Sogar im Fall, dass dem Menschen Gedanken der Begierde oder andere fremde Gedanken während des Dienstes [an G‑tt] einfallen – beim Toralernen oder dem Gebet mit Kawana –, schenke er ihnen keine Aufmerksamkeit, sondern wende seine Aufmerksamkeit augenblicklich von ihnen ab. Auch sei er nicht so töricht, sich mit dem Emporheben der Attribute des fremden Gedankens zu beschäftigen, wie bekannt ist1. Sind diese Dinge doch ausschließlich für die Gerechten bestimmt2, denen nicht die fremden Gedanken der eigenen [bösen Attribute], sondern die der [bösen Attribute] anderer Menschen einfallen. Wem aber ein eigener fremder Gedanke vom Bösen in seiner linken Herzkammer einfällt, wie kann er ihn emporheben, wenn er selbst unten gebunden ist [durch seine Begierde für das Materielle]?
Nichtsdestotrotz sei er nicht bedrückten Herzens, er sei weder trübselig noch fühle er sich verachtenswert aufgrund dessen während des Dienstes [an G‑tt], der mit mächtiger Freude zu erfüllen ist3. Er stärke sich im Gegenteil noch weiter und setze die Anstrengung mit all seiner Stärke fort, mit Kawana beim Gebet mit zusätzlicher Wonne und Freude, indem er sich zu Herzen nimmt, dass der Einfall des fremden Gedankens von der Kelipa in der linken Herzkammer stammt, die beim Bejnoni Krieg gegen die g‑ttliche Seele in ihm führt. Die Verhaltensweise von Kämpfenden, wie auch von miteinander Ringenden ist bekannt: Wenn einer die Oberhand gewinnt, strengt sich auch der Zweite mit allen Anstrengungen seiner Kraft an, die Oberhand zu gewinnen. Wenn sich also die g‑ttliche Seele anstrengt und stärker wird, um zu beten, sammelt auch die Kelipa Kraft, um gegen sie vorzugehen, um sie durch einen eigenen fremden Gedanken zu stören und umzustoßen.
Heutiger Tanja-Abschnitt
Likkutej Amarim, Beginn von Kapitel 28
Fremde Gedanken kann der Mensch durch ein Emporheben ihres Ursprunges überkommen. Jeder dieser Gedanken stammt nämlich von einem Attribut der tiergleichen Seele. Das Attribut der Liebe in der tiergleichen Seele beispielsweise verursacht lüsterne Gedanken; das Attribut der Furcht lässt Hass entstehen usw. Wenn man von einem solchen Gedanken gestört wird, lautet folglich der Ratschlag (Keter Schem Tov, § 128): Man stelle fest, in welchem Attribut der Gedanke seinen Ursprung hat, und lenke dieses Attribut in eine andere Richtung. Wenn der fremde Gedanke etwa der Begierde für ein physisches Objekt gilt, sollte man darüber nachdenken, dass die Anziehungskraft des Objekts in Wahrheit eine Manifestation der g‑ttlichen Kraft ist, die es ästhetisch, wohlschmeckend oder sonstwie begehrenswert erscheinen lässt. Anstatt also die Begierde (d.h. das Attribut der Liebe) auf die physische Hülle des Objekts anzuwenden, sollte man sie auf die innewohnende G‑ttlichkeit lenken. Auf diese Weise erhebt man das entsprechende Attribut zu seinem g‑ttlichen Ursprung, zerstört das Böse in dem Gedanken und lässt nur das Gute zurück – die „Funken“ der Heiligkeit. Für den Bejnoni wäre jedoch ein solcher Versuch des „Emporhebens der Attribute“ zur Überwindung von fremden Gedanken „töricht“, wie R. Schneor Salman weiter ausführt.
Siehe Keter Schem Tov, § 171.
Siehe oben, Kap. 26.