Nach der Schaffung des Menschen „um zu arbeiten etc.“ hängt jedoch jedes Erwecken von droben, das Attribut der Oberen Güte zu erwecken, vom Erwecken hienieden ab, durch [Taten der] Mildtätigkeit und Güte, die Juden in dieser Welt vollbringen. Daher sagten unsere Meister sel. A.: „Wer sagt, er habe nichts außer Tora“ – folglich keine Wohltaten – „hat nicht einmal Tora“1; man beschäftige sich vielmehr mit der Tora und der Ausführung von Wohltaten. Zwar „entstammt die Tora der Chochma2, und die Welt besteht „kraft der Tora“3, und „kraft derjenigen, die sich mit ihr auseinandersetzen“4. Denn durch ihr Sprechen [über Torathemen] bringen sie Glanz und Fluss von Oberer Chochma5, dem Ursprung der Tora, auf den Aspekt der Sprachlaute herab, mit denen die Welt erschaffen wurde, wie unsere Meister sel. A. sagten: „Lies nicht Banaijch [„deine Söhne“] sondern Bonaijch [„deine Erbauer“].“6 Nichtsdestotrotz stellt dieser Fluss einen großen Abstieg dar. Daher ist es erforderlich, Obere Chessed zu erwecken, die wie Wasser von einem hochgelegenen Ort an einen niedriggelegenen Ort ergeht. Dies geschieht mittels einer Erweckung von hienieden durch Taten der Milde und Güte hier unten, wodurch man Leben und Güte hervorbringt, „um den Geist der Gebeugten und Niedergeschlagenen zu beleben“7.

Dies ist die Bedeutung des Verses: „Nicht rühme sich der Weise seiner Chochma etc., sondern des rühme sich etc., dass Ich der Ew‑ge Chessed […] übe etc.“8 Denn Chessed ist es, die die Lebenskraft der Chochma herabbringt. In Ermangelung [dieser Güte] wird sie alleine „Seine Chochma“ genannt – ohne einen Fluss der Lebenskraft von ihr, G‑tt behüte.

Demgemäß verstehen wir die Aussage unseres Meisters R. Jizchak Lurja sel. A., es gebe zwei Arten der Seelen unter Israel: die Seelen der Toraweisen, die sich alle ihre Tage mit dem Torastudium beschäftigen, und die Seelen derer, die Gebote erfüllen, sich mit Mildtätigkeit und Wohltätigkeit beschäftigen. Nun müssen sich doch auch Toragelehrte mit Wohltaten abgeben, wie unsere Meister sel. A. sagten: „[…] hat er nicht einmal Tora“. Bei Toragelehrten jedoch, deren Torastudium ihre hauptsächliche [Beschäftigung] ist, die den Großteil ihrer Tage damit verbringen und einen kleinen Teil ihrer Tage mit Wohltaten verbringen, reicht die Wirkung ihrer Erweckung hienieden, um Obere Chessed zu erwecken, um das in die Obere Chochma gekleidete Licht des gesegneten Ejn Sof – der Ursprung der Tora G‑ttes in ihren Mündern – hervorund herabzubringen, nur bis zur Welt der Seelen in Berija durch die Beschäftigung mit Talmud, und reicht bis zu den Engeln in Jezira durch das Lernen der Mischna. Denn die Lebenskraft der Seelen und Engel stammt von den Kombinationen der Sprachlaute, d.h. der Mündlichen Tora. Der Ursprung der Buchstaben ist jedoch in der Oberen Chochma zu finden, wie oben erwähnt wurde. Um indes den Schein und die Lebenskraft vom Aspekt des Oberen Atems – dem „niederen He“ – auf diese niedrige Welt hervor- und herabzubringen, was eine immens starke Beschränkung bedeutet, reicht nicht die Erweckung hienieden durch Toragelehrte, die sich nur während eines kleinen Teils ihrer Tage mit Mildtätigkeit und Wohltätigkeit beschäftigen. Ausschließlich durch das Erwecken derer [wird dies bewirkt], die die Gebote erfüllen, die sich während des Großteils ihrer Tage mit Mildtätigkeit und Wohltätigkeit beschäftigen (wie in Likkutej Amarim, Teil I, Kap. 34, erklärt wurde). Aus diesem Grund werden sie „Unterstützer der Tora“ genannt9. Sie repräsentieren die Aspekte und Stufen von Nezach und Hod, denn sie lassen das Licht der Tora auf die Welt Assija herabkommen.

Damit wird klar, warum Mildtätigkeit als „Tat“ bezeichnet wird, wie geschrieben steht: „Und die Tat der Mildtätigkeit wird Frieden sein.“10 Denn ihre Wirkung ist das Herabbringen des Lichtes G‑ttes auf die Welt Assija. Und dies bringt der heilige Sohar präzise zum Ausdruck: „Der den heiligen Namen macht11 – [der Sohar] betont „der macht“. Denn durch ein Erwecken hienieden, durch Mildtätigkeit und irdische Chessed, wird die Obere Chessed erweckt, um unendliches Licht von der Oberen Chochma, dem Jud des [g‑ttlichen] Namens, zum He des Namens, dem Aspekt von „Sprechen“ und „Atem“ des Mundes des Gesegneten ergehen zu lassen, um auf die Welt Assija strömen zu lassen. Eine, durch unendliche Scheidungen abgeschiedene Analogie lautet: der Mensch spricht nur zu anderen (und nicht, wenn er alleine ist), und dann beschränkt er seinen Intellekt und seinen Gedanken. Die Verständigen werden verstehen.