An unseren erleuchteten Meister und Lehrer, den Großrabbiner von Guadalajara: Möge Haschem ihm viele Jahre des inneren Frieden und der transzendentalen Heiterkeit gewähren.

Sicher handelt es sich um die selbstverständlichste Sache der Welt, doch haben wir gerade deshalb keine Ahnung, dieses Problem anzugehen: Wie können wir jenen nicht im Geiste des praktizierenden Judentums Aufgewachsenen dieses ehrfurchtgebietende Ereignis, auf dem die Grundlage unseres Glaubens steht, erläutern: Die Offenbarung am Sinai Berg in Anwesenheit einer Menschenmenge von 600.000 Männer und deren Frauen und Kinder?

Wo finden wir den Beweis, der jedes Leugnen dieses Ereignisses unmöglich macht: Vor über dreitausend Jahren sprach eine himmlische Stimme auf diese Menschenmenge herunter: "Ich bin der einzige G-tt in diesem Universum, - wendet euch an keinen anderen, und Ich will euch nicht beim Lügen, Stehlen, Morden, Begehren einer Sache, die euch nicht zusteht oder beim Geringschätzen eurer Eltern erwischen!"

Und obgleich dieser Beweis so absolut klar ist, - wieso verwerfen viele angesehene Denker, Schriftgelehrte und akademische Institutionen dieses Ereignis?

Antwort

Als leidenschaftliche Surfer im Netz sind Sie sicher mit Konspiration vertraut und hörten, dass kein Mensch je auf dem Mond gelandet ist, sondern alles in Arizona gefilmt wurde. Plattentektonik wurde in den 50er Jahren vom Pentagon eingeleitet, um Russland ans Ende der Welt zu schieben. Das Antidepressivum Prozac wurde von der amerikanischen Telefon- und Telegrafen-Gesellschaft entwickelt, um die menschliche Persönlichkeit dem UNIX-Protokoll anzupassen. Der Vatikan gehört Bill Gates und Bill Gates gehört den Illuminati. Kelloggs gehören den Illuminati und Sie wollen nicht wissen, woraus jene Golden Flakes bestehen. Time-Warner/AOL ist eine Fassade für einen internationalen Nonnen-Verband, darauf eingeschworen, Asteroiden auf Kalifornien zu lenken. Asteroiden sind kommunistische Satelliten (Sputnik). Falls Sie sich von der Propaganda, der Kommunismus sei tot täuschen ließen, - Bill Clinton ist ein kommunistischer Agent und zugleich der Weihnachtsmann.

Psychologen sagen, dass Konspirationen sehr populär sind, weil sie einfache Erklärungen für äußerst komplizierte Wörter bieten. Doch sind sie absurd! Wir wissen aus "Poor Richard's Almanac", dass drei Leute ein Geheimnis nur für sich behalten können, wenn zwei von ihnen tot sind.

Das FBI, der KGB, die FDA, Microsoft, der Vatikan, das franziskanische Nonnenkloster von Homeville, Tenessee – alle sind voller konkurrierender, umhertastender, ankämpfender menschlichen Wesen wie Sie und ich. Keiner von ihnen könnte eine Verschwörung länger als eine Woche in Gang halten, ohne sich darüber zu streiten, wer das Sagen oder alles vermasselt hat, wem die Punkte zustehen, wer die Schuld trägt – und all die anderen zwischenmenschlichen Intrigenspiele, die Rockgruppen, Staaten und Unternehmen täglich auseinander brechen lassen.

Wenn der FBI ein Komplott begehen würde, wäre eine bestimmte Branche der CIA sehr aufgebracht, weil Verschwörungen doch zu ihrer Abteilung gehören. Was denken diese eingebildeten Polizeioffiziere überhaupt, wer sie sind? Jeder kommunistischen oder anderen unternehmungslustigen, gerade die Welt erobernden Gruppe würde Microsoft diese sofort abkaufen. Jeder kennt die Vorhaben von Microsoft, da sie von allen erfunden wurden. Und doch können sie sich selbst nicht verschwören, ihr Betriebssystem übereinstimmend zum Funktionieren zu bringen.

