Das Attribut dieser Güte ohne Grenze und Maß wird mit dem Namen des H.g.s.E. bezeichnet – „die Güten G‑ttes“, wie geschrieben steht: „Und die Güte G‑ttes ist immerwährend etc.“1 Denn obschon „alle Juden barmherzig und Wohltäter sind“2, sind dem Erbarmen des Menschen dennoch Grenze und Maß gesetzt. Der H.g.s.E. hingegen wird „gesegneter Ejn Sof“ [„Unendlicher“] genannt, und Seine Attribute kennen kein Ende, wie geschrieben steht: „Denn Sein Erbarmen ist nicht zu Ende etc. pp.“3
Und dies ist die Bedeutung der Worte des Propheten nach der [Tempel-]Zerstörung und der Verbannung: „Die Gnaden des Ew‑gen hören nie auf [Ki Lo Tamnu] … …“ Das heißt, Ki Lo Tamnu – [was auch gelesen werden kann als] „da wir nicht vollkommen sind“, denn wir sind nicht vollkommen und ganz, ohne jegliche Sünde oder jeglichen Makel in der Seele und den oberen Welten, deshalb müssen wir uns den „Gnaden G‑ttes“ gemäß führen, die ohne Begrenzung und Endlichkeit sind, um Erbarmen und Güte der Oberen Art, d.h. Rav Chessed, und unbegrenztes und unendliches Erbarmen an uns ergehen zu lassen, wie geschrieben steht: „Denn Sein Erbarmen ist nie zu Ende … …“
Und dies ist, was unsere Meister sel. A. sagten: „Israel wird ausschließlich durch Mildtätigkeit erlöst werden“4 – die sie sogar üben, wenn sie aus toragesetzlicher Sicht davon befreit sind, denn: „Der Sohn Davids [d.h. der Maschiach] kommt nicht eher etc.“5
ב"ה
Heutiger Tanja-Abschnitt
Iggeret HaKodesch, Ende von Brief 10
Fußnoten
1.
Ps. 103:17.
2.
Jevamot 79a; Jerusalemer Talmud, Kidduschin 4:1. Und siehe R. Menachem M. Schneerson, Likkutej Sichot, Bd. XXX, New York 1992, S. 61‑67 für eine Erklärung der Unterschiede in den Aussagen von Babylonischem und Jerusalemer Talmud.
3.
Klgl. 3:22.
4.
Maimonides, Mischne Tora, Hilchot Matnot Aniim 10:1; nach Schabbat 139a.
5.
„… bis jede Peruta (Münze) aus dem Geldbeutel geschwunden ist.“ Sanhedrin 97a. Das heißt der Maschiach („Sohn Davids“) kommt erst, wenn solch enorme Summen für mildtätige Zwecke gespendet werden, dass keine Münze mehr im Geldbeutel verbleibt, obwohl aus toragesetzlicher Sicht keine Verpflichtung dazu besteht.