Avraham Rothenberg, ein israelischer Nachkomme der Rabbinerdynastie der Gerer Chassidim, arbeitete fünf Jahre als Lehrer in Brasilien. Auf einer seiner Reisen nach Israel legte er in New York einen Zwischenstop ein, besuchte Chabad und war sehr beeindruckt. Er zog schließlich nach Crown Heights, Brooklyn.
In einer Nacht weckte ihn das Klingeln seines Telefons. Es war sein Bruder, der ihm beunruhigende Neuigkeiten zu übermitteln hatte: ihr Vater hatte wenige Stunden zuvor einen schweren Herzanfall erlitten. Seine Situation war kritisch.
Sobald Avraham die Nachricht empfangen hatte, entschloss er sich umgehend einen Flug nach Israel zu buchen, aber als er das zweite Mal über die Situation nachdachte, realisierte er, dass seine Reise an der Situation nichts verändern würde. Stattdessen entschloss er sich einen Brief an den Rebbe zu schreiben, und ihn um seinen heiligen Segen zu bitten.
Das Schlimmste befürchtend begann er den Brief mit zitternder Hand zu schreiben. Es war unglaublich schwierig für ihn sich zu konzentrieren. Seine Gedanken waren in einem Zustand ständiger Unruhe. „Ich weiß nicht, was ich denke soll“, waren die abschließenden Worte seines Briefes.
Schweren Herzens übergab er den Brief dem Sekretär des Rebbe. Während er auf eine Antwort wartete, las er Psalmen. Tränen überwältigten ihn … Schöpfer des Universums …
Warum?!
Wenige Minuten später gab ihm der Sekretär des Rebbe den Brief, den er geschrieben hatte, zurück. Der Rebbe hatte die Worte „Ich weiß nicht, was ich denke soll“ durchgestrichen und folgendes an den Rand geschrieben:
„Erstaunlich. Das Gebot unserer Weisen, für derartige Situationen, ist allgemein bekannt: Tracht gut, vet sain gut, und ich rechne damit gute Nachrichten zu hören.“
Umgehend wandelte sich Avrahams Stimmung von einem Extrem zum anderen. Er war von Optimismus und der Hoffnung für eine bessere Zukunft für seinen Vater erfüllt, als wenn ihn jemand aus seiner Lethargie herausgerissen hätte, heraus aus den depressiven Gedanken, welche ihn in eine Krise gestürzt hatten. Farbe kehrte wieder in sein Gesicht zurück. Er öffnete das Buch der Psalmen erneut, diesmal mit erneuertem Glauben an G’tt. Die Worte flossen mit Freude aus seinem Mund. Sein Vertrauen in den Rebbe und in die Anweisung des Rebbe, positiv zu denken, brachte die Hoffnung auf unmittelbare Rettung in sein Herz.
Er ging, um seine Familie in Israel anzurufen und die letzten Neuigkeiten über seinen Vater zu erfahren. Die Nachrichten waren ermutigend: „Die Zustand ist nicht länger lebensbedrohend.“
Aber die große Überraschung kam wenige Tage später, nach dem Mincha-Gebet, als er den Rebbe auf dem Weg aus dem Beit Midrasch traf. „Nu, hast du gute Neuigkeiten für mich?“ fragte ihn der Rebbe.
„Ja, ich sprach telefonisch mit meiner Familie und der Zustand meines Vaters hat sich verbessert.“
„Wann passierte dies?“ fragte der Rebbe weiter.
„Vor zwei Tagen.“
„Und wann hast du begonnen ‚positiv zu denken’?“
„Sobald ich, vor zwei Tagen, eure Antwort erhalten hatte.“
„Du siehst“, sagte der Rebbe, auch wenn man niemals von derartigen Dingen betroffen sein, oder von ihnen Nachricht erhalten sollte, so sollte man doch immer ‚positiv denken.’“
Avraham Rothenbergs Vater lebte weitere 17 Jahre. (Die Gematria des Wortes Tow (gut), ist siebzehn.) Es war ihm möglich in die vereinigten Staaten zu reisen und den Rebbe persönlich zu treffen.1
Design
Tes ist der neunte Buchstabe des Aleph-Beis.
Die Form des Tes gleicht einem Topf, einem Gefäß, mit einem nach innen gekrümmten Rand, was das versteckte oder innere Gute darstellt.2 Eine andere Interpretationsmöglichkeit des Tes ist, dass es einen Menschen darstellt, der seinen Kopf im Gebet und zum Dank auf G’tt ausrichtet.3 Welche Verbindung gibt es zwischen diesen beiden Aussagen? Wir hatten [in der letzten Ausgabe] erklärt, dass das Ches für das Konzept der Ehe steht. Nach der Vereinigung des Ehemanns und der Ehefrau gibt es, so G’tt will, die Empfängnis. Das Tes steht für das versteckte Gute, welches im Mutterleib (dem Gefäß) innewohnt. Dieses versteckte Gute wird durch das Gebet eines Menschen zu G’tt, in dem er ihn um ein gesundes Kind bittet, verwirklicht.