Die größte Verschwörungstheorie aller Zeiten ist der Materialismus: Die Idee, dass 1080 Materieteilchen sich jeden Tag dazu verschwören, uns die herkömmliche Form dieser Welt vor Augen zu führen, wo wir doch wissen, dass sich Partikel nicht einigen können.

Die zweitgrößte Komplott-Theorie ist die Erfindung der Tora durch die Juden: Dass sich Millionen Juden über Jahrtausende verschworen, sich auf eine einzige Version eines niemals stattgefundenen nationalen Ereignisses zu einigen. Keine systematisch geheimgehaltene Absprache hält länger als eine Woche. So ist es nicht vorstellbar, wie die Juden ein solches Komplott hätten schmieden können. Eigentlich haben wir es ja versucht, doch wer die israelische Politik betrachtet, wird bestätigen, wie hoffnungslos das war!!

Zur Geschichte

Wenn wir untersuchen, was Geschichte ist, würden die meisten sagen, dass Geschichte die Lehre des Geschehenen ist. Das stimmt nicht, denn wir wissen kaum, was jetzt gerade geschieht. Wie soll jemand wissen, was sich in der Vergangenheit abspielte? Und wer legt fest, wie es wirklich geschah?

Vielleicht kennen Sie die Geschichte des berühmtes Mannes der Renaissance, Sir Francis Bacon. Über einer Taverne sitzend, dachte er: "Ich habe über Philosophie, Wissenschaft und Mathematik geschrieben. Nun werde ich Geschichte an die Reihe nehmen." Als er seinen Stift zum Schreiben ansetzte, schaute er aus dem Fenster und sah einen Tumult. Als er die Treppen zur Taverne hinunterstieg, vernahm er mindestens sechs differierende Versionen der Tumult-Ursache. Bacon stieg die Treppe wieder hinauf und zerriss das eben Beschriebene. Nie wieder schrieb er ein Geschichtsbuch.

Historiker werden einverstanden sein, dass Geschichte, wie in akademischen Kreisen praktiziert, definiert wird als die Suche nach der wahrscheinlichsten Aufeinanderfolge von Ereignissen, die bis heute Fortdauerndes erklärt.

Unsere Bestandsaufnahme lautet deshalb wie folgend: Universal gilt es eine einzige Schilderung über den Erhalt der Tora für das jüdische Volk. Sie besagt, dass sich eine ganze Nation voller Dissidenten und Skeptiker am sechsten Tag des dritten Monats im Jahr 2448 nach der Welterschaffung am Berg Sinai versammelte und miterlebte, wie G-tt zu Moses sprach. Von dieser Erfahrung ganz überwältigt baten sie Moses, ihnen alles von G-tt Verlangte mitzuteilen, - was Moses während 40-jähriger Wüstenwanderung in die Tat umsetzte. Moses beauftragte das Volk zur sorgfältigen Aufbewahrung einer Anzahl an Kopien des schriftlichen Dokumentes. Sie taten es, - und so sind heute viele solcher Kopien im Umlauf.

Geschichte ist keine Laborwissenschaft, – sie lässt sich zwar weder testen noch beobachten, jedoch auf Ungereimtheiten überprüfen. Geringe Unebenheiten könnten wir übersehen, doch die jüdische Verschwörungstheorie enthält ziemlich grobe Widersprüche, wie z.B.:

(a) Gemäß jener Theorie müssten Juden das tollste Volk sein, das die Erde je gesehen hat. Aus allen Völkern der Antike hat sich ausgerechnet jene Nation von Schafhirten und Feigenbauern den größten Klassiker aller Zeiten ausgedacht: Das die ganze Weltgeschichte verändernde Werk, das uns die Begriffe der Schöpfung, der Geschichte der Menschheit, des Monotheismus, der G-ttlichen Vorsehung und der Menschenrechte lehrte, dem später das sogenannte Christentum und der Islam entspringen würden. Das Werk, das Reformen und Modernisierung der westlichen Zivilisation auslöste, als die Heiden es zu lesen begannen. Ein Glaubenssatz mit einer Vormachtstellung, wie wir sie noch nie zuvor gesehen haben.

