Frage?

Ich bin zufällig auf Ihre Website gestoßen und so begeistert, dass ich zum Judentum übertreten möchte. Meine Mutter war streng katholisch und mein Vater skeptisch anglikanisch und ging nie in die Kirche. Ich war immer so verwirrt. Doch Ihre Website hat mich wirklich angesprochen so dass ich denke, dass das Judentum das Richtige ist für mich. Was ist der nächste Schritt?

Antwort!

Ihr nächster Schritt bestünde darin, ein besserer Mensch zu werden, und größeres Vertrauen in Ihre Seele, in Ihre Bestimmung und in Ihren Schöpfer zu entwickeln. Vollbringen Sie gute Taten, suchen Sie Gleichgesinnte, lernen Sie mehr über das Thema, setzen Sie das Gelernte in die Praxis um, geben Sie dem Leben einen Sinn.

Doch um das zu erreichen, brauchen Sie kein Jude zu sein. Viele wunderbare Leute tun wunderbare Dinge, - ohne jüdisch zu sein - und G-tt hat die größte Freude an ihnen. Sorgen Sie sich über Ihren Platz in der Kommenden Welt? Dann sollten Sie auf keinen Fall zum Judentum überzutreten, weil der Nichtjude dort viel größere Chancen hat! Denn G-tt verlangt vom Nichtjuden lediglich die Einhaltung der Sieben Noachischen Gebote, während sich der Jude mit 613 Geboten abmühen muss.

Es gibt das auch für Nichtjuden sehr interessante Judentum, und es gibt das Jüdischsein, zu dem nur ganz bestimmte Seelen Zugang finden, - und das sind zwei verschiedene Dinge. Das Judentum ist eine Weisheit, die eigentlich alle Menschen auf dieser Welt studieren können. Wir nennen es Tora ("die Lehre"). Es ist eine G-ttliche Botschaft an die Menschheit, und enthält jene fast überall als unanfechtbare Wahrheit akzeptierten Grundsätze. So stammt aus der Tora die Idee, dass z.B. das menschliche Leben einen unermesslichen Wert besitzt, verbunden mit der Auffassung von der Gleichheit aller Menschen. Auch die Idee, dass jeder Mensch ein Recht auf Alphabetisierung und Bildung hat, wurde durch die Tora in die Welt gebracht. Den Weltfrieden als ethischen Wert und anzustrebendes Ziel zu betrachten, beruht ebenfalls auf den Lehren der Tora und der Propheten, die diese Idee bereits vor Tausenden von Jahren verkündeten. Und natürlich beruht auf jenen Lehren der Tora die Existenz einer einzigen, körperlosen Einheit, die z.B. die Schöpfung jederzeit neu erschafft, die Wirklichkeit aufrechterhält, alles Weltgeschehen beaufsichtigt, sich dem Wohlergehen jedes einzelnen Menschen widmet, und dadurch jeder Person, jedem Wesen, jedem Ereignis, jedem Gegenstand Bedeutung, Zweck und Bestimmung verleiht.

Diese Lehren wurden nicht nur aufbewahrt, sondern auf verschiedenste Weise von Tora-Gelehrten offengelegt, erklärt, erleuchtet und in die Praxis umgesetzt, - und zwar von dem Tag an, da sie uns vor 3300 Jahren gegeben wurden, bis zum heutigen Tag. Ihre Anwendung hat sich in ethisch schwerwiegenden Fragen der Geschäftswelt, Politik, Justiz, Medizin und allen Lebensfragen bewährt. Die Lehren der Tora sind mehr denn je für jeden Menschen zugänglich, so dass auch Sie problemlos, was immer Sie anspricht, weiterstudieren können.

Das ist das Judentum. Doch das Jüdischsein ist ein anderes Thema: Jüdisch zu sein bedeutet, einem antiken Stamm durch Geburt oder Adoption anzugehören. Es handelt sich dabei um einen seltsamen und einzigartigen Stamm, weil es der einzige Stamm aus jener Zeit ist, der bis in die Modernität überlebt hat, ohne dabei seine "Bronzezeitaltereigenschaften" zu verlieren. Der Antropologe Jared Diamond hat in seinem Buch "Gewehre, Keime und Stahl" beschrieben, wie ein Stammesangehöriger in Neu Guinea das Gespräch beim Besuch im Nachbarsdorf ist: "Welchem Stamm gehört du an? Kennst du diesen und jenen?" eröffnet, um eine Beziehung herzustellen. Und so benehmen sich auch die Juden bis heute, wenn sie einander auf der ganzen Welt treffen. Denn ob wir in Manhattan, Johannisburg, Tel Aviv oder Vladivostock leben, - wir sind alle ein einziger Stamm.

Dieses unkonventionelle Benehmen hat seinen Grund in der Zeitlosigkeit des jüdischen Volkes, das die zeitlosen Lehren der Tora für die Welt aufbewahrt. Wir Juden leben außerhalb von Zeit und Raum, und bewegen uns gleichzeitig innerhalb dieser physischen Dimensionen.