Gematria
Der numerische Wert von Tes ist neun. Dies steht in Verbindung mit den neun Monaten der Schwangerschaft. Weiterhin ist die neun eine „wahre“ Zahl. Wahrheit wird Aleph (der erste Buchstabe des Aleph-Beis); Mem (der mittlere Buchstabe); und Tav4 (der letzte Buchstabe) buchstabiert. Daraus lernen wir, dass etwas, was wahr ist, vom Beginn, über der die Mitte, bis zum Ende wahr sein muss.
Was nun die neun zu einer wahren Zahl macht ist, dass, wenn du eine Zahl mit neun multiplizierst, die Summe der einzelnen Ziffern neun ebenfalls neun ist; z.B. 2x9=18, 1+8=9. 3x9=27, 2+7=9. 9x9=81, 8+1=9. Schließlich ist die Gematria von 441: Aleph=1, Mem=40, Tav=400. 4+4+1=9. Somit steht die Zahl Neun für die Wahrheit.
Bedeutung
Die Bedeutung von Tes ist Tow, also das “Gute” oder das „Beste.“ Im Talmud5 wird eine Geschichte über einen großen Tora-Gelehrten, Nachum Isch Gamzu, erzählt, der immer sagte, „Gam zu letova – Auch dies ist zum Besten.“ Eines Tages reiste Nachum Isch Gamzu zu Herrscher des römischen Imperiums, um ihm im Namen seiner Gemeinde eine Truhe zu überreichen, die mit den edelsten Metallen und Juwelen angefüllt war. Als er sich in einer Herberge schlafen legte, versteckte er die Kiste an einem geheimen Platz. Als Nachum Isch Gamzu tief und fest schlief, tauschte der Wirt die Kiste mit einer anderen aus.
Am nächsten Morgen, als Nachum Isch Gamzu dabei war aufzubrechen, öffnete er die Truhe, stellte er zu seiner Bestürzung fest, dass sich in ihr keine Diamanten, Rubine und Edelmetalle befanden, sondern sie vollkommen mit Sand gefüllt war. Nachum Isch Gamzu sagte, „Gam zu letova – Auch dies ist zum Guten“, brach auf und setzte seine Reise fort. Er erreichte den Palast und sagte, „Kaiser, als Zeichen unserer Ehrerbietung wollen wir Dir dieses Geschenk darbringen.“ Der Kaiser öffnete die Truhe und sah den Sand. Er dachte, dass sich das Geschenk wohl darunter befinden würde. Mit seinen Händen durchwühlte er den Sand, aber alles was er fand war Sand. Der Herrscher sagte, “Weil du mich verspottet hast, werde ich dich hinrichten lassen.” Nachum Isch Gamzus Reaktion war natürlich, „Gam zu letova.“ Sogleich kam einer der Ratgeber des Kaisers (der Talmud berichtet uns, dass es Elijahu HaNavi, in der Gestalt eines römischen Senators, war). „Was sagst du?“ sprach Elijahu. „Glaubst du, dass die Juden so dumm sind? Denkst du, dass sie wirklich so töricht sind, dass sie dir einfachen Sand geben würden?! Dies muss der gleiche Sand sein, den Awraham (der Patriarch) nutzte, als er gegen die vier Könige kämpfte.6 Awraham besiegte die vier mächtigsten Könige seiner Zeit ohne Hilfe. Weißt du, wie er dies tat? Er besaß magischen Sand. Er warf ihn in die Luft und der Sand verwandelte sich zu Messern, Speeren und Pfeilen.“
„Wirklich?“ entgegnete der Herrscher. “Lass es uns versuchen.”
Zu dieser Zeit befanden sich die Truppen des Kaisers in der Mitte eines Krieges. Sie versuchten eine benachbarte Provinz zu erobern, so sandte der Imperator die Truhe zu seinen Soldaten in die vorderste Linie und diese begannen den Sand in die Richtung des Gegners zu werfen. Und der Sand verwandelte sich in diese magischen Waffen. In ein bis zwei Tagen war es der römischen Armee möglich die Provinz komplett einzunehmen. Der Kaiser dankte Nachum Isch Gamzu und sagte, „Weil du dies für mich getan hast, werde ich dich mit einer Truhe voller Gold und Silber belohnen. Bring dies zu deinem Volk und sage ihm, dass, wenn immer es ihm an etwas ermangeln sollte, es sich immer an mich wenden kann. Ich werde gerne den Bitten nachkommen.“ Auf seinem Heimweg hielt Nachum Isch Gamzu nochmals in eben dieser Herberge an. Der Besitzer fragte ihn, „Was für ein Geschenk habt ihr dem Kaiser überbracht, dass er euch so eine große Ehre erwiesen hat?“ Er antwortete, „Gut, du weißt, dass ich eine Kiste voller Sand hatte. Ich brachte sie zum Kaiser und dieser magische Sand verwandelte sich in Pfeile und Speere, die dann auf seine Feinde niedergingen.“ Als der Wirt dies hörte, sagte er zu sich, „Wow! Das ist der Sand aus meinem Hinterhof!“ Was tat also der Mann? Er fuhr eine ganze Wagenladung Sand zum Kaiser und sagte, „Ihr erkennt diesen Sand, Nachum Isch Gamzu brachte ihn euch letzte Woche. Dies ist der gleiche Sand.“ Der Kaiser war überglücklich und sandte die Wagenladung unmittelbar zu seinen Truppen. Als sich nun dieser „magische Sand“ als wirkungslos herausstellte, wurde der Kaiser äußerst ungehalten und ordnete die Hinrichtung des betrügerischen Wirtes an.