(b) Gemäß dieser Theorie müssten die Juden das dümmste und leichtgläubigste Volk der Welt sein. Sie haben sich auf eine Geschichte gestürzt, die ihnen eine strenge Diät auferlegt, ihre Herrschaft über ihre Sklaven, ihre wöchentlichen Arbeitsgewohnheiten sowie ihr Intim-Leben weit mehr einschränkt, als es jede andere Nation tolerieren würde. Sie sind alle von der gleichen Situation betroffen: Die Macht des Königs ist eingeschränkt, die Priesterklasse darf kein Land besitzen und die Allgemeinbevölkerung kann es nicht frei weiterverkaufen.

Sie verlassen drei Mal im Jahr ihre Felder und Städte, und liefern diese der Gnade feindseliger Völker aus. Alle sieben Jahre lassen die Bauern ihre Äcker brachliegen, befreien ihre Sklaven nach sechs Jahren, nehmen keine Zinsen und hoffen jedes Jahr, dass alles gutgehen wird. Schließlich verspricht G-tt, dass Er uns im sechsten Jahr eine besonders gute Ernte schickt, wenn wir planen, unsere Felder im siebten Jahr ruhen zu lassen. Was aber, wenn sich in einem Jahr dieses Versprechen nicht erfüllt? Würden wir je auf eigene Initiative ein solches Versprechen in einem Buch aufschreiben?

Diese Theorie würde besagen, dass Juden Geschichten über ihre Misserfolge erfinden und einander vorlesen. Diese behaupten, dass wir Nachkommen von Sklaven sind! Sie erzählen unschöne Geschichten über unsere Vorväter und den Priesterstamm Levi, obwohl die Leviten dieses Buch geschrieben haben sollen. Der ursprüngliche Hohepriester wird in den größten Skandal aller Zeiten verwickelt. In welchem Interesse würden die Juden eine solche Geschichte erfinden und dieses Buch auch noch weitergeben?

Zweiter Widerspruch:

(a) Gemäß dieser Theorie, sind Juden dazu imstande, sich auf eine einzige Version eines historischen Ereignisses zu einigen. Um aber so viele Jahre miteinander zu konspirieren, müssen sie höchst kooperativ, autoritär und gleichgesinnt sein. Sie müssen ziemlich genau in Erich Fromms Beschreibung des wahren Gläubigen passen.

(b) Gemäß dieser Theorie stellen sich die Juden vorsätzlich als aufsässig, streitsüchtig, jede Autorität verachtend und jederzeit sich beklagend dar, - also nicht als ideale Partner für eine Verschwörung, sondern als passiv-agressiv Persönlichkeitsgestörte. Selbstverständlich könnten diese Selbstbeschuldigungen lediglich Teil des Komplotts sein, doch welche Beschreibung passt wohl am besten?

Die Grundlagen der Konspiration

Doch die Verschwörungstheorie bringt uns nicht weiter und erklärt rein gar nichts. Es gibt absolut keinen Hinweis, der ihre Gültigkeit belegen würde.

Was aber ist dann die Basis, auf die sich die Verschwörungstheorie stützt? Ist es die definitive Annahme, dass es die Versammlung am Sinai Berg nie gegeben hat?

Haben die deutschen Historiker des 19. Jahrhunderts, die uns mit J, E, P und D (die angeblichen Autoren des Pentateuch) bekannt gemacht haben, je das Beweismaterial überprüft und wissenschaftlich dargelegt, dass Sinai nie hätte stattfinden können? Nein, denn es besteht dafür auch kein Bedarf. Sie wussten, dass es nie hatte geschehen können, weil G-tt, wenn es einen gibt, prinzipiell nicht mit Menschen und erst recht nicht mit einer Menschenmenge spricht.