Stämme befolgen Rituale, so auch die Juden. Die Männer unseres Stammes tragen spezielle Kleidung, wie z.B. Zizit und Kippot. Die Frauen legen großen Wert auf dezente Kleidung, und verheiratete Damen bedecken ihr Haar. Die Männer wickeln jeden Morgen schwarze Lederbehälter mit Pergamentrollen um Kopf und Arm, und bedecken sich mit einem weißen Wolltuch, an dem noch weitere Zizit befestigt sind. Wir halten unseren G-ttesdienst in antikem Hebräisch ab und lesen von antiken Schriftrollen. Wir haben Festtage, an denen wir besondere unseren Stamm prägende Ereignisse feiern und so unsere gemeinsame Identität markieren. Dazu kommt, dass wir nur ganz bestimmte, streng kontrollierte und als "stammesgerecht" bezeichnete Nahrungsmittel zu uns nehmen. Wir sind also nicht nur ein altmodischer Stamm, sondern unser Stamm steht überhaupt jenseits jedes Zeitbegriffes.

Doch nichts von diesen Ritualen sollte je als Universallehre dienen, mit Ausnahme einiger praktischer darin enthaltener Ratschläge, wie z.B. korrekte Kleidung, denn warum sollen die Menschen sich nicht auf eine Weise kleiden, die mehr Respekt gebietet? Oder das morgendliche Gebet: Warum sollen nicht alle Menschen jeden Morgen ihren Schöpfer für alles Gute danken und Ihm dabei ihre Wunschliste vorlegen? Oder das Einführen einer spirituellen Dimension in unsere tägliche Nahrung: Sollte nicht jeder Mensch anerkennen, dass der Schöpfer nicht nur uns, sondern auch die zu uns passende Nahrung erschaffen hat? Doch was die spezielleren Rituale betrifft, wie z.B. das Anlegen dieser schwarzen Behälter oder das Tragen der Wollfäden, versteht jeder, dass diejenigen, die nicht zum Stamm gehören, nichts damit anfangen können.

Passt das alles noch in die heutige Zeit? Wir leben in einer Welt, die sich durch Hypermobilität auszeichnet. Nicht nur wegen eines eigenen Autos und immer kürzerer Flugzeiten, sondern, weil wir unsere eigene Identität für genauso mobil halten. Morgens bin ich kapitalistischer Unternehmer, nachmittags bin ich Aktivist für die Inuit, nachts gehöre ich einer Gruppe von Kalifornischen Bohemiens an. Wir können frei vermischen und verknüpfen: Wir können Chinesisches, Italienisches und Mexikanisches auf einem Teller kombinieren. Wenn dem so ist, was bildet sich dann dieser Freeman ein, Ihnen vorzuschreiben, welchem Stamm Sie angehören?

Um ehrlich zu sein, weil dieser Freeman diesen Identitätsbegriff als einen Riesenschwindel, einen Massenwahn und eine gesellschaftliche Erkrankung betrachtet. Der Mensch kann seine Kleider, seine Essgewohnheiten, seine Freunde, sein Benehmen, seine Weltanschauung wechseln. Doch wer er ist, entscheidet G-tt und das Beste, was der Mensch tun kann, ist die Entdeckung dieses Mysteriums.

Zwei meiner Freunde schlossen sich in den sechziger Jahren den Friedenstruppen in Südostasien an. Zusammen besuchten sie im Dschungel einen Guru und verkündeten:

"Wir wollen Hindus sein."

"Und was seit ihr jetzt?"

"Nichts."

"Wo kommt ihr her? Was sind eure Eltern?"

"Sie sind Juden."

"Warum kommt ihr dann zu mir? Geht zurück und seit Juden."

So bin jetzt ich an der Reihe, mich bei diesem Südostasiatischen Guru zu revanchieren und den Italienern, den Kaliforniern, den Inuit und der ganzen Menschheit diese kleine Botschaft weiterzugeben:

G-tt verlangt von uns, dass wir den Blick nach innen richten, das Erbe unserer Vorfahren betrachten, die dort enthaltenen Wahrheiten entdecken, um gemäß dieser Wahrheiten zu leben. Alle menschlichen Gesellschaften wurden ursprünglich auf der Basis der Gesetze gegründet, die zuerst Adam und später Noach gegeben wurden, - zusammen mit jenen sieben Gesetzen, die alle Nachkommen Noachs auf sich genommen haben. Diese Wahrheiten finden wir beim Betrachten unseres Erbes im Licht der Tora. Der jüdische Stamm ist der Träger dieses Lichts! Doch brauchen Sie nicht jüdisch zu werden, um von ihm zu profitieren. Licht ist für alle da, die Augen haben.

Genießen Sie unsere Webseite und verbreiten Sie dieses Licht.