Der Bejnoni ist eine Person, deren Böses niemals genügend Stärke erringt, um die „kleine Stadt“ einzunehmen, sich in den Körper zu kleiden und ihn zur Sünde zu verleiten. Das heißt, die drei Gewänder der tiergleichen Seele – Gedanke, Wort und Tat seitens der Kelipa – überwältigen die g‑ttliche Seele nicht in dem Maß, dass sie sich in den Körper kleiden – weder in das Gehirn noch in den Mund oder irgend ein anderes der 248 Glieder –, um sie zu Sünde und Unreinheit zu führen, G‑tt behüte.
Ausschließlich die drei Gewänder der g‑ttlichen Seele – Gedanke, Wort und Tat als Ausdruck der 613 Gebote der Tora –, sie alleine kleiden sich in den Körper. [Der Bejnoni] hat niemals eine Sünde begangen, noch wird er jemals eine Sünde begehen; niemals in seinem Leben trifft auf ihn die Bezeichnung „Böser“ auch nur einen Moment oder einen Augenblick lang zu.1
Heutiger Tanja-Abschnitt
Likkutej Amarim, Beginn von Kapitel 12
Bezüglich der Aussage, der Bejnoni sei jemand, der niemals gesündigt hat, wird häufig die Frage aufgeworfen: Ist es denn durch reuige Umkehr und Dienst an G‑tt nicht möglich, die Stufe des Bejnoni zu erreichen – trotz früherer Sünden?
Mit der Aussage, der Bejnoni habe nie gesündigt, meint R. Schneor Salman allerdings nicht, der Bejnoni habe in seinem Leben a l s M e n s c h nie gesündigt, sondern dass er in seinem Leben a l s B e j n o n i keinerlei Sünden begangen hat. Die gegenwärtige spirituelle Existenz des Bejnoni lässt für Sünde – in der Vergangenheit wie auch in der Zukunft – keinen Platz. Er würde nicht sündigen, selbst wenn er denselben Versuchungen ausgesetzt wäre, die ihn früher zur Sünde geführt haben. Folglich hat er aus der Perspektive seines g e g e n w ä r t i g e n Zustandes nie gesündigt.
Auf gleiche Weise ist auch die Aussage zu verstehen, dass der Bejnoni „nie sündigen wird“. Das soll nicht heißen, dass es ihm unmöglich ist, zu sündigen; er verliert schließlich nicht seine Entscheidungsfreiheit. Vielmehr ist sein g e g e n w ä r t i g e r
Z u s t a n d einer, der ein Sündigen in der Zukunft ausschließt, ungeachtet der Herausforderungen, die die Zukunft bringen mag.
Diese Bedingungen muss der Mensch erfüllen, damit die Beschreibung „Bejnoni“ auf ihn zutrifft. Wie R. Schneor Salman schreibt: „(N)iemals (in seinem Zustand des Bejnoni) trifft auf ihn die Bezeichnung ,Böser‘ (d.h. jemand, der in Gedanken, Wort oder Tat sündigt) auch nur einen Moment oder einen Augenblick lang zu.“
Wenn hingegen der Mensch nur unter den Bedingungen der Gegenwart der Sünde fern bleibt, er aber straucheln würde, wenn er den Versuchungen der Vergangenheit oder denen der Zukunft ausgesetzt wäre, ist er potentiell ein „Rascha“ („Böser“); unter geänderten Umständen kann und würde er sündigen.
Es gilt jedoch zu verstehen, warum eine spirituell erhabene Person wie der Bejnoni bloß als Bejnoni gilt, und nicht als Zaddik. Diese Frage wird nun weiter im Text behandelt.