Rabbi Schlomo-Elieser Alfandari wurde 1820 in Istanbul geboren. Seine Größe offenbarte sich schon in seiner Jugend, und als junger Mann wurde er in den geistlichen Rat von Istanbul berufen. Viele Juden der Stadt baten ihn, Chacham Bashi (Oberrabbiner) und Mitglied des rabbinischen Gerichts zu werden. Aber Rabbi Schlomo lehnte ab, denn er wollte sich ganz dem Studium der Tora widmen. Er wollte auch nicht das übliche Gewand der Tora-Gelehrten tragen, das aus einem Turban und einem Seidenmantel bestand. Wenn die Leute ihn dennoch Oberrabbiner nannten, erwiderte er: „Ich bin kein Rabbiner, sondern ein einfacher Laie.“

Die Juden der Stadt gründeten eine Jeschiwa für ihn, und viele hervorragende Gelehrte studierten dort. Einer der vorzüglichsten Schüler von Rabbi Schlomo war Raw Chaim Chiskijahu Medini, der Autor der Enzyklopädie Sdei Chemed, der später Oberrabbiner von Hebron wurde.

Rabbi Schlomo wurde schließlich Oberrabbiner von Damaskus. Im Jahr 1904 trat er zurück und zog nach Israel, wo er sich in Haifa niederließ und einige Jahre lang ungestört studierte. Als die Weisen von Safed erfuhren, dass Rabbi Schlomo sich im Heiligen Land befand, luden sie ihn ein, rabbinischer Richter zu werden.

Rabbi Schlomo willigte ein, obwohl er fast 90 Jahre alt war. Dennoch diente er beinahe zwanzig Jahre lang als Richter. Man nannte ihn liebevoll Sabba Kadischa, „heiliger Großvater“.

Im April 1914 ging Rabbi Schlomo, begleitet von vielen Einwohnern Safeds, hinaus, um den Neumond zu segnen. Nach dem Gebet schaute er nach oben, klatschte in die Hände und stieß einen durchdringenden Schrei aus. Dann sagte er: „Ich sehe, dass bald ein großer Krieg ausbrechen wird.“

Vier Monate später begann der Erste Weltkrieg.

Während des Krieges litten die Einwohner von Safed an Wasser- und Nahrungsmangel. Einmal besuchte der türkische Pascha die Stadt. Er ritt auf einem weißen Hengst und wurde von Soldaten begleitet. Eine prunkvolle Uniform und ein glitzerndes Abzeichen bekräftigten seinen hohen Rang.

Als Rabbi Schlomo von der Ankunft des Paschas hörte, ging er hinaus, und ihn zu begrüßen. Der Pascha war ergriffen vom majestätischen Aussehen des „heiligen Großvaters“ und bat ihn um seinen Segen.

Rabbi Schlomo erwiderte: „Nur die Demütigen dürfen einen Segen empfangen. Ich werde Euch segnen, wenn Ihr vom Pferd steigt.“

Der Pascha stieg ab und senkte den Kopf. „Möge der allmächtige G-tt Euch helfen, die Not der unterdrückten Juden zu sehen“, sagte Rabbi Schlomo.

Der Pascha war von ihm sehr beeindruckt und sorgte dafür, dass die Einwohner von Safed genügend Wasser und Nahrung bekamen.

Im Jahr 1930 starb Rabbi Schlomo im Alter von 110 Jahren in Jerusalem.