Frage?
Ich habe mich über die Formulierung gewundert, die wir vor den Trauernden aufsagen: "Möge der Allmächtige euch trösten, zusammen mit den übrigen Trauernden Zions und Jerusalems". Was genau soll hier tröstend sein? Wie soll der Vergleich zwischen denen, die den Verlust einer ihnen nahestehenden Person erlitten haben mit der Zerstörung Jerusalems durch die Römer vor etwa 2000 Jahren in irgendeiner Art und Weise erleichtern?
Antwort!
Es gibt mehrere Parallelen zwischen dem Fall Jerusalems und der Seele des Verstorbenen. Beim Betrachten dieser Gemeinsamkeiten kann der Trauernde eine Botschaft der Hoffnung finden.
1) Wir sind nicht alleine. Obwohl die Zerstörung des Tempels in erster Linie scheinbar nur diejenigen betraf, die sich in unmittelbarer Nähe befanden, bedeutete der Verlust des Tempels eine Nationale Tragödie. Alle Juden waren - unabhängig von der Entfernung ihres Wohnorts zu Jerusalem - untröstlich über den Niedergang der Heiligen Stadt. Trotzdem spendete die Gewissheit, dass das ganze Jüdische Volk an ihrem Schmerz Anteil nahm, den Juden aus Jerusalem etwas Trost und Hoffnung, und ermutigte sie, weiterzuleben. So steht es auch mit der Familie des Verstorbenen: Eigentlich sitzt nur die Familie Schiwa, doch das Jüdische Volk bedauert mit ihnen den Verlust eines Mitjuden. Und so ist es tröstlich, zu wissen, dass unser Volk unseren Kummer mit uns teilt.
2) Es wird nicht für immer sein. Nach zwei Jahrtausenden trauern wir immer noch über den Verlust Jerusalems, doch hat das Jüdische Volk nie die Hoffnung verloren, dass die Heilige Stadt eines Tages wiederaufgebaut wird. Auf ähnliche Weise trauern wir über den Verlust unserer Lieben, doch glauben wir fest daran, dass wir eines Tages wieder mit ihnen vereint sein werden. Denn unsere Propheten haben uns versprochen, dass die Verstorbenen im Messianischen Zeitalter wieder auferstehen. Es ist tröstend zu wissen, dass auch die qualvollste Trennung nur vorübergehend ist.
3) Sie sind noch immer bei uns. Während die Römer es fertig brachten, die Steingebäude Jerusalems zu zerstören, waren Geist und innere Heiligkeit unerreichbar für die Eroberer. Kein Feind kann die Seele Jerusalems je zerstören und bis heute bleibt sie die Heilige Stadt. So kann auch der Tod nur den physischen Körper wegnehmen, doch die Seele lebt weiter. Selbst nachdem sie physisch von uns gegangen sind, bleiben unsere Lieben stets in Gedanken bei uns. Sie stärken uns, wenn wir auf Schwierigkeiten stoßen, sie beten für uns, dass wir das Beste daraus zu machen vermögen, sie freuen sich über unsere Erfolge. Auch wenn wir sie nicht sehen können, ist es uns doch möglich, ihre Gegenwart zu fühlen. Es tröstet zu wissen, dass wir nicht wirklich voneinander getrennt sind.
Doch nichts von all dem verneint den Schmerz und den Gram, den das Ableben einer Person bei den Hinterbliebenen hinterlässt. Doch es kann den Schmerz etwas lindern, zu wissen, dass genauso wie Jerusalem auch die Seele ewige Macht hat, die sogar der Tod nicht überwältigen kann. Ihre Großmutter war der Pfeiler und das Rückgrat der Familie. Sie wird immer da sein, wenn wir sie brauchen.
Diskutieren Sie mit