Die Astronomen des 18. Jahrhunderts glaubten nicht an Meteoriten. Museen in ganz Europa beseitigen ihre wertvollen Meteoriten-Proben als demütigende Andenken an abergläubischer Mythologie. Weil, wie es Antoine Lavoisier, der Vater der modernen Chemie verkündete, "Steine nicht vom Himmel fallen, weil es keine Steine im Himmel gibt!"

Es gibt aber einen Beweis, den die Bibelkritiker hochhalten: Das Pentateuch wurde in der dritten Person geschrieben, wie wir das in "und dann sprach G-tt zu Moses und sagte..." im Gegensatz zu: "So musste ich nochmals mit G-tt reden und Er sagte..." Moses würde nicht in der dritten Person über sich selbst schreiben, und nie die acht letzten Verse, die sein Ableben beschreiben, zusammenstellen. In diesem Fall kann Moses also nicht der Autor der Tora sein.

Wir sind damit einverstanden, dass Moses die Tora nicht selber verfasst hat. Niemand hat das je behauptet. G-tt hat sie zusammengestellt und Moses hat sie lediglich zu Pergament gebracht.

Rabbi Mosche Ben Nachman (Ramban) benennt in der Einführung zur klassischen Tora-Auslegung den Grund, warum die Tora in der dritten Person geschrieben wurde: Weil Moses lediglich vom Ur-Dokument kopiert hat. Die Tora existierte bereits vor der Schöpfung, vor der Zeit. Es ist G-ttes Weisheit, mit dem ursprünglichen Vorschlag, den Konzepten und Anmerkungen zum Entwurf, mit dem Er Himmel und Erde erschaffen hat. Abraham kannte es, Noach studierte es und selbst Adam hatte eine Ahnung von der Tora, doch Moses war der erste, der sie auf die Erde brachte, um sie in der physischen Welt in ein Stück Pergamentpapier zu kleiden. Falls Moses sich selbst als Autor betrachtet hätte, als ein durchsichtiger Kanal für die G-ttliche Weisheit, wäre er nicht imstande gewesen, diese Aufgabe zu erfüllen.

Es kam so weit, dass Moses am Ende seiner Transkription das ultimative Niveau der Selbstaufopferung erreichte und von seinem Hinscheiden aus dieser Welt schrieb. Der Talmud sagt uns: "G-tt diktierte und Moses schrieb mit Tränen."

Doch die Ansicht Rambans scheint viel kohärenter zu sein. Sie lässt auch alle anderen Beweise der Bibelkritiker zerfallen. Und das ist auch die traditionelle Geschichte, wie sie in der Tora festgehalten wurde: Dass eine ganze Nation Zeuge wurde, wie G-tt mit Moses sprach und ihm die Zehn Gebote übergab:

G-tt sprach zu Moses: Siehe da, Ich komme zu dir in der Dichte der Wolke, so dass das Volk hören wird, dass ich zu dir geredet habe und sie werden auch für immer an dich glauben! (Exodus 19:9)

G-tt sprach zu euch aus der Mitte des Feuers und ihr habt den Klang der Worte gehört, doch habt ihr keine Form gesehen, nur den Wortlaut. Er erzählte euch von Seinem Bund, lehrte euch, die Zehn Gebote zu beachten und schrieb sie auf zwei Steintafeln. (Deut. 4:9-13)

Nachdem das Volk dieses Gespräch gehört, bzw. gesehen hatte, glaubten sie Moses. Maimonides schreibt:

Israel glaubte nicht an Moses, unserem Lehrer, aufgrund der Wunder, die er vollbrachte. Wenn wir unseren Glauben auf Wunder basieren, bleiben immer noch gewisse Zweifel bestehen: Vielleicht wurden diese Wunder durch Zauberkunst oder Hexerei hervorgerufen.

