Verbotene Speisen enthalten einen weiteren Aspekt, aufgrund dessen sie als Issur [„gebunden“] bezeichnet werden: Sogar wenn der Mensch unwissentlich eine verbotene Speise zu sich nimmt, dem Himmel zuliebe, um G‑tt mit der aus dieser Nahrungsaufnahme gewonnenen Energie zu dienen; sogar wenn er dies auch ausführt und seine Absicht verwirklicht – er lernt und betet mit der Energie aus dieser Nahrungsaufnahme –, steigt die darin enthaltene Lebenskraft nicht auf und kleidet sich nicht in die Worte der Tora und des Gebets, wie es der Fall bei zulässigen Speisen ist, weil sie in den Händen der Sitra Achra der drei unreinen Kelipot gefangen gehalten wird. Dies gilt sogar für [eine Speise, die aufgrund] eines rabbinischen Verbots untersagt ist, denn „die Worte der Toraweisen sind strenger als die Worte der Tora etc.“1
Deshalb sind auch der böse Trieb und die Kraft, die nach verbotenen Dingen gelüsten, „einer der nichtjüdischen Dämonen“2. Dies ist der böse Trieb der Völker, deren Seelen von den drei unreinen Kelipot stammen. Der böse Trieb und die Kraft dagegen, die nach erlaubten Dingen gelüsten – um die Begierde des Menschen zu stillen –, sind „einer der jüdischen Dämonen“3, da [die Lebenskraft eines erlaubten Objekts] zur Heiligkeit zurückkehren kann, wie oben erklärt wurde4. Bevor sie aber zur Heiligkeit zurückkehrt, ist sie Sitra Achra und Kelipa. Und auch nachher verbleibt ein Rest davon an den Körper des Menschen geheftet, denn von jedem Lebensmittel und Getränk werden augenblicklich Blut und Fleisch von seinem Fleisch geformt. Für den Körper ist daher die „Purgation des Grabes“5 erforderlich, um ihn von seiner Unreinheit, die er durch den Genuss an dieser Welt und ihren Vergnügen von der Unreinheit der Kelipat Noga und der „jüdischen Dämonen“ aufgenommen hat, zu reinigen und zu läutern. Nur wer sich wie unser Heiliger Meister6 sein Leben lang keinem Genuss dieser Welt hingab7 [bedarf dessen nicht].
Heutiger Tanja-Abschnitt
Likkutej Amarim, Beginn von Kapitel 8
Siehe Ejruvin 21b, Sanhedrin 88b. Nahrung etwa, die aufgrund der „Worte der Rabbiner“ verboten ist und ohne Wissen eingenommen wurde, verbleibt in den drei völlig unreinen Kelipot und kann nicht zur Heiligkeit emporgehoben werden. Ein anschauliches Beispiel für die Konsequenzen daraus liefert eine Geschichte, die R. Joseph I. Schneersohn festhält: Einst kam ein Chassid zu R. Schneor Salman von Ljadi und klagte ihm sein Leid – seinen Schwiegersohn, einen angesehenen Toragelehrten, plagten plötzliche Glaubenszweifel. R. Schneor Salman klärte ihn darüber auf, dass der Schwiegersohn unwissentlich Chalav Akum getrunken hätte. Obwohl er die Milch versehentlich konsumiert hatte und das Verbot dieser Milch „nur“ rabbinischen Ursprungs ist, schwächte das seinen Glauben erheblich. Anschließend vertraute R. Schneor Salman dem Chassid an, wie der Schwiegersohn die Folgen dieses Konsums behandeln könne. (R. Joseph I. Schneersohn, Sefer HaMaamarim Jiddisch, New York 1986 (5. Auflage), S. 57).
Am Ende von Kap. 1 belegt der Verfasser, dass die Seelen der Völker der Erde den drei völlig unreinen Kelipot entstammen, die ohne jedes Gute sind. Der Trieb nach verbotenen Dingen – die ebenfalls den drei völlig unreinen Kelipot entstammen (siehe Ende Kap. 6) – wird folglich als „nichtjüdischer Dämon“ bezeichnet. Siehe Sohar III, 253a.
Der Jude per se hat keinerlei Bezug zu gänzlich Bösem, denn selbst sein Körper und seine tiergleiche Seele entstammen Kelipat Noga, die Gutes in sich birgt. Der Trieb nach erlaubten Dingen – die der Kelipat Noga entstammen (siehe Kap. 7 zu Beginn) – wird folglich als „jüdischer Dämon“ bezeichnet. Siehe Sohar III, 253a.
Kap. 7.
Eine „Reinigungsmaßnahme“, um die Seele nach dem Tod von den Spuren zu reinigen, die körperlicher Genuss ohne Ausrichtung auf G‑tt hinterlässt. Siehe Sohar II, 151a; R. Chajim Vital, Sefer HaGilgulim am Ende. R. Joseph I. Schneersohn (1880-1950), der sechste Lubawitscher Rebbe, hält fest, dass das Rezitieren auswendig gelernter Worte der Tora wie Mischna, Tanja und Psalmen den Menschen vor dieser Strafe bewahrt (hinausgehend über den Wert des Rezitierens an sich als Torastudium und seine Wirksamkeit beim „Läutern der Luft“. Siehe HaJom Jom, New York 1990, Eintrag für 7. Tevet).
R. Jehuda der Fürst. Siehe Glossar für weitere Informationen.
Bei seinem Ableben streckte R. Jehuda haNassi, der mit außergewöhnlichem Wohlstand gesegnet war, seine zehn Finger zum Himmel empor und sprach: „Herr der Welt, offenbar und kund ist es vor Dir, dass ich nicht einmal mit meinem kleinen Finger irdischen Genuss hatte.“ Siehe Ketubot 104a.