Und wer weiß? Vielleicht war es nur zu diesem Zweck dass du Königin geworden bist?1
Warum ist das Ziel unbekannt und warum der Zweck allen Geschehens vom Drehbuch ausgelassen?
Doch so ist es in jedem Akt der Schönheit:
Wenn der Künstler sein Werk in die Hände nimmt, dreht er der Perfektion vorläufig den Rücken zu, gleich einem Krieger der Angst. Jetzt zählt nur noch sein Handwerk, das er auf die bestmögliche Art verwirklicht, indem er sich schnellstens an die Arbeit setzt, fühlt, was noch fehlt und als Nächstes kommt, so dass sich seine Augen, Ohren und alle Sinne auf den Rhythmus seines Schaffens einstimmen. Perfektion ist sein Gegner, das künstlerische Erzeugen sein Partner.
Will eine Seele einer anderen etwas geben, so muss sie ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen, denn jetzt zählt nur noch, was der Künstler schaffen muss, unabhängig davon, ob er die Früchte seines Gebens in dieser Welt sehen wird oder nicht. Vielleicht entsprechen die Resultate seinen Wünschen, vielleicht aber kommt etwas völlig anderes heraus. Ein guter Künstler muss bedingungslos ohne jegliche Erwartung, sondern nur um des Gebens willen, schaffen. Erst nach Vollendung kann der Künstler über sein Werk sagen: "Glanzleistung; besser als gedacht!"
Auch der Geber des von ihm gepflanzten, ernährten und großgezogenen Kerns kann mit dem Resultat zufrieden sein, wenn er es aufblühen sieht.
Erst als der Schöpfer ein Universum aus dem Nichts heraus erschaffen, aufrechterhalten und gepflegt hatte, konnte Er auf Sein Werk schauen und sagen "und siehe da, es war sehr gut", denn die Welt widerspiegelte ihren Schöpfer.
Als G-tt die Welt erschuf, fing Er mit der Kernidee an, - einem Traum von jener Freude, die diese Welt Ihm bereiten würde. Doch dieser Traum geht nie von selbst in Erfüllung. Im Akt der Schöpfung ist alles für die Welt Bestimmte – das Werk der Schöpfung als eine von Oben her erleuchtete Welt - enthalten, ohne dass von ihrer Bestimmung die Rede ist.
Denn ihre Bestimmung ist, dass die Wahrheit aus der Erde sprießen soll. Ihr Ziel soll sich nicht aus einem Buch entfalten, sondern vom Spieler, für den das Ganze auf die Bühne gestellt wurde, selbst entdeckt werden: Von Jenem, der im Dunkeln tappend darum kämpfte, sich von der ihn einst formenden Erde zu erheben. Dazu erfasste er jene Erdklumpen und setzte sie gemäß den Anweisungen des Ewigen innerhalb der Grenzen dieser Welt - das Unendliche entdeckend – ein, worin sich das eigentliche Wesen der Erde darstellte.
Dafür aber darf das Geschick des Menschen nicht sofort offensichtlich, sondern muss unter der Erde verborgen sein, um dort von denjenigen, die auf der Erde leben, entdeckt zu werden.
So freute sich der Ewige bereits vor der Erschaffung der Welt über Abraham, wenn Er ihn inmitten einer heidnischen Gesellschaft entdecken, über Moses, wenn er die Kinder Israels aus Ägypten herausführen, über die Kinder Israels, wenn sie die Tora am Sinai-Berge erhalten würden. Er fand großes Vergnügen an all den Seelen, die Seine Wege gehen, Seine Gebote halten, sich vom Schlechten distanzieren. All das war in Seiner Tora enthalten, denn Er war der Autor.
Doch das größte Entzücken bereitete Ihm das nirgendwo Niedergeschriebene: Dass in der Dunkelheit des Exils ein Volk, dass Grund genug Ihn zu verlassen hatte - nachdem scheinbar auch Er sein Volk vergessen zu haben schien - sich Ihm zuwandte und verkündete: „Was auch immer geschehen mag – wir gehören Ihm und Er gehört uns.“
Der Ewige fand Vergnügen daran, dass
- Seine mächtige alles übersteigende Hand unbemerkt durch die Intrigen des Palastes gleiten würde: Unbegrenzt innerhalb der Grenzen der materiellen Welt handelnd und ausschließlich durch natürliche Umstände zum Ausdruck kommend, – doch erkannt und dargelegt von denen, die Ihn kennen.
- die Juden spontan einen Feiertag zu Seinen Ehren festlegen würden, trotz Seiner noch so versteckten Führung: Ein durch die Begeisterung ihrer Herzen und nicht durch Seine Anordnung bestimmtes Fest.
- Sein Licht vom inneren Wesen des Menschen her scheinen und die Wahrheit aus der Erde sprossen soll.
Der Ewige hat das Purim-Fest weder in Seiner den Kindern Israels gegebenen Tora, noch in der ursprünglichen Tora-Rolle von schwarzem Feuer auf weißem Feuer, die bereits zweitausend Jahre vor der Erschaffung der Welt existierte, vermerkt.
Doch in der verborgenen Tora Seines Wesens, die mit Ihm Eins ist, befindet sich auch das Entzücken über das Purim-Fest, - ungesehen, unerwähnt und darauf wartend, dass wir es zum Leben erwecken, und zwar nicht von oben nach unten kommend, sondern sich von unserem innersten Wesen nach außen entfaltend.
Daher "werden alle Bücher der Propheten und die Schriften in der künftigen Zeit verschwinden, alle außer den Fünf Büchern Moses und der Rolle von Esther." Denn das Wesen kann nicht verschwinden, das Wesen besteht.
G-tt hielt einen Berg über ihren Köpfen und sprach: "Wenn ihr Meine Tora akzeptiert, gut. Wenn nicht, dann soll das hier euer Grab werden." Von da an, sagt Rava, hätten wir eigentlich eine gute Entschuldigung, die [Gesetze der] Tora nicht einzuhalten. Wenn wir nicht zurückgekommen wären und sie zu Purim [bereitwillig] akzeptiert hätten...“2
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