Warum glaubten wir ihm dann? [Wegen] der Offenbarung am Sinai Berg die wir mit unseren eigenen Augen gesehen und mit unseren eigenen Ohren gehört haben, ohne uns dabei auf das Zeugnis anderer verlassen zu müssen ...(Mischne Tora – Grundlagen der Tora 8:1)

Das ist die einfache elegante Lösung, warum aus allen Nationen heraus ausgerechnet diese Nation, die das widersinnigste Regel- und Traditions-Werk auf sich nahm, diejenige wurde, die die Machtverhältnisse und die Weltanschauung der Mehrheit aller Gesellschaften in der Welt umstürzte: Es war eine G-ttliche Offenbarung vor über einer Million Menschen. G-tt sprach, so dass sie nicht umhin konnten und das, um was Er sie bat, einfach tun mussten.

Aber diese Beschreibung passt nicht in unsere erwähnte Geschichtsdefinition, die jene wahrscheinlichste Aufeinanderfolge von Ereignissen, die bis heute fortdauern, erklärt. Eine G-ttliche Offenbarung vor einer Menschenmasse kann nicht als "wahrscheinlich" definiert werden. Denn was ist eine Menschenmasse, z.B. im Einkaufszentrum beim Ausverkauf? Und dort spricht eine dröhnende Stimme "vom Himmel herunter" zu den Leuten?

Historiker müssen dieses Ereignis verwerfen.

G-tt soll am Sinai Berg zu uns gesprochen und Anweisungen betreffend unser Alltagsleben gegeben haben? Das klingt in den Ohren des materialistischen Verstands ziemlich unwahrscheinlich – selbst wenn er an G-tt glaubt. G-tt ist unendlich. Die Welt ist ein limitierter Ort, der aus klar abgegrenzten, konkreten Dingen besteht. G-tt kann hier nicht hineinpassen. Daher müsste der Materialist, selbst wenn wir ihm ein amtlich beglaubigtes Vor-Ort Video zeigen würden, dieses Ereignis verwerfen, weil es einfach nicht hätte stattfinden können.

Der menschliche Geist, vor die Wahl zwischen Absurden und Unmöglichen gestellt, wird grundsätzlich das Absurde wählen. Das Absurde scheint viel harmloser und ist viel erträglicher, als das Unmögliche. Das Unmögliche zu akzeptieren bedeutet, das eigentliche Fundament der rationalen Welt, in der wir leben müssen, zu untergraben. Und hier werden wir genau mit dieser Wahl konfrontiert: Ein Ereignis zu akzeptieren, das für den in einer materialistischen Welt Lebenden nicht in Frage kommt, ist ganz einfach der Beweis einer absurden Verschwörung.

Die Welt, an die der Jude glaubt, wurde durch G-ttes Sprechen erschaffen. Und sie wird jeden Augenblick auf die gleiche Weise weiterhin aufrechterhalten. Jede Sekunde seines Lebens erlebt der Jude, wie G-tt zu ihm spricht, sei es durch die Ereignisse, die sich in seinem Leben abspielen oder durch die Mizwot, die auf uns zukommen; - vor allem aber durch die Tora, die wir jeden Tag studieren. Was ist so unmöglich daran, zu einem gewissen Zeitpunkt in der Weltgeschichte die Lautstärke mal ganz aufzudrehen, so dass wir alle dasselbe zur gleichen Zeit gehört haben? Doch für den Materialisten und seine Geschichtsversion ist das alles unmöglich.

In diesem Fall brauchen wir eine neue Definition für Geschichte oder wie es Thomas Kuhn nennen würde, ein neues Paradigma.

Geschichte auf eine andere Weise:

Nach den Gesetzen der Tora ist Geschichte durch die Zeugenaussage von Augenzeugen definiert. Sind keine Augenzeugen vorhanden, ist das Zeugnis eines Gerichts, das die Zeugenaussage von Augenzeugen entgegengenommen hat, ausreichend. Da es keine Zeugenaussage bekräftigen können, hat sich die Tora nie ereignet. Es ist kein Teil der Realität.

Die einfachste Erklärung für diese Abhängigkeit von Augenzeugen ist, dass die Tora nicht an jener Verschwörungs-Paranoia leidet. Zwei Zeugen werden vor einem Gerichtshof Schwierigkeiten haben, Vereinbarungen zu treffen, die Einzelheiten eines Geschehnisses zu beschreiben. Zwei Leute können zwar dieselbe Geschichte erzählen, doch die genau gleiche Szene zu beschreiben, ist nahezu unmöglich.

