Und die zweite ist die Anstrengung der Seele, dass ihr der Dienst keine Last sei – ihre Gedanken anzustrengen, sich in die Größe G‑ttes zu vertiefen und darüber eine lange, ununterbrochene Zeitspanne hindurch nachzusinnen. Denn das Maß dieser Zeitspanne ist nicht für jede Seele gleich: Es gibt eine von Natur aus feinere Seele, die sofort beim Nachsinnen über die Größe G‑ttes von Ehrfurcht und Angst vor G‑tt befallen wird, wie im Schulchan Aruch, Teil Orach Chajim, Paragraph 1, steht: „Wenn der Mensch darüber nachsinnt, dass der große König, der König aller Könige, der Heilige, gesegnet sei Er, dessen Ehre die ganze Erde füllt, über ihm steht und seine Taten sieht, wird ihn augenblicklich Ehrfurcht ergreifen etc. pp.“1 Und es gibt eine von Natur aus und von Geburt an niedrige Seele, von den unteren Stufen der Zehn Sefirot von Assija stammend. Ihr ist es unmöglich, die G‑ttlichkeit mittels Nachsinnens zu entdecken, es sei denn mit Schwierigkeiten und Ausdauer, insbesondere, wenn sie durch die Jugendsünde2 verunreinigt ist, denn die Sünden scheiden etc.3 (wie im Sefer Chassidim, Paragraph 35 , steht). Dessen ungeachtet wird ihn mit Schwierigkeit und Ausdauer, wenn er seinen Gedanken anstrengt mit Mühe und mächtiger Anstrengung, mit großer Vertiefung, sich in die Größe G‑ttes für eine ausgedehnte Zeitspanne zu vertiefen, gewiss zumindest die „niedere Furcht“ ergreifen, die oben erwähnt wurde4, und wie unsere Meister sel. A. feststellten: „[Sagt jemand]: ‚Ich habe mich angestrengt und gefunden‘ – glaube [ihm].“5 Ebenfalls steht geschrieben: „Wenn du sie suchst wie Silber, und wie nach Schätzen ihr nachspürst: dann wirst du verstehen die Furcht des Ew‑gen.“6 Das bedeutet, dass so wie ein Mensch einen Schatz sucht oder Reichtum, der in den Tiefen der Erde verborgen ist, indem er danach mit gewaltiger Anstrengung gräbt, ebenso muss man mit gewaltiger Anstrengung graben, um den Schatz der Himmelsfurcht ans Licht zu bringen, der verborgen und versteckt liegt im Verständnis des Herzens jedes jüdischen Menschen, das ein über Zeit erhabener Grad und Rang ist, und dies ist die oben erwähnte7 natürliche, verborgene Furcht. Damit sie jedoch als „Furcht vor der Sünde“ zur Anwendung gelangt, um in Tat, Sprache und Gedanke vom Bösen abzukehren, muss man sie aus den Verstecken des Verstehens des Herzens, das über Zeit erhaben ist, ans Licht bringen, sie als tatsächliche Gedanken ins Gehirn herabbringen, seine Gedanken darin für einige Zeit tatsächlich vertiefen, bis ihre Wirkung vom Potential zur praktischen Anwendung gelangt. Das heißt, in Gedanke, Sprache und Tat vom Bösen abzukehren und Gutes zu tun, wegen G‑tt, der blickt und sieht, lauscht und vernimmt, und alle seine Taten versteht, und „seine Nieren und sein Herz prüft“8. Wie unsere Meister sel. A. sagten: „Betrachte drei Dinge etc. [und du wirst niemals sündigen: Wisse, was über dir ist] – ein sehendes Auge und ein hörendes Ohr etc.“9
ב"ה
Heutiger Tanja-Abschnitt
Likkutej Amarim, In der Mitte von Kapitel 42
Fußnoten
1.
Und wie der Schulchan Aruch, ebd., schließt, „… wird ihn augeblicklich Ehrfurcht ergreifen und Demut vor G‑tt.“ Das gilt für einen Menschen, dessen Seele von Natur aus geläutert ist, ihn wird „a u g e n b l i c k l i c h Ehrfurcht ergreifen“, ohne dass viel Anstrengung oder Zeitaufwand seinerseits erforderlich wären.
2.
Euphemismus für Vergeudung von Samen; siehe auch oben, Kap. 29.
3.
„… zwischen dem Menschen und G‑tt.“.
4.
Kap. 41.
5.
Megilla 6b.
6.
Spr. 2:4-5.
7.
Kap. 41.
8.
Nach Jer. 11:20.
9.
Mischna Avot 2:1.