Auch dies nehme man sich zu Herzen – den Ausspruch unserer Meister sel. A. zu erfüllen: „Sei jedem Menschen gegenüber demütigen Geistes.“1 Man sei es – in völliger Aufrichtigkeit gegenüber wirklich jedem Menschen, sogar gegenüber dem Leichtfertigen unter den Leichtfertigen. Das heißt, gemäß dem Ausspruch unserer Meister sel. A.: „Verurteile deinen Nächsten nicht, bevor du an seinen Platz gekommen bist.“2 Sein [physischer] Platz nämlich veranlasst ihn zum Sündigen: Sein Lebensunterhalt besteht darin, den ganzen Tag über im Markt umherzugehen und zu denen zu zählen, „die an den [Straßen]ecken sitzen“3. [Dort] erblicken seine Augen allerlei Verlockungen; und das Auge sieht, und das Herz begehrt. Darüber hinaus brennt sein [böser] Trieb „wie ein Ofen, geheizt vom Bäcker“4, wie bei Hosea steht: „Er brennt wie Feuerflamme … …“5
Anders hingegen bei jemandem, der wenig auf den Marktplatz geht und den Großteil des Tages zu Hause verbringt; und auch wenn er den ganzen Tag am Markt herumgeht, kann es sein, dass er von nicht gar so hitziger Natur ist – denn nicht bei jedermann ist der Trieb der gleiche; es gibt jemanden, dessen Trieb6 etc., wie andernorts erklärt wird7.
ב"ה
Heutiger Tanja-Abschnitt
Likkutej Amarim, Beginn von Kapitel 30
Fußnoten
1.
Mischna Avot 4:10.
2.
Mischna Avot 2:4.
3.
Siehe Raschi zu Berachot 28b: Geschäftsinhaber oder Leute, die ihrem Erwerb an Straßenecken nachgehen; gemeines Volk, das sich dem Müßiggang widmet.
4.
Nach Hosea 7:4.
5.
Hosea 7:6.
6.
„… brennt, und es gibt jemanden, dessen Trieb nicht brennt.“
7.
Siehe oben, Kap. 15; und siehe R. Schneor Salman von Ljadi, Likkutej Tora, Wajikra 2d.