Quantenphysiker könnten darüber philosophieren: Vielleicht sind Augenzeugen so unerlässlich, weil der menschliche Beobachter ein wesentlicher Teil aller Ereignisse ist. Schließlich ist diese Zweiteilung zwischen Ereignis und Beobachter eine rein subjektive Angelegenheit. Die Tora bietet uns eine objektive Perspektive, in der das Ereignis und der Beobachter eine einzige Einheit darstellen. Daher kann das Eine nicht ohne den Anderen existieren. In der Tat ist das der Weg, den die meisten Quantenphysiker wählen, um das Universum zu verstehen. Wenn ein Nichtjude in Deutschland nach 1933 theoretische Physik studierte, wurde er als "weißer Jude" abgestempelt ... vielleicht war Moses ein Physiker!

Die Idee der Suche nach dem wahrscheinlichsten Weg zu einer Situation in der Gegenwart ist Kausalitätskult. Gemäß der Denkweise des weiß-jüdischen Heisenberg könnte alles geschehen ... und es ist sogar alles geschehen, es sei denn, ein Beobachter sei da gewesen.

Zwei Schilderungen zu verlangen, ist auch eine wissenschaftlich gute Betrachtungsweise. Jede Beobachtung muss durch mehr als eine Partei bestätigt werden um ins Fachbuch eingetragen zu werden. Denn ein einzelner Beobachter könnte lediglich seine eigene verzerrte Wahrnehmung wiedergeben, oder die spezifischen Bedingungen seines eigenen Bezugssystems. Dementsprechend wäre das ideale Zeugnis das eines möglichst vielfältigen Publikums.

Die Tora verlangt zwei Zeugen. Jeder Zeuge wird vor Gericht zur Aufdeckung von Unstimmigkeiten zwischen den Berichten einzeln verhört, sicherstellend, dass es sich bei beiden um dasselbe Ereignis zur selben Zeit handelt, - betrachtet aus entsprechenden Perspektiven. Es wird sichergestellt, dass es keine anderen Augenzeugen gibt, die ein Zeugnis abgelegt haben, das mit dem gegenwärtigen Zeugnis im Widerspruch steht. Und dann gilt ihre Zeugenaussage als Tatsache. Und selbst wenn das, was die Augenzeugen uns berichten, das unerhörteste und absurdeste Ereignis ist, das wir uns vorstellen können, müssen wir es als wahr annehmen.

Im Rahmen dieses Musters, gibt es in der Geschichte der Menschheit kein sichereres Ereignis als die Offenbarung am Berg Sinai. Wir sprechen hier nicht von ein paar Glasscherben oder einem ausgegrabenen Baubefund, über den sich Archäologen streiten. Wir sprechen nicht über den Bericht einer Einzelperson oder einer Handvoll vorgefertigter Gläubiger. Wir sprechen vom Massenaugenzeugenbericht eines weiten Spektrums an Beobachtern, die ihr Zeugnis in einer ununterbrochenen Kette über viele Wege und unverzerrt weitergaben. Wir haben den Konsensus einer ganzen Nation von über 3000 Jahren über eine einzige Version dieses Ereignisses. Juden sind sich in dleser Sache einig!

Im Gegensatz zur weit verbreiteten, falschen Vorstellung glauben die Juden nicht an die G-ttlichkeit der Tora aus Leichtgläubigkeit oder weil etwas in der Seele darauf anspricht. Wir wissen, dass die Tora G-ttlich ist, weil wir es empirisch erfahren haben. Und seitdem vertrauen wir auf das Zeugnis unserer Lehrer und Eltern, die sich alle über eine einzige Version dieses empirischen Ereignisses einig sind. Wenn wir ihnen nicht vertrauen können, wem dann?

