, die übermenschliche Anstrengungen erforderte, gegenüber – der Sicherung und des Wiederaufbaus der jüdischen Gemeinschaft und des religiösen Lebens in Russland.
Hierbei musste er an zwei Fronten kämpfen - materiellen und religiös. Das Leben der russischen Juden war durch tiefste Armut und Leiden geprägt, zudem wurde die Zukunft des traditionellen Judentums durch das religionsfeindliche Wirken der Jewsektzia (, also des Zweiges der sowjetischen kommunistischen Partei, der für die antijüdischen Aktivitäten verantwortlich war und der nachträglich durch die sowjetische Regierung aufgelöst wurde).
Während seines Kampfes, für die Bewahrung des traditionellen Judentums in Russland gegen die immer präsenter werdenden Machthaber, realisierte Rabbi Josef J. Schneerson, dass ein neues Land Russland als Zentrum des Tora-Studiums ersetzen musste. Deshalb gründete er 5681 (1921) eine Lubawitscher Jeschiwa in Warschau und half vielen Studenten und Lehrern seiner Lubawitscher Jeschiwa in Russland nach Polen zu kommen und dort ihre Arbeit fortzusetzen. Die Lubawitscher Jeschiwa in Polen, wie auch die in Russland, entwickelte schnell in ein ganzes System von Seminaren und hunderte von Studenten nutzten diese Möglichkeiten und studierten in den einzelnen Lehranstalten.
In der Zwischenzeit führte Rabbi Josef J. Schneerson seine Arbeit in Russland furchtlos fort und gründete neue Jeschiwot, Lehranstalten und andere religiöse Einrichtungen. Zu dieser Zeit hatte Rabbi Schneerson sein Hauptquartier in Rostow am Don, doch auf Grund von verleumderischen Anschuldigungen war es notwendig geworden die Stadt zu verlassen. Er verließ Rostow und zog nach Leningrad, dem ehemaligen St. Petersburg, von wo aus er seine Aktivitäten unermüdlich fortsetzte. Er organisierte ein besonderes Komitee um den jüdischen Handwerkern und Arbeitern zu helfen, die den Schabbat einhalten wollten.
Er sandte Rabbiner, Lehrer und andere Beauftragte zu den meist weit entfernten jüdischen Gemeinden in Russland, um deren religiöses Leben zu stärken.
Der Lubawitscher Rebbe erkannte die Notwendigkeit auch außerhalb Russlands Gemeinden für die Chabad Chassidim zu etablieren. Hierfür gründete er Agudas Chassidei Chabad der Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada, und hielt regelmäßigen Kontakt mit seinen Anhängern in der “Neuen Welt.”
5687 (1927) gründete der Rebbe ein Lubawitscher Seminar in Usbekistan, einer entfernten Provinz Russlands.
Sein Einsatz für die Juden Russlands und gegen diejenigen, die die jüdische Religion unterminieren wollten, wurde lebensgefährlich. Die Jewsektzia entschlossen ihn zu stoppen und versuchte dies sogar mit Einschüchterungen und geistiger Folter.
Eines Morgens, als der Lubawitscher Rebbe die Jahrzeit seines Vaters beging, drangen drei Mitarbeiter der Jewsektzia, mit vorgehaltenen Waffen, in seine Synagoge ein, um ihn zu verhaften. Ruhig beendete der Rebbe seine Gebete und folgte ihnen.
Der Rebbe sah sich einer Versammlung bewaffneter und zu allem entschlossener Männer gegenüber, auch an dieser Stelle bekräftigte der Rebbe, dass er seine religiösen Bemühungen weder verringern noch aufgeben werde, gleich welche Drohungen ihm gegenüber angewandt würden. Als einer der Bewaffneten seine Pistole auf ihn richtete und sagte: „Dieses kleine Spielzeug hat schon bei manchen Menschen eine Meinungsänderung bewirkt“, entgegnete der Lubawitscher Rebbe ruhig: „Dieses kleine Spielzeug kann nur die Art von Menschen einschüchtern, die viele Götter oder Leidenschaften haben, aber nur eine Welt – diese Welt. Da ich aber nur einen G-tt habe und zwei Welten, bin ich nicht beeindruckt von eurem kleinen Spielzeug.“
Die Auseinandersetzung wurde im Sommer 5687 (1927) auf die Spitze getrieben, als der Rebbe gefangen und im berüchtigten Spalerno–Gefängnis in Leningrad in Einzelhaft genommen wurde. Er wurde zur Todesstrafe verurteilt, jedoch führte die rechtzeitige Intervention ausländischer Staatsmänner dazu, dass sein Leben gerettet wurde. Anstelle der Hinrichtung wurde er nun für drei Jahre nach Kostroma, im Ural, verbannt.
Da sich die Regierungsvertreter jedoch weiter für den Rebbe einsetzten, entschieden die Behörden ihn freizulassen. Die Entscheidung darüber erreichte ihn an seinem Geburtstag, dem 12. Tammus. Am nächsten Tag wurde ihm erlaubt abzureisen und sich im Dorf Malachowka, bei Moskau, niederzulassen. Weiterführende Interventionen führten schließlich dazu, dass es dem Rebbe erlaubt wurde Russland in Richtung Riga (Lettland) zu verlassen. Der Rebbe reiste am Tag nach Sukkot mit seiner Familie und dem größten Teil seiner wertvollen und historischen Bibliothek nach Riga.
Ohne Zeit zu verlieren begann der Rebbe seine Bemühungen in Riga wieder aufzunehmen und gründete vor Ort zuerst eine Talmudschule. In den Jahren 5688 und 5689 (1928 und 1929) sicherte er die Lieferung und Mazzot für die russischen Juden.
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