Es gibt eine zweite berühmte Geschichte im Talmud,7 hierbei spielt Rabbi Akiva eine Hauptrolle. Rabbi Akiva, ein Schüler von Nachum Isch Gamzu, würde sagen, „Kal d’avid Rachmana letav avid – Was immer G’tt tut, muss zum Guten sein.“ Es wird die Geschichte erzählt, wie Rabbi Akiva mit einer Kerze, einem Hahn und einem Esel reiste: die Kerze, damit er in der Nacht Tora studieren konnte; den Hahn, seinen Wecker, um ihn zum Tora-Studium aufzuwecken; und schließlich den Esel, um seine „Reichtümer“ zu transportieren. Rabbi Akiva kam in einer Stadt an. Er versuchte in einer Herberge ein Zimmer zu erhalten, doch alle Räumlichkeiten waren belegt. Rabbi Akiva ging von Haus zu Haus, doch niemand wollte ihn beherbergen. Was tat er also? Er ging in die benachbarten Wälder und schlug ein Nachtlager auf. Ein plötzlicher, starker Wind kam auf und löschte die Kerze aus. Wenige Augenblicke später erschien ein wilder „Löwe“ hinter seinem Zelt und tötete den Esel. Was blieb ihm? Der Hahn. Es kam eine ausgehungerte Katze und verschlang ihn. Rabbi Akiva war vollkommen geschockt. Was sagte er? „Was immer G’tt tut, muss zum Guten sein.“
Am nächsten Morgen entdeckte Rabbi Akiva, dass eine Räuberbande die Stadt während der Nacht überfallen, alle Menschen ohne Gnade ermordet und deren Geld gestohlen hatte. Die Räuber flohen in den Wald. Wenn sie den Schein einer Kerze gesehen, die Geräusche eines Esels oder eines Hahnes gehört hätten, würde Rabbi Akiva das gleiche Schicksal erlitten haben wie die Einwohner der Stadt. G’tt rettete sein Leben durch das Auslöschen seiner Kerze und den Verlust seiner Tiere.
Nun gibt es einen großen Unterschied in den Begrifflichkeiten zwischen denen von Nachum Isch Gamzu und denen von Rabbi Akiva.8 Nachum Isch Gamzu sagte, “Gam zu letova”: Auch wenn etwas negativ erscheinen mag, so ist es doch grundsätzlich gut. Die Truhe voller Sand selbst war gut, ungeachtet des Verlustes der kostbaren Juwelen. Und so war es. Dies war seine Philosophie, sein Ethos des Lebens. Nachum Isch Gamzus Einstellung war es nicht, dass er später auf den Wert des Sandes sehen würde; sein Wert lag unmittelbar vor.
Demgegenüber war der tatsächliche Verlust seines Esels und seines Hahnes, den Rabbi Akiva erlitt, nicht gut. Aber es war ein geringerer Verlust, verglichen mit einem größeren Verlust. Rabbi Akiva würde das Gute möglicherweise erst am nächsten Tag sehen. Aber das unmittelbare Opfer wurde als negativ betrachtet.
Alle von uns können aus dem Obigen folgende Lehre ziehen: Wenn wir zum Beispiel auf eine Reise gehen, so kann es passieren, dass der Reifen plötzlich an Reifendruck verliert. Wir denken, „Oy vey! Dies wird unsere Pläne zunichte machen. Wir werden Stunden damit zubringen den Reifen zu wechseln. Dann müssen wir in einem Hotel übernachten, anstatt die Reise an einem Tag beenden zu können.“ Nun könnten wir sagen, „Vielleicht schützt uns G’tt vor einer schlimmeren Situation, die sich ereignet hätte, wenn wir unsere Reise, wie geplant, fortgesetzt hätten.“ Aber die Wahrheit ist, dass die Situation, die uns nun am Straßenrand festhält, zum Guten ist. Auch Ereignisse die nicht sofort als vollkommen gut wahrgenommen werden sind positiv, da alles von G’tt kommt und G’tt vollkommen gut ist.
Dies ist die Lehre, die wir aus dem Tes ziehen.
Diskutieren Sie mit