Oder in der Sprache der talmudischen Logik: Wenn eine Zeugengruppe sagt: "Wir vermuten dass es so passiert ist," und die andere sagt: "Wir haben eindeutig gesehen, dass es so passiert ist, wie wir es sagen" dann müssen wir der zweiten Gruppe glauben. Die Bibelkritiker spekulieren und keiner von ihnen ist mit der Spekulation des anderen einverstanden. Unsere Tradition hingegen setzt eindeutig fest, was gesehen wurde, - in einer einzigen Version.

Vielleicht hat die Geschichte über die Jahrhunderte an Übertreibung gelitten? Das ist unwahrscheinlich, denn wir haben eine einzige Version! Und über Jahrhunderte eine Vereinbarung über bestimmte Veränderungen zu treffen, ist sogar noch unsinniger, als die ganze Geschichte von Anfang an zu erfinden und die Welt zu belügen.

Oder in einer Tabelle dargestellt:

 

Pro

Kontra

Sinai Theorie

Ununterbrochene Tradition eines Massenaugen-zeugnisses.

Klingt einfach unmöglich.

Verschwörungs-theorie

Klingt besser.

Erklärt überhaupt nichts.

Mythen allgemein

Frage: "Bedeutet es, irgendeiner Nation die erzählten Legenden ihrer Vorfahren zu glauben, wenn z.B. jemand behauptet, G-tt habe ihnen die Wahrheit gegeben, dass ihre Wege die richtigen seien?"

Antwort: "Falls irgendein Volk übereinstimmend von G-tt berichtet, dass Er zu einem Großteil dieser Menschen sprach, dann können wir ihm glauben." Wir sprechen hier nicht von der Legende über einen Monster tötenden Helden, oder einen Weisen, der einen Engel in einer einsamen Höhle gehört haben will, sondern wir sprechen von einer Nation, die ihre Geschichte erlebt hat.

Viele solcher Legenden mögen wahr sein. Denn nur weil die Anthropologen befürchten, dass sie für den Beweis einer geschichtlichen Authentizität der Eingeborenen keine Forschungsbeihilfe bekommen könnten, ändert das nichts an deren Geschichte. Im 19. Jahrhundert haben die Historiker spontan angenommen, dass die Geschichte des Trojanischen Krieges eine Fabel sei, bis Heinrich Schliemann den Beweis ausgrub. Seitdem dient Ilias als Quelle historischer Daten. Die Anthropologen haben die Legenden der Hopi-Indianer aus Arizona ignoriert, wonach einige von ihnen in ein nördliches Land aus Stein und Eis reisten, – bis kürzlich ein einzelner Forscher die eindeutige Spur ihrer Reisen im gefrorenen Norden fand. Sobald ein Volk über seine Ursprünge oder Geschichte erzählt, lohnt es sich, ihm zuzuhören. Es kann sich um wichtige Informationen über dieses Volk handeln, die nur mündlich genau bewahrt wurden.

Niemals wurden Legenden für historische Tatsachen gehalten, wobei den meisten Menschen der Begriff "historische Tatsachen" sowieso fremd ist. Abgesehen von der Geschichte ihrer Vorväter erfanden Familienoberhäupter Legenden, um eine gemeinsame Identität aufzubauen und die Familie nachts am Lagerfeuer zu unterhalten, also Geschichten, die sich vor langer Zeit in einem weit entfernten Land abspielten. Kommen wir z.B. auf die Hopi-Indianer zurück, so erzählen diese eine Geschichte, die sich in der untersten von drei Welten, also noch unter dieser Welt, abspielte. Dabei ist es nicht wichtig, wie sie dorthin gelangten. Dieser Teil ihrer Geschichte wird wie eine Metapher als Beweis dafür gelesen, dass niemand je diese Fragen gestellt hat.

