„Wer Zedaka sät, erwirbt den Lohn der Wahrheit“ (Sprüche 111). Das bedeutet, der Lohn für das Säen von Zedaka ist das Attribut der Wahrheit. Es steht auch geschrieben: „Du wirst Wahrheit geben dem Jaakov“2 – und [hier] spricht der Prophet die Lobpreisung des H.g.s.E. aus etc., wie im heiligen Sohar geschrieben steht3. Das heißt, es ist der H.g.s.E., der Jaakov das Attribut der Wahrheit gibt. Dies aber gilt es zu verstehen: Hatte Jaakov keine Wahrheit, G‑tt behüte, bis sie ihm der H.g.s.E. von droben gab?
Indes ist bekannt, dass das Attribut Jaakovs das Attribut des Erbarmens ist. Und der Dienst G‑ttes durch Erbarmen stammt von der Erweckung von heftigem Erbarmen im Herzen des Menschen über den g‑ttlichen Funken in seiner Seele, die vom Licht des Angesichts G‑ttes weit entfernt ist, wenn [der Mensch] in der Dunkelheit der Eitelkeiten der Welt wandelt. Diese Erweckung von Erbarmen geht auf die Einsicht und das Wissen über G‑ttes Größe zurück: wie sogar die oberen Welten, bis in die höchsten unendlichen Höhen wahrlich als Nichts vor Ihm betrachtet werden. Denn all ihre Fülle und ihre Lebenskraft stammen von einem bloßen Glanz und Abschein eines einzigen Buchstabens Seines gesegneten Namens, wie gesagt wurde: „Mit dem Jud wurde die künftige Welt geschaffen etc.“4
Nun herrschen in diesem Glanz und diesem Abschein, der eine Ausdehnung der Lebenskraft von Seinem gesegneten Namen ist, um die oberen und unteren Welten zu beleben, eine Unterscheidung und ein Unterschied bezüglich oberer und unterer [Wesen], denn „diese Welt wurde mit dem He geschaffen etc. pp.“ Auch all die Unterschiede in den Details innerhalb jeder Welt entsprechen den Unterschieden in den Buchstabenkombinationen. Die Unterschiede in der zeitlichen Dimension von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, wie auch die Unterschiede aller Ereignisse während der wechselnden Zeiten – sie alle sind ebenfalls auf die Unterschiede in den Buchstabenkombinationen zurückzuführen. Denn die [Buchstaben] sind der Fluss der Lebenskraft, die von Seinen Attributen, möge Sein Name gesegnet sein, ausgeht (wie in Likkutej Amarim, Teil II, Kap. 11, erklärt wurde).
Über das Wesen und die Essenz des Gesegneten steht hingegen geschrieben: „Ich, der Ew‑ge, habe mich nicht geändert“5 – weder in Bezug auf Änderungen in der Entwicklung von den höchsten Ebenen zu den niedrigsten, denn so wie Er, gesegnet sei Er, in den oberen Welten zu finden ist, ebenso ist Er in genau demselben Maß in den unteren Welten (wie in Likkutej Amarim, Teil II, Kap. 51, erklärt wurde), noch in Hinsicht auf zeitliche Änderungen, denn genau so wie Er alleine existent, einig‑einzig, vor den Sechs Tagen der Schöpfung war, ebenso ist Er nun nach der Schöpfung. Dies ist so, weil in Bezug zu Seinem Wesen und Seiner Essenz alles wie wahrlich null und nichtig ist, so wie ein einziger Buchstabe vom Sprechen des Menschen, oder sogar von seinen Gedanken, in Bezug zum gesamten Wesen der intellektuellen Seele und ihrer Essenz; dies ist eine Metapher, um dem Ohr begreiflich zu machen [was zu hören es imstande ist]. In Wahrheit aber herrscht, wie geschrieben steht: „Kein Vergleich zu Dir“6. Dies wird andernorts erklärt (Likkutej Amarim, Teil II, Kap. 9), siehe dort.
Aus diesem Grund sagen wir: „Der König, Er allein von jeher hocherhaben.“7 Dies bedeutet, dass so wie Er einst, vor der Schöpfung, alleine existent war, so ist Er auch jetzt „hocherhaben etc.“ und „erhoben seit den Tagen der Vorzeit“. Das heißt, Er ist weit und hoch über die Dimension der Zeit erhaben, die als „Tage der Welt“ bezeichnet wird. Der Grund dafür ist, dass die Lebenskraft aller „Tage der Welt“ bloß vom Aspekt des „Königs“ stammt etc., wie andernorts erklärt wird8.
Daraus folgt, dass das Erbarmen für den Funken, der im dunklen und düsteren Körper9 – der „Schlangenhaut“10 – weilt, überaus groß ist. Muss doch damit gerechnet werden, dass [sich der Körper] Unreinheit zuzieht und durch all die Gelüste besudelt wird, G‑tt schütze uns, würde der H.g.s.E. dem Menschen nicht ein Schild sein und ihm Macht und Stärke erteilen, um mit dem Körper und seinen Begierden Kampf zu führen und sie zu besiegen. Und dies ist die Bedeutung von „Herr unserer Kraft etc., Schild unserer Hilfe etc.“11.
ב"ה
Heutiger Tanja-Abschnitt
Iggeret HaKodesch, Beginn von Brief 6
Fußnoten
1.
Spr. 11:18.
2.
Micha 7:2.
3.
Sohar III, 131b.
4.
Menachot 29b; und siehe oben, Brief 5.
5.
Mal. 3:6.
6.
Ps. 40:6.
7.
Aus der Liturgie.
8.
Vgl. oben, Schaar HaJichud WeHaEmuna, Kap. 7.
9.
Siehe Maimonides, Mischne Tora, Hilchot Jesodej HaTora, Ende Kap. 1; Hilchot Teschuva 8:2.
10.
Einleitung zu Tikkunej Sohar, 10b, u.a.; siehe oben, Likkutej Amarim, Kap. 38.
11.
Aus der Liturgie.