Die Bibel stellt ein ganz einmaliges Dokument jener Zeit dar. Hieroglyphen sind keine Geschichtsschreibung, sondern eine Fabel-Propaganda. Selbst Homer hatte nie die Absicht, ein Geschichtsbuch zu schreiben, sondern lediglich ein Drama voll von Metaphern. Seine Werke sprechen keine reale Zeit, keine Veränderung, keinen Ablauf an. Die Bibel hingegen erzählt eine Geschichte, die einen Anfang, eine Mitte und am Ende ein Resultat hat. Die Erzählung spielt sich in einem Zusammenhang ab, der durch Zeit und Raum abgegrenzt ist, - mit genauer Angabe von Namen, Mengen, Daten, weil diese Ereignisse selbst bereits wichtig sind. In einer Fabel z.B. sind niemals genaue Maßangaben eines Tabernakels, der nie wieder gebaut würde, oder die genauen Details seiner einmaligen Einweihungszeremonie. In Geschichtsbüchern hingegen wird das getan.

Doch wenn ein Volk erzählt, dass G-tt zu ihm sprach, alle Ihn gemeinsam hörten und alle die gleiche Version wiedergaben, dann sollten wir ihm glauben. Auf dem gesamten Globus werden wir nur eine Geschichte finden, auf die das zutrifft. Wäre das nicht eine gute Idee für zukünftige Gründer einer Glaubensgemeinschaft, ihre Anhänger im Griff zu halten? Statt über Individuen zu erzählen, die mit Engeln sprachen oder von kleinen Gruppen, die eine G-ttliche Stimme hörten, - wäre es nicht überzeugender, ihnen von einer ganzen Nation zu berichten, die das Ereignis gesehen hat?

Sicher wäre es viel überzeugender, doch niemand könnte es aufrecht erhalten. Es würde wohl nicht einmal ein Jahrhundert überstehen, denn es handelt sich lediglich um eine Verschwörung. Und es gehört zu uns Menschen, dass wir Verschwörungen nicht lange für uns behalten können.

Allein schon die Tatsache, dass kein anderes Volk sich je etwas ähnliches zur Geschichte vom Berg Sinai ausgedacht hat, sollte ein hinreichender Beweis für ihre Richtigkeit sein.

Wählen Sie Ihre Welt

In einer Debatte wird jedoch keines dieser Argumente etwas nützen! Egal welches Argument vorgebracht wird: Sobald jemand fest in einer materialistisch reduktionistischen Weltanschauung eingewurzelt ist, können wir ihn nicht überzeugen. Unsere Welt ist nicht die seinige. Unsere Welt ist eine Welt, wo das Unendliche eintreten kann und Sinai ist ein Raum, wo das innere Wesen dieser Welt gehört werden kann. Unser Sinai kann nicht in deren Welt eintreten. Wir müssen uns zwischen den beiden Welten entscheiden, und können nicht beide behalten, da sie sich gegenseitig ausschließen.

Sinai zu akzeptieren bedeutet, die Weltanschauung, die G-tt von dieser Welt absondert, zu verwerfen, - und nicht länger G-tt und die Welt als zwei getrennte Einheiten zu betrachten. Das Wissen von Sinai ist denen reserviert, die diese Welt als die G-ttliche Aussprache sehen, und wissen, wie Er jeden Augenblick zu uns spricht. Wie die Spuren von Laserstrahlen in einer unendlichen Leere, erscheinen Seine Gedanken vor uns als die Wirklichkeit dieser Welt. Sinai zu kennen bedeutet, uns bewusst zu sein, dass es nichts anderes in der Welt gibt, als einzig und allein Ihn. Wer irgendetwas anderes behauptet, hat dieses Prinzip noch nicht erfasst.

Doch bei Jenen, deren Welt so real ist, dass das Unendliche nicht eintreten kann, muss das G-ttliche ihr Leben einfach überfliegen, und muss sie die Absurdität der Verschwörungstheorie mit all ihren absurden Projektionen einfach ausleben lassen.

Als G-tt die Welt erschuf, stellte Er zwei Versionen zur Wahl: Er erschuf, und die Welt war ein Chaos und leer, – eine absurde Welt, in die das Licht nicht scheinen konnte. Und Er erschuf einen Himmel und eine Erde, über die Er sagte: "Es werde Licht", – eine Welt voller Wunder, ein Raum, in dem das Unendliche wohnen kann.

Sie können wählen, in welcher dieser Welten Sie leben wollen.